Fall 22 von Freude für alle

Schwer krank und von Obdachlosigkeit bedroht: Junge Mutter aus Nürnberg kämpft um ihre Zukunft

Silke Roennefahrt

Lokalredaktion

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6.12.2023, 05:55 Uhr
Drei Mal pro Woche muss Lena S. zur Dialyse. Sie bräuchte dringend eine Spenderniere (Symbolfoto).

© Arno Burgi/dpa, NNZ Drei Mal pro Woche muss Lena S. zur Dialyse. Sie bräuchte dringend eine Spenderniere (Symbolfoto).

Mittlerweile ist die Prozedur schon Routine. Drei Mal pro Woche macht sich Lena S. (Namen der Familie geändert) auf den Weg zur Dialyse. Sie muss über vier Stunden in einem Nieren-Zentrum ausharren und dabei zusehen, wie ihr Blut aus dem Körper gezogen und von der Maschine gereinigt wird. Die 30-Jährige nimmt es zum Glück relativ locker - auch, weil sie sich auf das Treffen mit ihren Leidensgenossen ein Stück weit sogar freut. "Wir sind mittlerweile wie eine Familie."

Dennoch hinterlässt die Behandlung Spuren, nicht nur in ihrem stark vernarbten Arm. Je länger man auf die Dialyse angewiesen sei, desto größer sei die Belastung für den Körper, erklärt die Nürnbergerin, bei der vor über zwei Jahren eine chronische Niereninsuffizienz diagnostiziert wurde.

Dass ihr Organ nicht ganz gesund ist, wusste sie schon lange. Dennoch ging es ihr viele Jahre lang relativ gut. Erst als werdende Mutter bekam sie massive Probleme. In der 25. Schwangerschaftswoche entwickelte sie eine massive Schwangerschaftsvergiftung. Sohn Ricky kam viel zu früh auf die Welt, Mutter und Sohn überlebten nur knapp. "Das war wirklich dramatisch", sagt die Sozialpädagogin, die die kleine Familie betreut. "Erst nach zwei Wochen habe ich meinen Sohn das erste Mal im Arm gehalten", ergänzt Lena S.

Fast ein halbes Jahr lang musste der Kleine im Krankenhaus bleiben, auch seine Mutter kam nur langsam wieder zu Kräften. Weil sich der getrennt lebende Vater nicht kümmern wollte, sprang die Großmutter ein und wachte anfangs Tag und Nacht bei ihrem Enkelkind. Mittlerweile ist Ricky gesund, er hinkt nur in seiner Entwicklung anderen Gleichaltrigen leicht hinterher. Doch seit er einen integrativen Kindergarten besucht, hat der mittlerweile Sechsjährige enorme Fortschritte gemacht.

Von einer entspannten Situation kann jedoch keine Rede sein. Lena S. bräuchte dringend eine Spenderniere, doch in Deutschland warten Betroffene im Schnitt acht bis zehn Jahre auf diese Transplantation. Und ihre Mutter ist als Spenderin nicht geeignet. So lange es ihr Gesundheitszustand noch zulässt, will S. trotzdem unbedingt ihre Ausbildung zur Kinderpflegerin abschließen. Vor ihrer Erkrankung hatte sie in der Gastronomie gearbeitet, doch dieser Belastung wäre sie nicht mehr gewachsen. Sich Ruhe zu gönnen, fällt ihr schwer. "Früher war ich ein Mensch ohne Limit."

Zum Glück sei die Kita, in der sie den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolviert hat, sehr verständnisvoll gewesen und habe den Dienstplan an die Dialyse-Zeiten angepasst, sagt S.. Mittlerweile steht der schulische Teil an, auch diesen meistert die junge Mutter gut. Allerdings bräuchte sie dringend einen Laptop, um sich adäquat auf die Prüfungen vorbereiten zu können.

Dabei ist das noch eine kleinere Sorge, viel schwerer wiegt die Angst, demnächst auf der Straße zu stehen. Denn weil die Großmutter, in deren Wohnung Tochter Lena und Enkel Ricky noch leben, ihre Rente zu spät beantragt hatte, blieb sie ohne Wissen der Tochter drei Monate lang die Miete schuldig. Die Mietschulden hat zwar das Sozialamt beglichen, dennoch hielt der Vermieter an der Kündigung fest. Bislang war die Suche nach einer neuen Wohnung vergeblich, "ich habe große Angst, dass ich in eine Obdachlosenpension ziehen muss".

Viel Zeit bleibt nicht mehr, schon in wenigen Monaten läuft der Mietvertrag aus. Doch selbst wenn die ersehnte Zwei-Zimmerwohnung für Mutter und Sohn gefunden wird, braucht die kleine Familie noch Hilfe. Denn die Einrichtung in der derzeitigen Bleibe fällt fast auseinander, das wenige Brauchbare gehört der Großmutter, die nach einer eigenen Wohnung sucht. "Es fehlt an allem", sagt die Sozialpädagogin. Zwar hilft in diesem Fall das Jobcenter, doch dessen Leistungen können den Bedarf nicht decken. Auch Rickys Weihnachtswunsch nach einem eigenen Fahrrad würde die Mutter gern erfüllen. Auf einen anderen Wunsch hat sie dagegen keinen Einfluss: Der Junge wünscht sich sehnlichst Kontakt zum Vater. "Ich werde ihm einen Brief schreiben", sagt der Sechsjährige. "Hoffentlich antwortet er dann."

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