Schwerer Abschied vom alten Zabo

10.8.2008, 00:00 Uhr
Schwerer Abschied vom alten Zabo

«Der Abschied fällt zwar schwer, aber er wird durch ein Sportzentrum versüßt, das selbst in Europa seines gleichen sucht», beschrieb der Reporter der Nürnberger Nachrichten in einem Bericht am 16. August 1968 die zwiespältige Gemütslage vieler Clubberer, als das alte Clubheim endgültig die Pforten schloss.

Es war ein Abschied mit Schmerzen - so wie bei jeder großen Liebe: «Jeder Hammerschlag gleicht für sie einem Stich ins Herz», hieß es in einem NN-Bericht zu den Abrissarbeiten.

Der Abschiedsschmerz ist verständlich. Denn schließlich war der alte Zabo 50 Jahre lang Heimstatt des Clubs gewesen, der Zeuge der großen Triumphe des Ruhmreichen, dort fanden in den Zwanziger und Dreißiger Jahren die großen Duelle gegen den ewigen Rivalen aus Fürth statt, dort erspielte sich der 1. FCN die meisten der Titel, die noch immer seinen Briefkopf schmücken. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der Verein sein zerstörtes Stadion wieder aufgebaut. Doch die Zeiten hatten sich geändert, vor allem die zunehmende Motorisierung machte dem Sportgelände inmitten des verwinkelten Zerzabelshof den Garaus. Es gab schlicht und einfach zu wenig Parkplätze für die Fußballfans.

«Die Entwicklung schnürte dem Zabo die Luft ab», hieß es in einem Zeitungsbericht. Die Bundesligafußballer trugen ihre Partien seit 1966 im städtischen Stadion aus. Doch auch die anderen Abteilungen, «getreue Vasallen des Königs Fußball», wie die Nürnberger Nachrichten schrieben, verlangten zeitgemäße Sportstätten

Schon 1951 hatte der Club ein Gelände samt Ausflugslokal direkt am Valznerweiher kaufen wollen. Doch die Stadt Nürnberg wollte das Areal als Erholungsgebiet erhalten und kaufte es selbst. Dem Club bot man auf der gegenüberliegenden Straßenseite das ehemalige Kraft-durch-Freude-Dorf an, in dem diese Nazi- Organisation während des Dritten Reiches Besucher der NSDAP-Reichsparteitage untergebracht hatte.

Das KdF-Dorf umfasste immerhin 240 000 Quadratmeter, war vier Mal so groß wie der alte Zabo. Club-Vorsitzendem Walter Luther gefiel das Gelände, aber nicht der Preis. Die staatliche Forstverwaltung verlangte den üblichen Baulandpreis von 52 Mark pro Quadratmeter. Nach zähen Verhandlungen überredete schließlich der Nürnberger CSU-Fraktionsvorsitzende Oscar Schneider seinen Parteifreund, Bayerns Landwirtschaftsminister Alois Hundhammer, den Preis auf sechs Mark runterzuschrauben.

An dem Architekturwettbewerb für den neuen Sportpark beteiligten sich 18 Büros, die Nürnberger Schwartz und Axt machten 1965 das Rennen. Nicht weniger als sechs Fußballplätze, zu denen sich noch zwei Tennisplätze, zwei Handballplätze und Schwimmbecken gesellten; eine Sporthalle, ein zweistöckiges Umkleidegebäude, in dem 500 Athleten gleichzeitig in die Trikots schlüpfen können und eine Hauptkampfbahn, die 4000 Zuschauern Platz bietet - hier wurde nicht in kleinen Karos gedacht, lobte Oberbürgermeister Andreas Urschlechter bei der Grundsteinlegung.

Rechnung ging nicht auf

Finanziert werden sollte der Sportpark Valznerweiher durch den Verkauf des alten Zabo an eine Baugesellschaft. Doch die Rechnung ging nicht auf. Bald schon tauchten die ersten finanziellen Engpässe auf. Es erging dem großen Club nicht anders als einem kleinen Dorfverein: Fest eingeplante Fördermittel von Bund und Freistaat tröpfelten verspätet ein.

Der Bau stockte. Schließlich rief der Verein im November 1966 die Nürnberger auf, für den Sportpark Valznerweiher zu spenden. Am Ende kostete er elf Millionen Mark.

Zuviel Geld für einen Bundesliga-Absteiger, der sich nach der neunten Deutschen Meisterschaft in der Hoffnung auf satte Einnahmen aus internationalen Partien verschuldet hatte. Nach zwei Jahren Regionalliga-Fußball stand der Verein mit sechs Millionen Mark in der Kreide. Club-Präsident Luther trat zurück, der Schornsteinfeger Hans Ehrt löste ihn ab.

Dem ehemaligen Handballer gelang das Kunststück, bis 1977 die FCN-Schulden um zwei Millionen zu reduzieren. Für die Sanierung musste auch der Sportpark Valznerweiher herhalten. Für 1,085 Millionen Mark verkaufte der Club den so genannten Viatisstreifen 1973 an die Stadt Nürnberg.

Ein Straßenname blieb

Heute erinnert noch die Heiner-Stuhlfauth-Straße an den alten Zabo, benannt nach dem legendären Torhüter und Vereinswirt mit der markanten Schiebermütze. Sie liegt inmitten des modernen Wohnviertels, dass am Ort seiner Triumphe entstanden ist.

Doch die Erinnerung an den alten Zabo wird von vielen Clubberern noch wachgehalten, hilft sie doch über die oft trübe Gegenwart des Rekordabsteigers hinweg. Der spätere NN-Lokal-Chef Walter Schatz hat recht behalten: «Wenn aber schon längst der grüne Rasen abgeräumt ist, wird der gute alte Zabo noch immer nicht vergessen sein .»

HAUKE HÖPCKE