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Segen für Homosexuelle: Ein Tabubruch?

12.5.2021, 06:00 Uhr
Segen für Homosexuelle: Ein Tabubruch?

© Foto: Michael Reichel/dpa

Für die evangelische Landeskirche ist das Thema sozusagen "abgeräumt". Als die Synode im April 2018 in Schwabach tagte, beschloss man nach kontroverser Diskussion mit großer Mehrheit, dass gleichgeschlechtliche Paare gesegnet – nicht getraut – werden können. Das ist Beschlusslage, hält Dr. Paul-Hermann Zellfelder, Pfarrer für die Schwabacher Kirchengemeinde St. Martin fest. Seine Kollegin im Eichwasen, Pfarrerin Silvia Wolf, hat im August 2018 ein lesbisches Paar aus Schwabach gesegnet. Und sie hat sich gefreut, "dass es endlich möglich ist".


Auch in Franken wollen Priester homosexuelle Paare segnen


Wollen sich auch von katholischen Pfarrern in der Region gleichgeschlechtliche Paare kirchlich segnen lassen? "Bis jetzt noch nicht", sagt der Rother Stadtpfarrer Christian Konecny. Ob er im Fall einer Anfrage ein homosexuelles Paar segnen würde? "Weiß ich noch nicht", gesteht er. Er sei sich immer noch nicht ganz im Klaren darüber, denn einerseits gebe es die klare Ansage aus Rom, "dass wir das nicht tun sollen". Andererseits "darf man niemandem den Segen verwehren". Deshalb will er sich erst dann entscheiden, wenn er darum gebeten wird.

Segen für jeden möglich

Auch Pfarrer Johann Reicherzer, der in der Büchenbacher Herz-Jesu-Gemeinde das Pfarrkurat ausübt, "war noch nie in der Lage", sieht aber auch das Dilemma: "Jeder kann gesegnet werden. Wenn jemand gesegnet werden will, ist das schon immer möglich." Er geht noch ein Stück weiter: "Auch einen gemeinsamen Weg kann ich segnen." Das Problem sei aber, dass es keine Gleichstellung mit der Ehe von Mann und Frau geben dürfe. Er selbst, gibt der Geistliche zu, wisse auch noch nicht, wie er eine Anfrage handhaben würde. Nur so viel: "Ich sag nicht nein und nicht ja."

Gar nicht äußern will sich Pfarrer Peter Wenzel aus Allersberg zu dem Thema, das "viel Unruhe in die Kirche gebracht" habe. Anders der Gredinger Stadtpfarrer Richard Herrmann: "Ja", sagt er ganz einfach auf die Frage, ob er gleichgeschlechtliche Paare segnen würde. Und begründet seine Haltung damit, dass "dabei auch die Wissenschaftsentwicklung eine Rolle spielt". Auch die Kirche müsse sich auf neue Erkenntnisse stützen, Homosexualität sei seines Wissens "keine Krankheit und auch nicht anerzogen".

Die medizinisch-psychologische Forschung berichte von vielen "Kapriolen der Natur" wie etwa dem Geborensein im falschen Körper. "Wir aber leben in der Vorstellung der Eindeutigkeit von Mann/Frau, dazwischen gibt‘s nix." Doch auch all die nicht eindeutig Festgelegten "sind Geschöpfe Gottes und bedürfen der Liebe Gottes".

Von ganzem Herzen ja gesagt

Pfarrer Herrmann zieht den Vergleich zu Galileo Galilei: "Vor 500 Jahren herrschte die Weltsicht, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Mit der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass es andersrum ist, ist ein ganzes Weltbild zusammengestürzt. Wir müssen", sagt der Geistliche, "neue Erkenntnisse aufgreifen und sie im Geist Jesu Christi interpretieren". Und fordert: "Statt alle Menschen in Raster einzuordnen, müssen wir jeden sehen, der vor uns steht."


Bayerischer Priester segnet gleichgeschlechtliche Paare


Eine konkrete Anfrage für die Segnung eines lesbischen Paares hat Pfarrer Michael Kneißl aus Wendelstein. "Von ganzem Herzen hab ich ja gesagt", erzählt er von der Bitte der jungen Frau, die er schon lange kennt und für die der Segen eines Priesters bei einer freien Trauungsfeier im September wichtig ist. "Auf die Idee kommt doch nur, wer sich ernsthaft auf das Abenteuer des gemeinsamen Lebens einlässt und dafür Zuspruch sucht."

Kneißl: "Es geht nicht darum, alles ,abzusegnen‘. Es geht auch nicht um abstrakte Theorien, sondern konkret um den Segen für Menschen, die Verantwortung füreinander übernehmen wollen. Ob ich das verweigern kann? Glaub ich nicht."

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