Selbsthilfegruppen in Corona-Zeiten: Ein Ausweg aus der Krise

12.11.2020, 09:08 Uhr
Manchmal kommt man allein nicht aus der Krise - in einer Selbsthilfegruppe gibt es Hilfe und Unterstützung von anderen Betroffenen.

© mitarart via www.imago-images.de Manchmal kommt man allein nicht aus der Krise - in einer Selbsthilfegruppe gibt es Hilfe und Unterstützung von anderen Betroffenen.

Endlich mit dem Trinken aufhören: Betroffene finden bei den Anonymen Alkoholiker Hilfe. Mit Menschen, die genau in der gleichen Lage sind, können sie sich austauschen und sich gegenseitig Kraft geben. Doch mit dem Lockdown im Frühjahr waren Treffen zunächst tabu. „Manche haben sehr gelitten, sie waren allein und einsam“, berichtet ein Sprecher der Nürnberger Gruppe. Sein Name soll nicht genannt werden: Die Privatsphäre wird in der Interessengemeinschaft sehr hoch gehalten. „Die Gefahr wird in einer solchen Situation größer, wieder in das alte Suchverhalten zurückzufallen“, weiß der Sprecher.


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Nach den Lockerungen im Frühsommer wurden die Treffen wieder möglich — doch mit dem Lockdown light war das seit Anfang November wieder Geschichte. „Die Stimmung in der Gruppe war ziemlich beschissen“, berichtet der Sprecher.

Natürlich gibt es andere Kontaktmöglichkeiten wie etwa Chatten oder SMS, die auch genutzt werden. Doch Marion Krieg von der Kontakt- und Informationsstelle Selbsthilfegruppen (Kiss) Nürnberg-Fürth-Erlangen betont, dass dies keine gute Lösung sei: „Das Verbundenheitsgefühl oder die Wärme bleiben auf der Strecke.“ Zudem gibt sie zu bedenken: „Nicht jeder hat einen Computer, manche ältere Menschen können mit der Technik nicht so gut umgehen.“

Sonderregeln sorgten für Frust

Verständnislosigkeit erntete die Entscheidung des bayerischen Gesundheitsministeriums, dass sich Selbsthilfegruppen unter Anleitung einer Fachperson persönlich treffen konnten. „Das widerspricht dem Prinzip der Selbsthilfe“, verdeutlicht Marion Krieg. Für Frust sorgte auch, dass manche Gruppen sich dennoch im November treffen durften. So hätten die lokalen Behörden Ausnahmegenehmigungen etwa in München oder Regensburg erteilt, wie Theresa Keidel von der Selbsthilfekoordination Bayern berichtet. Dies habe sie „nicht verstanden“, wie die Geschäftsführerin der Netzwerkstelle der Redaktion sagt: „Wir haben für eine einheitliche Regelung gekämpft.“

Und eine solche gibt es nun. So teilte das bayerische Gesundheitsministerium mit, dass Präsenztreffen von Selbsthilfegruppen erlaubt sind, wenn dies medizinisch sinnvoll ist. Dabei sind Auflagen wie Maskenpflicht oder Mindestabstand einzuhalten, zudem muss die Kontaktnachverfolgung gewährleistet sein. Die Gruppen müssen ihre Treffen übrigens nicht bei Behörden anmelden: Allerdings muss ein Hygienekonzept erarbeitet werden, das auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorgelegt werden muss. Eine gute Nachricht, wie der Sprecher der Anonymen Alkoholiker in Nürnberg sagt: „Wir sind sehr erleichtert.“

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