Senioren freuen sich über Babys

28.12.2015, 15:50 Uhr
Senioren freuen sich über Babys

© Roland Fengler

Genau an diesem Tag wird Luisa fünf Monate alt. Mit wachen Augen liegt sie auf einer Wolldecke auf dem Boden und strampelt quietschvergnügt. Gertrud Höfer ist 84 Jahre alt. Sie ist eine der ersten Bewohner des Käte-Reichert-Heims, die an diesem Tag zum Babytreff stößt. Kaum betritt sie den Raum, geht ein Lächeln über ihr Gesicht. „Hallo, na, du bist aber gewachsen“, begrüßt sie die kleine Luisa.

Als sie das Mädchen wenig später für ein Foto auf den Arm nimmt, tut sie das gelassen und routiniert. „Das verlernt man nicht“, sagt sie. „Ich erinnere mich noch ganz genau an die Geburt meiner Tochter und das ist nun 50 Jahre her“, erzählt die Seniorin. Luisa indes strahlt in die Kamera, was ihre Mama Annett Saupe zum Schmunzeln bringt.

Dass der Babytreff im Seniorenheim stattfindet, die Kinder und Eltern so Kontakte zur älteren Generation erleben können, findet die 34-jährige Mutter eine schöne Sache. „Unsere Omas und Opas leben leider etwas weiter weg“, erzählt sie. „Manche der Bewohner erzählen aus ihrem Leben. Ganz bemerkenswert ist, dass die Senioren immer sehr gut einschätzen können, wie alt die Kinder sind.“

Auch Patricia Weichert (31) hat der ungewöhnliche Ort für den Babytreff nicht abgeschreckt. Im Gegenteil: „Ich finde das eine gute Idee, weil manche Senioren ja vielleicht keine Enkel habe und da ist es doch schön, wenn Kinder ins Haus kommen“, meint sie und wirft Töchterchen Ida, die vier Monate alt ist, einen liebevollen Blick zu.

Senioren freuen sich über Babys

© Roland Fengler

Ina Schönwetter-Cramer, die Leiterin des Käte-Reichert-Heims, ist rundum zufrieden, dass das Mehrgenerationen-Projekt so gut funktioniert. Vor etwa einem Jahr war es noch ein fixe Idee, Räume der Einrichtung für Schwangerschaftskurse und Babytreffs zu vermieten. Mit den „Hebammen am Stadtpark“, einem Zusammenschluss mehrerer freiberuflicher Geburtshelferinnen, fand sie aber schnell ideale Partnerinnen für die Umsetzung.

„Die Bewohner haben durchweg positiv reagiert. Klar musste sich organisatorisch erst alles einspielen, aber inzwischen seid ihr ein fester Bestandteil vom Haus geworden“, sagt Schönwetter-Cramer an Sarah Horras und Sandra Lebandowsky gewandt.

Die beiden Hebammen können auch nur über gute Erfahrungen berichten. „Manche unserer Kursteilnehmer reagieren zwar erstaunt, aber das löst sich schnell auf, wenn sie dann hier waren“, meint Horras. „Die Heimbewohner sind immer total hilfsbereit. Wenn zum Beispiel mal jemand zu spät kommt, begleiten sie ihn gleich zu uns“, berichtet ihre Kollegin.

Den Mehrzweckraum des Awo-Heims nutzen die Hebammen seit Juli für ihre Geburtsvorbereitungs- und „Schwanger Fit“-Kurse. Nach der Geburt treffen sich die jungen Mütter hier zur Rückbildungsgymnastik und einmal monatlich zum Babytreff, den auch einige Senioren regelmäßig besuchen. Inzwischen herrscht dort ein angeregtes Miteinander von Jung und Alt. Auf dem Gang sind dann zahlreiche Kinderwagen neben den Rollatoren geparkt.

„Die Kinder bringen einfach Leben und Abwechslung zu uns“, freut sich Betti Gebauer. Die 84-Jährige wohnt seit einem Jahr im Käte-Reichert-Heim. Drei Kinder hat sie großgezogen. Wieder zu erleben, „wie die Kleinen anfangen zu lachen und zu babbeln, das ist zu schön“. Die Babys beschäftigen die Seniorin sogar außerhalb des Treffs: Sie hat angefangen Söckchen für sie zu stricken.

Aber nicht nur die Damenwelt ist angetan von den kleinen Besuchern. Auch manch männlicher Heimbewohner kommt hier gerne vorbei. Nicht zu viel Lärm? Olaf Donisch (74) winkt ab und schwärmt: „Wenn Babys schreien und nicht krank sind, dann klingt das doch ganz wunderbar.“

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