Silvesternacht in Nürnberg: Altstadt glich einer Festung

1.1.2021, 17:11 Uhr
Silvester in Nürnberg: Auch auf der Burgfreiung wimmelt es von Polizisten.

© Michael Matejka, NNZ Silvester in Nürnberg: Auch auf der Burgfreiung wimmelt es von Polizisten.

Es ist kurz vor 23 Uhr. Das Gleis 9 des Nürnberger Hauptbahnhofs ist nahezu leer, jeden Moment trifft hier der ICE 821 ein. Die automatische Ansage kündigt den Zug aus Essen an. Er wird buchstäblich ins neue Jahr gleiten, irgendwo auf der Strecke nach München wird die Uhr auf Mitternacht springen. Eine Frau kommt mit einem Köfferchen die Rolltreppe nach oben. Sie weicht scheu einen Schritt zurück, als sie angesprochen wird. Wohin sie fährt? "Nach München", sagt sie und betont, von ihrer Arbeit nach Hause zu fahren. "Ich arbeite im Auftrag der Bahn und mache Zählungen", sagt sie. Der Zug fährt ein. Leer. Nur das Bordpersonal steigt aus, Kollegen steigen zu. Schichtwechsel. Nur eine Handvoll Reisender verlässt den ICE und strebt dem Ausgang zu.

Am Infopoint in der Bahnhofsmittelhalle sagt ein DB-Mitarbeiter: "Der Fahrplan läuft ganz normal durch, es gibt keine Abstriche." Gähnende Leere herrscht auch im Bahnhofsgebäude. Abgesehen von Polizisten und Mitarbeiter der DB-Sicherheit halten sich hier kaum andere Menschen auf. Wer den Bahnhof betritt, wird kontrolliert.

Geister-Busse fuhren durch die Stadt

Wohl gemerkt: Es sind noch etwa 45 Minuten bis zum Jahreswechsel. Im vergangenen Jahr strömten zur selben Zeit noch Menschenmassen in den Bahnhof und aus dem Gebäude hinaus, um im Stadtzentrum den Jahreswechsel zu feiern. Der allergrößte Teil der Bevölkerung hält sich also an die nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr, die auch in der Silvesternacht gilt.

Auch rund um den Hauptbahnhof ziehen Geister-Busse und -Straßenbahnen ihre Runden. Ahmet Ildaslar ist Busfahrer der Verkehrsaktiengesellschaft. Nur er sitzt in der Linie 44 mit dem Ziel: Zerzabelshof Ost. "Ich hätte nie im Leben gedacht, dass dieses Silvester doch so ruhig wird", sagt er. Lediglich sieben Fahrgäste seien seit Schichtanfang in seinem Bus gesessen. "Das waren alles Leute, die von der Arbeit kamen oder dort hin fuhren." Erkannt habe er das an der Arbeitskleidung. Er frage aber seine Fahrgäste nicht, ob sie einen "triftigen Grund" haben, unterwegs zu sein. "Das ist Aufgabe der Polizei", sagt der 42-Jährige.

Polizisten bewachten die Burg

Und die gibt es in der Innenstadt an jeder Ecke. In Streifenwagen und Mannschaftsbussen warten Beamte der Inspektionen, der Bereitschaftspolizei (BePo) und des Unterstützungskommandos (USK). Wer durch die Altstadt schlendert, wird kontrolliert. Der Autor dieser Zeilen steckte seinen Presseausweis nach der ersten Kontrolle erst gar nicht zurück in die Tasche - er ließ ihn zusammen mit seinem Personalausweis nicht mehr aus der Hand. "Grüß Gott! Eine Personenkontrolle", heißt es dann. Danach schicken die Beamten ein "Guten Rutsch" oder ein "Gesundes Neues Jahr!" hinterher. Der Ton ist entspannt und freundlich. Beamte kontrollierten den Redakteur und seinen Kollegen mit der Kamera sieben Mal.


Silvester in Mittelfranken: Einsatzkräfte ziehen positive Bilanz


Noch 25 Minuten bis Mitternacht: Verlassen liegt der Platz vor der Lorenzkirche da, auf dem Hauptmarkt glänzt regennass das Kopfsteinpflaster, über das heute Nacht nur wenige Sohlen gleiten. Aus einem Wohnhaus brüllt jemand "Ey, Lockdown!" In der Ferne zischen doch vereinzelt Raketen und krachen Böller.

"Durchwegs positive Bilanz"

Auch auf der Burgfreiung wimmelt es von Polizisten. Noch fünf Minuten. Einsatzkräfte blicken über die Mauer auf die erleuchtete Stadt. Die Beamten fotografieren und filmen mit ihren Handys. So ruhig war es kurz vor 0 Uhr an Silvester noch nie. Dann ist es soweit: Die Glocken beginnen ihre lang anhaltenden Schläge, Autos hupen, einige Böller krachen und ein paar Raketen steigen in den Himmel über Nürnberg. Aber alles kein Vergleich zu vergangenen Jahreswechseln. "So gut konnte man die Kirchenglocken an Silvester noch nie hören", sagt Polizeisprecher Stefan Bauer.

Er zieht am nächsten Tag auch eine "durchwegs positive Bilanz". Mit Ausnahmen von Einzelfällen habe sich die Bevölkerung an die "Infektionsschutzrechtlichen Bedingungen" gehalten. In der Zeit von 19 Uhr am 31. Dezember und 7 Uhr am 1. Januar dokumentierte die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Mittelfranken insgesamt 577 Einsätze, 394 waren es im Vorjahr. Der Schwerpunkt lag auf Ruhestörungen, davon wurden 125 gemeldet. Im Vorjahr waren es lediglich 28 Fälle. Auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau lag die Anzahl an Körperverletzungen mit 15 (Vorjahr: 32) und acht Sachbeschädigungen (Vorjahr: 18).


Silvesternacht in Nürnberg: Frau schlug und trat Polizisten


Gegen 22 Uhr kontrollierte eine Polizeistreife in der Allersberger Straße in Nürnberg zwei Männer. Nach Angaben der Polizeipressestelle konnten sie keinen triftigen Grund für den Verstoß gegen die Ausgangssperre vorbringen. Als einer der Männer seine Personalien angeben sollte, habe dieser sich geweigert. Er gab mehrfach falsche Identitäten an, zeigte sich aggressiv und beleidigte die Polizisten. Der betrunkene 19-Jährige leistete massiven Widerstand und kam in Gewahrsam. Da der renitente Mann keinen festen Wohnsitz hat, stellte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Haftantrag.

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