So sehen die Unternehmen in naher Zukunft aus

29.2.2016, 20:19 Uhr

„Wir erschaffen Arbeitswelten für andere Unternehmen“, erklärt Marie Körner von der Firma Simply 5 selbstbewusst. Im beispielhaften Szenario der Arbeitswelt der Zukunft hat das Firmenhauptgebäude bodentiefe Fenster, dazu gehört zwingend eine Parkanlage, damit die Angestellten auch mal im Freien arbeiten können. Wer in die Firma möchte, passiert einen Bodyscanner, der den Menschen in allen Details erfasst.

In manchen Räumen gibt es gesunde Snacks, Smoothies und natürlich Wasser zum Trinken. Will man sich zwischendurch mal entspannen, spielt man Tischtennis oder Darts. Unterlagen lassen sich auf einem virtuellen 3D-Display hin- und herschieben, für gute Ideen liegen trotzdem noch Papier und Stift bereit. Der Bürostuhl passt sich dem Rücken automatisch an. Und wer am Schreibtisch einzuschlafen droht? Auch dafür gibt es eine Lösung: „Der Tisch merkt, wenn man müde wird und schiebt sich hoch“, sagt Körners Kollege Anthony Feghali. Dann könne man im Stehen weiterarbeiten.

Simply 5 ist freilich kein Unternehmen in der realen Welt. Vielmehr sind die Firmengründer Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Löhe-Schule, die in die Rolle von Unternehmern schlüpfen. „Sie müssen richtig arbeiten und manche stöhnen auch“, beschreibt Udo Göttemann, Leiter des Fachbereichs Berufsausbildung der IHK Nürnberg für Mittelfranken, den Eifer der Jugendlichen.

Doch stöhnen gilt nicht, schließlich haben sich die meist 16-Jährigen aus dem sozialen, sprachlichen und naturwissenschaftlichen Zweig der Schule freiwillig gemeldet, um am sogenannten Innovationsspiel der „Jugend denkt Zukunft“-Initiative teilzunehmen. Was sie in der Projektwoche an Schulstoff verpassen, müssen sie nachholen.

„Spannungsfeld Unternehmertum“ hieß das Thema, dem sich die Schüler eine Woche lang unter der Obhut einer Moderatorin widmeten. Sie besuchen zwei Nürnberger Firmen – den Aufzughersteller Schmitt+Sohn und den Dienstleister Fürst – und löcherten „echte“ Vorstandschefs und Geschäftsführer: Wie viel Mut braucht man als Unternehmer? Wie lassen sich Familie und Beruf vereinbaren? Wie geht man richtig mit Problemen um? Und sie informierten sich auch über Karrieremöglichkeiten.

Nachwuchs begeistern

„Wir wollen in die Schulen etwas hineintragen und Anstöße geben“, erklärt Göttemann. Bei Reiner Geißdörfer, dem Schulleiter des Wilhelm-Löhe-Gymnasiums, trifft er auf offene Ohren: Denn umgekehrt solle, so Geißdörfer, „Schule auch in die Welt hinausgehen“. IHK-Vizepräsidentin Christine Bruchmann unterstreicht: „Wir wollen Nachwuchs für unsere Unternehmen.“ Vor allem für den Mittelstand wolle man begeistern.

Innerhalb einer Woche entwickeln die Mädchen und Jungs allerlei Ideen und Konzepte, die sie zum Abschluss auf einer „Zukunftsmesse 2030“ präsentieren. Bei „Print Yo Style“ beispielsweise drucken sich Kunden ihre neuen Schuhe innerhalb von 20 Minuten zu Hause am eigenen 3D-Drucker aus. Die Firma legt vor allem großen Wert auf zufriedene Mitarbeiter. Mitarbeiterbindung praktiziert „Print Yo Style“ unter anderem dadurch, dass die Kinder der Mitarbeiter einen kostenlosen Studienplatz erhalten und „sicher für fünf Jahre“ eingestellt werden.

In einer dritten Firma, die Hightech-Kontaktlinsen für Blinde herstellt, werden Flüchtlinge ins Unternehmen integriert – „damit sie die Rente für unsere älteren Menschen sichern“, erläutert Celina Wollner in der Präsentation. Und damit „durch positive Arbeitserfahrungen im Alltag Vorurteile abgebaut werden“.

„Es hat sich definitiv gelohnt“, fasst Gymnasiast Thilo Goecke die Projektwoche zusammen. Auch die Löhe-Schule darf sich freuen: Sie hatte zum vierten Mal hintereinander den Zuschlag für die Jugend-denkt-Zukunft-Projektwoche erhalten.

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