So soll Einkaufen in Nürnberg komfortabler werden

9.10.2019, 05:47 Uhr
Viele Kunden mit gut gefüllten Taschen und Tüten: Das wünschen sich die Händler in den Innenstädten – und nicht nur dort. Von einer "Zukunftsstrategie" erhoffen sich Stadt und Wirtschaft wichtige Impulse.

© Günter Distler Viele Kunden mit gut gefüllten Taschen und Tüten: Das wünschen sich die Händler in den Innenstädten – und nicht nur dort. Von einer "Zukunftsstrategie" erhoffen sich Stadt und Wirtschaft wichtige Impulse.

Persönliche Einkaufsberater, Aufbewahrungs- und Abholstationen, flächendeckend freies WLAN, jede Menge digitale Dienste und nicht zuletzt genügend öffentliche Toiletten und verbesserte Einsätze der Stadtreinigung – das sind nur einige Punkte aus einem Katalog von 57 einzelnen Vorschlägen und Anregungen einer "Zukunftsstrategie für den Handelsstandort Nürnberg".

Damit gehen die Analysen und Empfehlungen doch deutlich über eine bloße Bestandsaufnahme hinaus. In Auftrag gegeben vom Wirtschaftsreferat, werden sie in der kommenden Woche im Nürnberger Stadtrat vorgestellt. Zu erwarten ist mittelfristig nicht zuletzt ein Tauziehen darum, was der Handel selbst leisten muss und wieviel die Stadt aus Steuermitteln investieren sollte.

Als größte Herausforderung für den stationären Handel gilt bekanntlich, sich gegenüber der wachsenden Online-Konkurrenz zu behaupten. Schon bis 2021 soll jeder siebte Einkauf über das Internet erfolgen, ohne den Lebensmittelsektor wird sogar mit einem Anteil von fast einem Viertel gerechnet. Dass Innenstädten generell eine düstere Zukunft drohe, lasse sich daraus aber nicht ableiten, meinen die Autoren. Immerhin sei jeder zweite Konsument der Gruppe der "selektiven Online-Shopper" zuzurechnen, die je nach Produkt und Situation zwischen den "Kanälen" wechseln und sie kombinieren. Aber die Funktionen von Innenstädten seien offenkundig im Wandel begriffen.

Ihre umfangreiche Studie haben das Kölner Consulting-Institut IFH und die Düsseldorfer "Ergebnismanufaktur" gmvteam sowohl Passanten in der Fußgängerzone wie Bürger in der Stadt und im Umland als potenzielle Kunden nach Vorlieben und Schwächen befragt. Dazu kamen Workshops mit Vertretern des Handels, der Gastronomie, aus Verbänden, der Kommunalpolitik und weiteren Akteuren. Als wichtige Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen werden die demografische Entwicklung, die hohen Pendlerzahlen und der Tourismus berücksichtigt.

Dabei sei die Ausgangslage, so das erste Fazit, auch im Vergleich zu anderen Städten "als gut zu bezeichnen", heißt es in der Vorlage. Zum Beispiel bei allem, was zum "Besucher-Erlebnis" gehört. Denn immer weniger Kunden wollen "nur" Besorgungen erledigen, sondern auch urbanes Flair genießen und neben bestem Service auch einkehren oder Kulturveranstaltungen besuchen. Auch habe die Auswertung aller Erhebungen keine Hinweise auf "schwerwiegende Problemfelder" gebracht, die dringend zu bearbeiten wären.

Gleichwohl sehen die Verfasser reichlich Ansatzpunkte, um den Einzelhandel zu stärken und die Attraktivität von Nürnberg als Einkaufsstadt zu sichern. Noch "Luft nach oben" sehen die Verfasser vor allem auf Feld von Bequemlichkeit und Serviceorientierung samt umfassenden und maßgeschneiderten Informationen, am besten aufs Handy.

Nachdrücklich plädiert die Studie schließlich für eine Koordination und Vernetzung der verschiedenen Initiativen wie Erlebnis Nürnberg, Südstadt aktiv und Altenfurter Boulevard. Nötig sei außerdem eine engere Abstimmung und ein Austausch vor allem mit dem Verkehrsverein.

Nach dessen Vorbild halten die Verfasser einen "Verein Nürnberger Handelsstandort" für sinnvoll, der – unterstützt von der Stadt – mit hauptamtlichen Kräften die vielfältigen Aufgaben angehen kann. Das Gastgewerbe könnte vor allem in einem Punkt Pate stehen: Der vor Jahren eingeführte Tourismusfonds, gespeist von den Beherbergungsbetrieben, hatte vor Jahren die Grundlage für ein deutlich verstärktes Marketing geschaffen, mit Erfolg. Der Handel könnte sich daran orientieren.

Nürnberg gilt immer noch als Top-Einkaufszentrum in Nordbayern. Ins Gewicht fallen gleichermaßen die Dichte von Fachgeschäften und Filialisten, die Breite der Sortimente und die Atmosphäre. Dabei muss sich gerade der Nürnberger Einzelhandel gegenüber einer doppelten Konkurrenz behaupten: dem womöglich bald übermächtigen Internethandel und den Angeboten in den Nachbarstädten von Erlangen über Fürth bis Neumarkt, die in den vergangenen Jahren "aufgerüstet" haben. Wie tragfähig nun die Erkenntnisse und Empfehlungen der zwei Beratungsagenturen sind, bleibt abzuwarten. Manches, was da zu lesen steht, von der immer wichtigeren Serviceorientierung bis zu allumfassenden Digitalisierung ist, mit Verlaub, ein alter Hut. Und gilt in allenfalls leicht abgewandelter Form auch andernorts. Nur: Es muss eben gemacht und umgesetzt werden.

Da fangen die Herausforderungen erst an. Denn "den" Handel gibt es ja nicht: Große und Kleine, Familienunternehmen und Ketten haben unterschiedliche Interessen. Was für die City gilt, muss auf die Außenbezirke noch lange nicht zutreffen. Und gerade den Filialisten ist das Wohl und Wehe der Gesamtstadt unterm Strich vermutlich ziemlich gleichgültig.

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