Spaß ernst genommen

1.4.2015, 20:30 Uhr
Spaß ernst genommen

© Foto: Eduard Weigert

Mit professionell-ernster Miene faltet Robert Wunder den Bauplan auseinander. Wie immer, wenn es um die Präsentation eines größeren Verkehrsprojekts geht. Der stellvertretender Leiter des Verkehrsplanungsamtes will interessierten Bürgern zeigen, was die Stadt vorhat: einen Fahrradkreisverkehr in sechs Metern Höhe am Plärrer.

Über Rampen sollen die Radler den Kreisel in luftiger Höh’ erreichen können. Auf dem Entwurf sind eine Altstadtrampe, eine Nord- und Südrampe und sogar eine Spielhöllenrampe eingezeichnet. „Die ist aber nur optional, die bauliche Machbarkeit muss erst noch geprüft werden“, gibt er zu bedenken.

Das Verkehrsplanungsamt hat sich für die Präsentation gut vorbereitet. Und Robert Wunder als fachkundiger Verkehrsplaner gibt der Vorstellung einen offiziellen Charakter. Doch längst haben die Umstehenden hinter dem gespielten Ernst den Witz erkannt. Die offizielle Fassade konnte auch Wunders Chef, Frank Jülich, durch seine Anwesenheit nicht aufrecht halten. Eigentlich hat er Urlaub, aber dafür wollte er sich Zeit nehmen. „Es wird natürlich keinen Radkreisel geben“, löst er den Scherz auf.

Ruth Strehle schlug morgens die Zeitung auf und hat erst geglaubt, was da steht. „Ich bin extra gekommen, weil ich es genau wissen wollte“, sagt die passionierte Radlerin. Schließlich gebe es wirklich aufregende Großprojekte für Radfahrer — etwa in Kopenhagen. Dort gibt es die „Cykelslangen“ (Fahrradschlange), nur für Biker eine Brücke, die über das innere Hafenbecken der dänischen Hauptstadt führt. Oder der „Hovenring“, ein Radkreisel im niederländischen Eindhoven.

„Ich bin schon einmal auf einen NN-Aprilscherz reingefallen“, sagt Rainer Juritz, der sich auch über das Vorhaben informieren wollte. Denn die Idee findet er reizvoll: „Wenn Radler hier keine Fahrspur mehr kreuzen müssten, das fände ich genial.“

Ob es in Deutschland überhaupt Radkreisel gibt? „Mir ist keiner bekannt“, antwortet Jülich. Auch Harald Oelschlegel vom „Bündnis Radfairkehr“ kennt keinen. Seine Initiative hatte die Idee zum Aprilscherz, der für ihn doch einen ernsten Hintergrund hat. „Die Politik stellt jährlich eine Million Euro für den Radverkehr zur Verfügung. Das ist zu wenig. Für eine Stadt wie Nürnberg müssten es 6,5 bis 9 Millionen Euro sein“, rechnet Oelschlegel vor.

Nach einer halben Stunde war dann Schluss mit lustig. Die VAG, Hausherrin der Plärrer-Verkehrsinsel, machte von ihrem Recht Gebrauch — und löste die Veranstaltung auf. Denn die war ja nicht einmal angemeldet.

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