Späte Erinnerung in Bronze an den Besuch 1842

17.4.2008, 00:00 Uhr
Späte Erinnerung in Bronze an den Besuch 1842

© Rödel

«In dem Pegnitztal in Franken, wo auf weiter Wiesenau / blaue Berge niederblicken, stehet Nürnberg altersgrau / Stadt des Handels und der Arbeit, Stadt des Sanges und der Kunst / um die spitzen Giebel flattern dohlengleich im fahlen Dunst / alter Zeit Erinnerungen . . .», so reimte der Lyriker in seinem Gedicht «Nürnberg». Heute wirken die Zeilen zu hymnisch, angestaubt und antiquiert, die meisten seiner Werke sind vergessen. Doch in seiner Zeit war Longfellow (1807-1882) ein gefeierter Poet. Die Büste des Autors steht heute noch in Westminster Abbey, zu seinen interessierten Lesern gehörten Präsident Abraham Lincoln, die Schriftsteller Charles Dickens und Charles Baudelaire, Generationen amerikanischer Schulkinder zitierten seine Verse.

Mit Goldschnitt verziert

Auch Anne Hayner-Hefner, Vizepräsidentin des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs, musste Longfellows Gedichte lernen. «Seine Balladen hatten in den USA einen Stellenwert wie hierzulande beispielsweise Schillers ,Glocke‘ oder Werke von Goethe», erzählt die Amerikanerin, «heute ist er noch mit manchen umgangssprachlichen Redewendungen bekannt.» Nicht nur amerikanische Kinder, auch etliche ältere Franken erinnern sich, dass sie in ihrer Schulzeit Longfellows Gedicht «Nürnberg» auswendig gelernt haben, berichtet Altstadtfreunde-Vorsitzende Inge Lauterbach. Die ausführlichen Verse erschienen in mehreren Ausgaben, manche waren sogar mit Goldschnitt und Kupferstichen verziert. Auch in der Nürnberger Stadtbibliothek befinden sich unter den 19 Titeln Longfellows sechs Ausgaben des Loblieds auf die Frankenmetropole.

Die Inspiration für diese Zeilen holte sich der an der Ostküste geborene Amerikaner bei seinem Europa-Besuch im Jahr 1842. Vom 23. bis zum 27. September logierte er im «Hotel zum Strauß» in der heutigen Karolinenstraße43/45 (gegenüber dem T-Punkt) und erkundete als kulturbeflissener Tourist die Stadt. Mit dieser Beschreibung hat er vielen Landsleuten ein Bild vom mittelalterlichen Nürnberg gegeben. In einem Brief an seinen deutschen Dichterfreund Ferdinand Freiligrath schildert er, wie er mit einem Reisegefährten das einstige Wohnhaus des Schusters Hans Sachs besuchte, das sich damals bereits zur Kneipe gewandelt hatte: «Wir tranken einen Krug Bier im Gedenken an den Dichter, während wir uns aus einem Band seiner Werke . . . vorlasen».

Schließlich trat Longfellow auch dem «Nürnberger Literarischen Verein» bei, der später im Pegnesischen Blumenorden aufgegangen ist. Dort wird der Amerikaner immer noch als Mitglied Nr. 677 geführt.