SPD im Karl-Bröger Zentrum in der Schockstarre

25.9.2017, 10:01 Uhr
Sichtlich schockiert blickt Gabriela Heinrich auf die Ergebnisse der Wahl-Hochrechnungen im Karl-Bröger Zentrum in Nürnberg.

© Roland Fengler Sichtlich schockiert blickt Gabriela Heinrich auf die Ergebnisse der Wahl-Hochrechnungen im Karl-Bröger Zentrum in Nürnberg.

Als die erste Prognose auf der großen Leinwand im Karl-Bröger-Haus auftauchte, wurde es mucksmäuschenstill; versteinerte Mienen überall. Gabriela Heinrich, deren Wiedereinzug ins Parlament bis in die Nacht offen blieb, war sichtlich schockiert.

Das habe sie in dieser Form nicht erwartet, gab sie zu. "Ich bin geplättet." Sie könne sich gar nicht entscheiden, worüber sie mehr erschrocken sei: über das miserable Abschneiden der SPD oder den Erfolg der AfD.

Neben dem eigenen Debakel war der Rechtsruck im Land natürlich das Thema schlechthin bei den Sozis. Auch Oberbürgermeister Ulrich Maly stürzte deswegen in "eine kleine Depression", wie er später am Telefon sagte. Und: "Das wird die politische Kultur verändern." Auch der alte und neue Bundestagsabgeordnete Martin Burkert befürchtet eine "andere Art der Demokratie". Otto Wels, SPD-Vorsitzender während der Zeit der Nazi-Diktatur, würde sich im Grab umdrehen, weil diese Truppe jetzt den Bundestag betrete, fuhr Burkert betroffen fort.

Bürgermeister Christian Vogel stand derweil etwas abseits, am Rand des Saals, und blickte fassungslos auf die Hochrechnungen. Er war noch ganz unter dem Eindruck der Verleihung des Menschenrechtspreises und deshalb umso schockierter, weil die AfD "mit ihrem Kampfgedöns" (Vogel) in den Bundestag einzieht. "Das ist ein Wahnsinn, das ist ein Albtraum. Das ist ein trauriger Tag für die Demokratie."


>>>Das sind die Ergebnisse aus den Nürnberger Wahlkreisen<<<


Woran es liegt? Es sei der Regierung nicht gelungen, auch nur ansatzweise deutlich zu machen, was sie in den letzten Jahren erreicht hat, fuhr er fort. "Offensichtlich hat ein nicht unerheblicher Teil der Wähler für sich entschieden, kein Vertrauen mehr in die etablierten Parteien zu haben."

OB Maly glaubt, "dass wir die Herzen der Leute nicht mehr erreicht haben." Er hält das Thema "Gerechtigkeit", mit dem Kanzlerkandidat Martin Schulz punkten wollte, zwar nach wie vor für "mehrheitsfähig". Aber die Glaubwürdigkeit der SPD habe durch die vielen Jahre in der Großen Koalition gelitten.

Ihrem Kanzlerkandidaten wollten die Nürnberger Genossen aber keinen Vorwurf machen. Als dieser vor die Kameras trat, applaudierten sie und riefen: "Martin! Martin!" Es war das einzige echte Lebenszeichen an diesem Abend. Dass der Weg jetzt in die Opposition führt, kommt an der Basis gut an. Heinrich sagte, "da gibt’s kein Vertun." Und Maly: "Das ist richtig. Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Glaubwürdigkeit wieder stärken."

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