Spendensiegel-Entzug erschüttert Unicef-Mitarbeiter

22.2.2008, 00:00 Uhr
Spendensiegel-Entzug erschüttert Unicef-Mitarbeiter

© Willi Bauer

Die Querelen um den deutschen Zweig der Kinderhilfsorganisation Unicef haben bei ihren rund 100 ehrenamtlichen Mitarbeitern in Mittelfranken schon kräftig an den Nerven gezerrt. Doch dass das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) jetzt sogar das Spendensiegel kassiert hat, erschüttert Birgit Rosa: «Das war ein ganz schwerer Schlag. Doch ich stehe weiterhin zu Unicef, weil die Projekte wichtig sind.«

Mitarbeit seit 21 Jahren

Rosa arbeitet seit 21 Jahren ehrenamtlich mit und gehört dem 60-köpfigen Deutschen Komitee für Unicef an, das am 10.April in Berlin den neuen Vorstand wählt. Die kaufmännische Angestellte versucht, mit ihren Mitstreiter(inne)n das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Zum Beispiel im Fürther Kaufhaus Ikea: Dort gibt es im März zwei Wochen lang einen Unicef-Stand mit Osterkarten-Verkauf. Natürlich rechnet man mit kritischen Nachfragen, denn der Rückzug vieler Unterstützer macht sich jetzt schon deutlich bemerkbar. Von rund 200000 Spendern, so Rosa, haben sich über 10000 von Unicef verabschiedet. Sie unterstreicht jedoch, dass dem Komitee nicht die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde: Auch weiterhin sind Spenden steuerlich voll abzugsfähig.

«Ich bedaure solche Vorgänge wie bei Unicef sehr, dadurch werden auch immer die anderen Hilfsorganisationen kritisch beäugt«, meint Nürnbergs Caritas-Direktor Roland Werber, «das sorgt generell für ein wenig Unruhe.« Der katholische Bundesverband besitzt das DZI-Spendensiegel. Nürnbergs Caritas führt diese Woche ihre Frühjahrssammlung durch, an große Einbrüche glaubt Werber nicht: «Unser Verband genießt einen guten Ruf. Die Spenden der Haustür-Sammlung kommen der Arbeit mit schwierigen Jugendlichen zugute.«

BRK für strenge Kontrollen

«Es liegt im Interesse aller, dass das Image der Wohlfahrtsorganisationen nicht beschädigt wird«, meint Otto Kreß, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes. Das Deutsche Rote Kreuz - ebenfalls mit DZI-Siegel versehen - begrüßt daher strenge Kontrollen, denn dadurch könnten die Spender Vertrauen aufbauen. Das BRK wird als Körperschaft gleich doppelt überprüft: vom Finanzamt sowie von der Rechtsaufsicht des Innenministeriums.

Zwar basiert nur ein Bruchteil des 30 Millionen Euro umfassenden Nürnberger BRK-Haushalts auf Spendengeld, doch manche Bereiche - wie etwa das jetzt wieder wachsende Jugend-Rotkreuz - sind zu 90 Prozent auf Spenden angewiesen. Dabei geht es nicht nur um Geldspenden, erklärt Kreß, Zeitspenden in Form von ehrenamtlicher Mitarbeit sind genauso wichtig. Derzeit sind über 1000 Freiwillige als Sanitäter, bei der Berg- und Wasserwacht oder im Jugend-Rotkreuz im Einsatz.

Zuwendungen in engen Grenzen

«Was wir nicht beeinflussen können, können wir eben nicht beeinflussen«, antwortet Helmut Hertz, Geschäftsführer der hiesigen Arbeiterwohlfahrt auf die Frage, ob er nun mit größerem Misstrauen vonseiten der Spender rechnet. Zwar halten sich die Zuwendungen mit 50000 Euro im Jahr 2006 in engen Grenzen (der Haushalt beträgt 20 Millionen Euro).

Doch Hertz versichert, dass die Spenden ohne jeglichen Abzug an die Bedürftigen weitergeleitet werden: «Wir haben unsere Informationspolitik deutlich geändert, denn die Leute wollen genau wissen, wofür man das Geld einsetzt. « Daher bietet die Awo meist zwei bis drei Projekte an, die für die Spender überprüfbar sind. Auch der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt führt das DZI-Spendensiegel.

Mehr Durchschaubarkeit

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen will mit dem Siegel für mehr Durchschaubarkeit bei Spendenvergaben sorgen. Die Organisationen - momentan 230 Verbände mit einem Spendenaufkommen von 1,4 Milliarden Euro - müssen das Siegel jährlich neu beantragen. Voraussetzung für die Verleihung sind eine «wahre, eindeutige und sachliche Werbung«, nachprüfbare und sparsame Mittelverwendung, eindeutige, nachvollziehbare Rechnungslegung, die Prüfung der Jahresrechnung und Vorlage beim DZI sowie die interne Überwachung des Leitungsgremiums durch ein unabhängiges Aufsichtsorgan.