«Tanzen ist mein Lebensinhalt»

15.3.2009, 00:00 Uhr
«Tanzen ist mein Lebensinhalt»

© Wilhelm Bauer

Doch schon mit 28 Jahren nahm ihre Karriere ein abruptes Ende. 1992 sah ihr Gatte und Tanzpartner Jörg-Peter, mit dem sie zehn Jahre lang in den Ballsälen Triumphe gefeiert hatte, keine Möglichkeit mehr, den immer höheren Trainingsaufwand und seinen Beruf als Rechtsanwalt unter einen Hut zu bringen. Schweren Herzens entschloss sich das Paar, die sportliche Karriere aufzugeben. «Für mich war es die bis dahin schlimmste Phase, denn Tanzen war mein Lebensinhalt», sagt Margit Hölck heute.

Doch es sollte noch weitaus schlimmer kommen: 2003 starb ihr Ehemann im Alter von erst 45 Jahren. Eine Ohrinfektion mit Blutvergiftung und anschließender Hirnblutung ließ ihn nicht mehr aus dem Koma erwachen. Mit der eisernen Disziplin, mit der sie auch ihre Karriere betrieben hatte, meisterte die Mutter zweier schulpflichtiger Söhne den Schicksalsschlag.

Mit fünf Jahren stand Margit Hölck das erste Mal auf dem Tanzparkett, mit elf Jahren begann die eigentliche Karriere: acht Jahre lang tanzte sie mit ihrem Klubkameraden vom TSC Rot-Gold Casino Nürnberg, Hans-Reinhard Galke, dem späteren dreifachen Weltmeister auf dem Lateinsektor, wurde vier Mal deutscher Jugendmeister und 1983 auf Anhieb im ersten Jahr in der Sonderklasse deutscher Titelträger in der Kombination. Doch als das Paar auf dem Siegerpodest stand, war für die Abiturientin der Maria-Ward-Schule schon klar, dass dies der letzte Start mit Galke gewesen war.

Margit Hölcke hatte sich in den blonden Hamburger Tänzer Jörg-Peter Hölck «verknallt». Sie zog zu ihm nach Hamburg und nahm dort das Studium der Pharmazie auf. Doch schon ein Jahr darauf übermannte sie das Heimweh. Ihr sieben Jahre älterer Partner trat ihr zuliebe eine Referendarstelle in der Noris an. Nach der Heirat begann der nicht zu stoppende Aufstieg im Amateurlager. Nach dem Europacupsieg 1986 und Platz drei beim Weltcup im folgenden Jahr wurde das Paar 1987 deutscher Meister, verteidigte den Titel 1988 in Nürnberg mit klarem Vorsprung.

Der Schritt ins Profilager war die logische Konsequenz. Mit Platz fünf und vier bei der Amateur-WM hatten sich die beiden eine gute Ausgangsposition ertanzt. Sie wurden zwei Mal deutsche Vizemeister, erreichten bei WM und EM stets die Endrunde. Im Tanz-Mekka Blackpool waren sie Stammgast inmitten der Weltelite.

Das war der Lohn eines intensiven und harten Trainings: fünf Mal in der Woche zwischen zwei und drei Stunden Tanz, um Technik, Haltung und Musikalität zu vervollkommnen, einmal Gymnastik und spezielles Training im Fitnessraum. «Tanzen ist Leistungssport, der Körper und Psyche fordert; man darf nie zufrieden sein, kann sich auch als Weltmeister noch verbessern», lautete Hölcks Devise. Trotzdem glaubt sie, dass noch größere Erfolge möglich gewesen wären. «Wir hätten uns auf höchstens drei Trainer konzentrieren sollen und nicht zwischen sechs hin- und herpendeln.»

Heute gibt sie Kurse in der Tanzschule Rupprecht in Erlangen, die ihre Brüder Norbert und Kurt, letzterer mit Gattin Sabine einst bayerischer Meister, leiten. Margit Hölck zählt zu den wenigen Ausbildungslehrern im Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverband ADTV.

Die ehemalige Golferin vom GC Herrnhof besuchte im letzten Jahr die deutschen Meisterschaften und stellte fest, dass sich das Niveau im Turniertanz enorm entwickelt hat. «Wir hätten auch in unserer besten Form von ehemals keine Chance», glaubt Hölck. Schnelligkeit und Dynamik haben zugenommen, neue Figuren wurden entwickelt, die Rotationen erfolgen atemberaubend schnell.

So ist auch kaum mehr ein rein deutsches Paar in der Weltspitze zu finden. In Osteuropa werden schon Fünfjährige für den Turniertanz ausgebildet, suchen sich dann Partner in England, Deutschland oder in den skandinavischen Ländern.

Ihre Söhne Simon (11 Jahre) und Christoph (9) haben allerdings nicht die Absicht, als Tänzer sportlich in Erscheinung zu treten. Sie haben sich dem Fußball verschrieben: Simon in der Jugend des FV Wendelstein, Christoph in der U 9 des 1. FC Nürnberg als letzter Mann in der Abwehr.

Margit Hölck ist ihren Eltern dankbar für ihre Unterstützung während der aktiven Zeit, als das Geld von Sporthilfe und Verband die Ausgaben für Reisen und Kleidung - zwei Anzüge für je 1500 Mark, fünf Kleider zu je 1000 Mark - keineswegs aufwog: «Heute würde ich mich ohne ihre Hilfe bei der Betreuung der Kinder hart tun. Der plötzliche Tod meines Mannes wäre auch sechs Jahre danach noch schwerer zu verkraften.»

Hölck ist überzeugt, dass ihr der Sport sehr geholfen hat, die Dinge positiv zu sehen und das Leben so leichter zu meistern. Schon deshalb haben sich die Anstrengungen auf dem Tanzparkett gelohnt zu einer Zeit, in der die mit Bussen angereisten Fans und das Tanzorchester eines Hugo Strasser für Stimmung in den Hallen sorgten. «Die heute übliche Musik vom Band kann diese Atmosphäre gar nicht mehr vermitteln», glaubt sie. KLAUS WESTERMAYER