Abzocke und Drohungen

Telegram-Drogenshops in Nürnberg: Das passiert, wenn Sie versuchen, Gras zu bestellen

Benjamin Jungblut

Redakteur

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9.4.2024, 05:00 Uhr
In verschiedenen Gruppen werden Drogenlieferungen im Raum Nürnberg angeboten - ob es je zu einer Lieferung kommt, ist allerdings fraglich.

© Screenshot Telegram / IMAGO / Daniel Scharinger In verschiedenen Gruppen werden Drogenlieferungen im Raum Nürnberg angeboten - ob es je zu einer Lieferung kommt, ist allerdings fraglich.

Sogenannte Obst-Taxis haben in Berlin bereits zweifelhafte Berühmtheit erlangt. Wer möchte, kann sich damit bequem Kokain per Taxi-Lieferservice nach Hause bestellen, die nötigen Kontakte stammen dabei in der Regel von Visitenkarten. Beispielsweise einem "Schlüsseldienst Alex", ganz schlicht eine Nummer und ein Preis – für ein halbes Gramm Koks.

In Nürnberg geht es da deutlich gemächlicher zu. Derartige Visitenkarten sind in Franken kaum zu finden, wer auf die Idee kommt, sich Drogen bestellen zu wollen, muss wohl oder übel andere Wege finden. Beispielsweise über Telegram. Über die normale Suche lassen sich hier bereits mit wenigen Schlüsselwörtern zahlreiche öffentliche Gruppen finden, speziell auch für Nürnberg, beispielsweise "Liefrung Nürnberg" oder "Nürnberg", mit einer bunten Aneinanderreihung von Emojis über Nasen, Gras, Pillen bis hin zu Blitzen.

In der Regel gibt es hier ein sogenanntes "Menü", bei dem die Nutzerinnen und Nutzer zwischen jeder erdenklichen Droge wählen können. Oft gibt es auch sogenannte Feedback-Channel, in denen angebliche Kunden begeistert von ihrer erfolgreichen Bestellung berichten - inklusive zwielichtiger Bilder. Allerdings - frei kommentierbar sind die Gruppen nicht. Dazu gibt es einen Kontakt. Wer sich beispielsweise in einer der Nürnberger Gruppen dafür entscheidet, 12 Gramm "Amnesia Haze" zum verdächtig günstigen Preis von 100 Euro zu erstehen, muss dem Administrator eine Nachricht senden. Der Inhalt: eine Adresse und die gewünschte Ware.

Und genau hier wird es - abseits jeglicher strafrechtlichen Frage, gefährlich. Zum einen geht es nun um die Bezahlung – zum anderen geben unvorsichtige Besteller ihre heimische Adresse preis und machen sich unter Umständen erpressbar. Wer seine Bestellung abgegeben hat, soll nämlich im Voraus bezahlen. Grund dafür sei, dass der Kurier dem Neukunden ja nicht vertrauen könne – ein normales Vorgehen. Dazu bieten die vermeintlichen Dealer zwei Wege an. Über PayPal (natürlich an Freunde und Verwandte) oder per Gutscheinkarten. Diese Vorgehensweise betrifft nicht nur eine – sondern so gut wie alle Gruppen, die sich über die Suche finden lassen.

Mit zahlreichen Bildern wollen die Täter ihre Kunden in die Falle locken. Die Abzocke läuft dann über Gutscheinkarten wie hier im Bild oder PayPal-Bezahlungen ab.

Mit zahlreichen Bildern wollen die Täter ihre Kunden in die Falle locken. Die Abzocke läuft dann über Gutscheinkarten wie hier im Bild oder PayPal-Bezahlungen ab. © Screenshot Telegram

Eifrige Leser unseres Portals ahnen bereits – das klingt nach einer durchaus bekannten Abzockmasche. Und so kommt es dann auch. Die PayPal-Adressen gehören polnischen oder amerikanischen Accounts, viele davon sind sogar schon gesperrt. Spätestens hier sollten alle Alarmglocken klingeln. Wer sich auf die alternative Bezahlmethode einlässt, wird aufgefordert, Gutscheinkarten zu kaufen, beispielsweise für die Anbieter "Neosurf" oder "Steam". Egal für welche Methode Sie sich entscheiden – nach der Bezahlung fordern die Betrüger einen Screenshot der Zahlung, bzw. des Gutscheins. In der Regel dauert es dann wenige Sekunden, bis der Gutschein leer gezogen ist.

Danach gibt es zwei Möglichkeiten, wie es weitergeht: Der Bestellende wird direkt geblockt und hört von seinem vermeintlichen Lieferservice nie wieder - und das noch ist die angenehmere Variante. Oder die Betrüger versuchen ihr Opfer weiter zu melken – so wird beispielsweise eine sogenannte "Versicherung" verlangt, also nochmal ein 100-Euro-Steam-Gutschein, bevor der Fahrer losfährt. Wer ab dem Moment abbrechen möchte, wird ebenfalls geblockt. In Foren berichten Nutzer, dass sie teilweise sogar bedroht wurden, wenn sie sich geweigert haben, weitere Zahlungen zu tätigen – mit deren Adresse.

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