Test: So fahrradfreundlich ist Nürnberg wirklich

9.4.2013, 20:23 Uhr
Test: So fahrradfreundlich ist Nürnberg wirklich

© Eduard Weigert

Fahrradfahren in Nürnberg ist nicht immer ein Vergnügen. Daran ändert auch der Titel „Fahrradfreundliche Stadt in Bayern“ nichts, den die „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen“ Nürnberg zugesprochen hat (wie berichtet). Immer wieder kommt es zu gefährlichen Situationen; gerade dort, wo es keine eigene Infrastruktur für Radler gibt. Doch die Radfahrer selbst haben großen Einfluss auf das Verkehrsverhalten der Autofahrer!

Wer nicht selbstbewusst seinen Raum beansprucht, wird von Kfz-Fahrern geschnitten und noch eben schnell überholt. Ich selbst mache die Erfahrung: Wer sich – den Regeln konform – den Platz auf der Straße nimmt (einen Meter Abstand vom Bordstein und/oder parkenden Autos), der wird – in der Regel – mehr respektiert und wahrgenommen als der- oder diejenige, der/die ängstlich knapp am Straßenrand entlangradelt. Dann ist auch in Nürnberg, eine gute Portion Nerven vorausgesetzt, das Radfahren nicht so grauslig wie oft behauptet. (fra)

Auf der Ostendstraße und der Laufamholzstraße wird es gefährlich

Test: So fahrradfreundlich ist Nürnberg wirklich

© Günter Distler

Den täglichen Weg in die Arbeit von Mögeldorf bis zur NN lege ich ganzjährig mit dem Rad zurück. An der Pegnitz entlang rollt man im Grünen bis zur Wöhrder Wiese, abseits der Hauptverkehrsstraße — ideal, könnte man meinen. Ist es auch meistens, wenn man die Trauben von Walkern und Joggern geschickt umkurven kann, die teilweise die volle Wegbreite blockieren, und man außerdem nicht über ausziehbare Hundeleinen stürzt. Im Frühjahr und Sommer herrscht auf den Wegen am Fluss verständlicherweise drangvolle Enge.

Im (verschneiten) Winter kann man auf die Ostendstraße ausweichen, sie ist meist geräumt — gelegentlich auch der Radweg. Ärgerliches Detail: In Höhe der Discount-Märkte liegen immer wieder Scherben von Glasflaschen auf der Fahrbahn, die sorgsam auf die Radspur gekehrt wurden. Gefährlich ist die Ostend- und Laufamholzstraße für Radler an jenen Stellen, an denen der Radweg abrupt endet und der Radler auf die Autospur gezwungen wird — etwa an der Laufamholzstraße/Waldstraße in Höhe des Marktkaufs. Dass es dort zu Beinahe-Kollisionen kommt, wundert überhaupt nicht. (hv)

Fahrradwege kann man an einer Hand abzählen

Ich fluche nur selten, fahre eher defensiv, zumindest bilde ich mir das ein: Im Auto bin ich die Gelassenheit in Person. Sobald ich auf dem Rad sitze, ändert sich das abrupt, als käme plötzlich mein Alter Ego ans Licht. Das liegt daran, dass ich gefühlt jedes Mal, wenn ich mit dem Rad durch die Innenstadt fahre, in eine brenzlige Situation gerate, in der ich einem Autofahrer, pardon, am liebsten den Vogel zeigen würde. Weil ich wieder mal ohne Rücksicht auf Verluste geschnitten wurde oder einer traumwandlerisch aus seinem Auto steigt und mir vor die Reifen springt.

Nur zu gerne würde ich innerhalb des Altstadtrings auf Radwege ausweichen. Nur kann man die dort an einer Hand abzählen. Und so bleibt einem nichts anderes übrig, als die Fehler mitzudenken, die der Autofahrer vor einem gleich machen wird. Man spürt überdeutlich, was es heißt, der schwächere Verkehrsteilnehmer zu sein. Man ist verdammt ausgeliefert.

Dass es mit Fußgängern genauso haarig werden kann, zeigt sich zum Beispiel, wenn man, vom Plärrer kommend, den Spittlertorgraben Richtung Ludwigstraße überquert. Fußgänger und Radler quetschen sich dort gemeinsam durch ein Nadelöhr, das zur Nahkampfzone wird. Fluchen inklusive. (sto)

Fahrradfreundliches Nürnberg - eine Frage der Perspektive

Radfahren in der Stadt? Dafür würde ich Nürnberg keine Auszeichnung verleihen. Zumindest nicht, wenn es um die Innenstadt geht. Denn mir ist es nach wie vor rätselhaft, dass offenbar keine Lösung gefunden werden kann, die Zweiradfahrern und Fußgängern gemeinsam die gefahrlose Passage des Hauptmarkts ermöglicht. Ansonsten ist es wohl eine Frage der Perspektive, wie radfahrerfreundlich Nürnberg tatsächlich ist — als Student durfte ich in Erlangen etliche Semester lang Vorfahrt auf dem Drahtesel genießen, mein Auslandsjahr in Paris hat mir dagegen eindrucksvoll bewiesen, dass Radfahren auch lebensgefährlich sein kann. (husa)

Der Preis für Nürnberg kommt zu früh

Dieser Titel erinnert mich an den viel zu früh verliehenen Friedensnobelpreis für Barack Obama 2009. Klar, Konzepte sind geschrieben und Pläne geschmiedet — und mit Frank Jülich hat die Stadt einen echten Vorreiter für Fahrradbelange. Doch Nürnberg muss erst noch zeigen, ob es wirklich fahrradfreundlich ist. Wenn es um Geld und Platz geht: für durchgehende Radwege in der Franken-, Fürther oder Bayreuther Straße. Oder um mehr Raum am Rathenauplatz und eine zentrale, wetterfeste Fahrradstation. Und nicht zuletzt: um einen Korridor zum Passieren des Hauptmarktes. Es wäre wirklich fahrradfreundlich, wenn der käme — in der Hoffnung, dass dann die Drahteselvollidioten (es gibt leider einige!) dazulernen. (j.s.)

Nichts als Stückwerk

Mein Lieblingsradweg liegt am Mögeldorfer Plärrer. Wenn man vom Tiergarten kommt, darf man einen roten Streifen benutzen — ein paar Sekunden lang. Mehr als 30 Meter Sicherheit hat er nämlich nicht zu bieten. Doch an ihm lässt sich die Radlerstadt Nürnberg gut beschreiben: Stückwerk. Nichts als Stückwerk. Dass es dafür einen Ehrentitel gibt, lässt mich staunen.

Ich radle das ganze Jahr und habe gelernt, mich über Stückwerk zu freuen. Kurze Passagen an der gefährlichen Allersberger Straße, eine Erlösung. Leider parken hier gerne die Kunden der Imbiss-Buden. Vor der Redaktion, an der Marien- und Gleißbühlstraße, Rettung durch rote Markierungen. Leider schneiden mich die Autofahrer, die abbiegen wollen, rücksichtslos. Auch die Pillenreuther Straße ist sicherer geworden. Nur kurz vorm Bahnhof sollte man sich besser in Luft auflösen. Ständig schlage ich Haken, habe mir mein eigenes Umwege-Netz gestrickt und nehme notfalls den Gehweg, damit ich länger lebe. Es ist keine Kunst, an der Pegnitz entlang von Laufamholz nach Fürth zu fahren. Richtung Südstadt lauert das Abenteuer. (c.s.)

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