Theater im K4: Hautnah dran am historischen Massenmord

22.4.2015, 06:00 Uhr
Theater im K4: Hautnah dran am historischen Massenmord

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Clara Immerwahr war die erste Frau, die in Deutschland als Chemikerin promovierte. Ihre Forschungsergebnisse stecken bis heute in jedem batteriebetriebenen Elektroauto. 1901 heiratete sie den Chemikerkollegen und späteren Nobelpreisträger Fritz Haber. Mit der Geburt von Sohn Hermann wurde Clara Immerwahr jedoch aus der aktiven wissenschaftlichen Arbeit gedrängt, während ihr Mann Karriere machte.

Mit Ausbruch des 1. Weltkriegs begann Haber seine Forschungen zum Einsatz von Giftgas — gegen den Protest seiner Frau. Unmittelbar nach dem ersten großen tödlichen Giftgaseinsatz an der Westfront, der tausende von Soldaten tötete, erschoss sich Clara Immerwahr auf der Siegesfeier in der Haberschen Direktorenvilla in Berlin-Dahlem mit der Dienstwaffe ihres Mannes. Auch Sohn Hermann Haber verübte später Selbstmord, ebenso dessen Tochter, Claras Enkeltochter Claire.

Drei Selbstmorde, die sich durch drei Generationen ziehen – an dieser Stelle setzt das Büro für Theatrale Gleichung an. „Man weiß nur wenig über Clara Immerwahr, auch gibt es nur ein einziges Foto von ihr. Sie hat sich aufgelöst unter dem übermächtigen Schatten ihres Mannes“, sagt Regisseurin Maya Fanke, die ihre drei Schauspieler (Gerd Beyer, Helwig Arenz und Barbara Seifert) in ein historisches Zeitraster setzt. In diesem versuchen die Figuren, sich wieder und wieder dem Todesabend des 2. Mai 1915 anzunähern. Clara Immerwahr taucht in den 70 Minuten gar nicht auf, zumindest nicht in Person. Das Stück ist weder eine inszenierte Familiengeschichte noch ein auf eine Schauspielbühne heruntergebrochenes Biopic, sondern trotz historischer Faktenlage im Grunde fiktiv.

Premiere von „IMMER Jenseits der Grenze WA(H)R“ ist am Freitag, 24. April, um 19.30 Uhr im Festsaal des Künstlerhauses, Königstraße 93. Weitere Termine sind der 25., 28., 29. und 30. April, jeweils um 19.30 Uhr.

Zu dem Stück, das Johannes Hoffmann für das von Klaus Naseband und Barbara Seifert neu gegründete Büro für Theatrale Gleichung geschrieben hat, wird es ein begleitendes Symposium geben, das Dramaturg Naseband ins Leben gerufen hat.

Unter der Überschrift „Akademie trifft Theater“ geht es am Premierenfreitag, 24. April, von 15 bis 18 Uhr im Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64, um das Thema „Wissenschaft und Verantwortung“ (Eintritt frei).

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