Traumatisierte Äthiopierin aus Nürnberg soll abgeschoben werden

26.11.2020, 17:55 Uhr
Nach acht Jahren in Deutschland soll die Nürnbergerin in ihr Herkunftsland abgeschoben werden.

© Philipp von Ditfurth/dpa Nach acht Jahren in Deutschland soll die Nürnbergerin in ihr Herkunftsland abgeschoben werden.

"Wir befürchten bei einer Abschiebung ernsthafte gesundheitliche und existenzielle Gefahren", sagt Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Die 31-Jährige habe in dem ostafrikanischen Land weder Familie noch ein soziales Netzwerk. "Bei einer Rückkehr nach Äthiopien können weitere Gewaltanwendungen drohen."

Gedemütigt und geschlagen

Die Frau lebe inzwischen seit acht Jahren in Deutschland. Zuvor war sie von ihrem Heimatland aus nach Dubai geflüchtet, wo sie als Haushaltshilfe gearbeitet hatte. Auch dort soll sie kein Glück gehabt haben, wurde gedemütigt und geschlagen. In Nürnberg wurde sie laut Flüchtlingsrat wegen ihrer Erfahrungen und daraus resultierenden Depressionen und einer Posttraumatischen Belastungsstörung beim Psychosozialen Zentrum betreut. Außerdem lernte sie in der Stadt einen Mann aus Äthiopien kennen. Die beiden haben bereits kirchlich geheiratet.


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Nun sitzt die Frau in Abschiebehaft. Am Donnerstagabend soll sie mit einem Linienflug der Ethiopian Airlines zurück nach Äthiopien gebracht werden, berichten der Bayerische Flüchtlingsrat und Pro Asyl in einer Pressemitteilung. Sie fordern einen generellen Abschiebestopp in das ostafrikanische Land, das von einer instabilen innenpolitischen Situation, gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen geprägt ist. Wegen einer seit 2019 anhaltenden Heuschreckenplage und nicht zuletzt durch die Covid-19-Pandemie wird die Situation noch verschärft.

Asylgesuch abgelehnt

Besonders zynisch wirkt die Entscheidung für die Abschiebung vor dem Hintergrund des "Internationalen Tags Gewalt an Frauen", der am Mittwoch auch in Nürnberg begangen wurde. Trotzdem sieht die Stadt keine Alternative zur Abschiebung. Die Äthiopierin habe mehrere Asylverfahren durchlaufen, alle wurden abgelehnt, sagte Nürnbergs Stadtrechtsdirektor Olaf Kuch dem Bayerischen Rundfunk. Die Ablehnungsbescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) seien mehrfach gerichtlich bestätigt worden.


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Die städtische Ausländerbehörde sei an diese Entscheidungen gebunden und könne diese nicht "korrigieren", heißt es beim BR weiter. Das Bayerische Innenministerium habe den Fall sogar noch einmal geprüft - ohne Beanstandung. Die Abschiebung soll durchgeführt werden.

Ähnliche Fälle sorgen in der Region immer wieder für Kritik. In Nürnberg schaffte es im April der Fall einer Iranerin in die Schlagzeilen, die nach 24 Jahren in Deutschland abgeschoben werden sollte. Zuletzt sorgte der Fall einer Familie aus Forchheim für Aufsehen, die vor zwei Monaten zurück in die Ukraine geschickt wurden.