Trotz Corona: Stadt(ver)führungen sorgen für magische Momente

21.9.2020, 05:53 Uhr
Trotz Corona: Stadt(ver)führungen sorgen für magische Momente

© Foto: Michael Matejka

Der Marienkäfer gilt als Himmelsbote, der Kranke heilt, wenn er ihnen zufliegt. Wer ein vierblättriges Kleeblatt findet, sollte es auf Reisen mit sich führen, um vor Bösem geschützt zu sein – Glück war das zentrale Thema der diesjährigen Stadtverführungen. Ein Motto, das zu der aktuellen Corona-Lage einerseits passt, andererseits damit kollidiert.

In diesem Spannungsfeld hatte die Stadt Nürnberg dennoch ein Programm mit rund 800 Führungen erstellt. Verkauft wurden rund 2100 (von 2500) Türmchen, die zur Teilnahme an beliebig vielen Führungen berechtigten. Zum Vergleich: In Nicht-Corona-Zeiten waren es im Schnitt 4500 bis 4800, 2019 sogar 5000. 12.000 Führungsbesuche verzeichnete das städtische Kultur-Projektbüro bis Sonntag, durchschnittlich 15 Personen pro Führung, wie Organisatorin Diana Meisel erklärte. "Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit der Resonanz", sagt sie. "Vor allem freut uns, dass in diesem Jahr viele jüngere Menschen teilgenommen haben." Masken wurden klaglos getragen – selbst auf dem beschwerlichen Weg zur Burg, zu der die Tour "Glücksbringer zwischen Pest und Corona" von Goldenguide führte.

Dort konnten die Teilnehmer eine Münze in den Glück bringenden Margarethenbrunnen werfen. Zuvor lernten sie vor Dürers Geburtshaus, dass in Zeiten der Pest Kräuter in einer Pestmaske oder in silbernen Bisamäpfeln, die an einer Kette getragen wurden, vor dem Pesthauch schützen sollte, von dem man glaubte, er steige aus der Erde auf.

Wer sich selbst auf die Suche nach dem Glück machen will, kann mal schauen, ob er in der Lorenzkirche St. Rochus, den Schutzheiligen der Pestkranken, findet. Oder ob er zwischen den Chimären am Schönen Brunnen, die für das Übel stehen, den goldenen Storch entdeckt – ein Symbol für die Rückkehr des Lebens nach der Pest. Am Ring, dem Glücksbringer des Brunnens, den fast jeder kennt, kann man trotz Corona bedenkenlos drehen, denn Messing, Kupfer und Silber wirken desinfizierend, solange es nicht angelaufen ist. Auch deswegen sind Griffe an Apotheken und Kaufhäusern oft aus Messing.

Fürs Gedächtnis:

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass (meist ältere Menschen) beim Spazierengehen stehenbleiben, wenn sie etwas erzählen wollen? Wer das tut, sollte sein Gedächtnis ein wenig trainieren. Wie das geht, zeigte Karin Rötzer bei ihrer Führung "Denken im Gehen". Dafür kann man zum Beispiel alltägliche Substantive zu Berufen erklären – die Begleiter müssen sich dann überlegen, was so ein "Gaskocher" macht oder ein "Dachreiter".

In unserem Fall kochte der Gaskocher buntes Gas und packte es in Gläser, auf dass es den Menschen in dunklen Zeiten Freude bereitet. Der Dachreiter wiederum trug mit seinen Dachreiterkollegen hoch auf dem Dachfirst einen Wettkampf um die akrobatisch herausragendste Leistung aus.

Trotz Corona: Stadt(ver)führungen sorgen für magische Momente

© Foto: Claudia Urbasek

Wer sein Gedächtnis trainieren will, kann auch seinem Begleiter ein Rätsel stellen: Welches Märchen verbirgt sich hinter dem nadelschwingenden Massenmörder oder wer war der die Unwahrheit liebende Adlige? Und welchen Beruf übt aus, wer Kinderspielzeug tritt und auch noch Geld dafür bekommt, und welche Profession umschreibt das große Leid im Flächenmaß? (Die Lösungen gibt es am Ende dieses Textes.) Man kann sein Gedächtnis leicht trainieren, indem man als Rechtshänder einfach mal alles mit links macht beziehungsweise umgekehrt. Und für alle Schüler hat die Referentin auch einen Tipp: Vor dem Lernen Bewegung, danach Ruhe – dann bleibt das Gelernte besser im Kopf.

Bei Karin Rötzer funktioniert das Rezept Gehen und Denken – mit ihren 80 Jahren gibt sie immer noch Gedächtnistraining in der Diakonie in Fürth. In Nürnberg ist sie ab Mai 2021 zu Gast, dann kann man sich von ihr im Südpunkt (BZ) zum Gedächtnistrainer ausbilden lassen.

Für die Liebe:

Die Liebe hat es in Zeiten von Corona auch nicht leicht. Doch um die Zweisamkeit etwas zu beleben, zeigte Gabriele Kühne-Winkel, wie die erotische Küche wieder Schwung in die Beziehung bringt – und damit die Glückshormone in Wallung. So schwor schon Agnes Dürer auf Süßes, um ihren Albrecht anzuregen. Reichte das nicht, gab es den Trunk der Leidenschaft: eine Mischung aus Ingwer, Zimt, Basilikum, Rot- und Weißwein. Allerdings sollte Frau vorausschauend planen, das Ganze muss zwei Wochen ziehen.

Und, wer hätte das gedacht: Dass Meerrettich in Franken so beliebt ist, liegt vielleicht auch an seiner Fähigkeit, durch seine Aromastoffe anregend zu wirken. Gleiches gilt übrigens für den Senf. Und der Erfolg der Lebkuchen liegt offenbar nicht nur im Geschmack: Fast sämtliche darin verwendeten Gewürze stärken das Verlangen. Wenn bei der Liebe zudem ein Kind herauskommen soll, sind Möhren ein Geheimtipp. Sie sollen die Zeugungsfähigkeit erhöhen.

In historischen Quellen steht vor allem die männliche Lust im Mittelpunkt. Aber auch für die Frauen gibt es Frucht für die Lust: den Granatapfel und die Aprikose.

Und klappt es mit dem Liebsten nicht, bleibt ihnen noch die Schafgarbe. Sie heilt gebrochene Herzen. Und legt die Frau sich das Kraut auf die Augen, soll sie sehen, wer an sie denkt – am Ende vielleicht sogar ein neuer Partner.

Hier noch die Lösung zum Gedächtnisrätsel: Der Massenmörder ist das tapfere Schneiderlein. Der Lügner ist Baron Münchhausen und die Berufe der Profifußballer und der Notar.

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