Umfrage: In jedem von uns steckt ein Talent

Nürnberg - Claus Graber hat seinen Traum verwirklicht. «Früher war ich nur der Pausenclown, heute kann ich ein berufsmäßiger Narr sein», sagt der 44-jährige Nürnberger. Dass er sein Talent, Leute zu bespaßen, zum Beruf machen konnte, betrachtet er als großes Glück. Seit 15 Jahren tritt Graber inzwischen als Feuerkünstler und Jongleur auf. Nicht jeder bekommt freilich die Chance, sein Talent wirksam zu vermarkten oder gar durch eine TV-Show groß raus zu kommen. Und doch schlummert in jedem von uns ein verstecktes Talent. Die NZ hat sich auf «Talentsuche» begeben.

«Talente?» Manfred Schmeußer lacht. «Hab ich doch keine!» Seine Ehefrau Christa sieht das ein wenig anders. «Doch, doch, mein Mann kann Leute total gut unterhalten», verrät sie. «Und er ist handwerklich sehr begabt», erklärt die Rentnerin stolz. Ob Reparaturen am Auto, Schreinerarbeiten oder Maurertätigkeiten – dem 70-jährigen Nürnberger sei nichts zu schwer, erfährt man. Für Talentshows im TV hat er jedoch wenig übrig. «So was schauen wir uns nicht an, das is doch ’ne reine Katastrophe», winkt er ab.

Ab und zu, gesteht Sabrina Gegner, schaltet sie schon die Glotze ein, wenn mal wieder eine der zahlreichen Castingshows läuft. Sie selbst hat eher sportliches Talent vorzuweisen. «Ich kann Einrad fahren», erzählt die 14-Jährige und ergänzt schmunzelnd: «Vorwärts und rückwärts!» Neben Talent, sagt sie, braucht man dazu aber noch andere Qualitäten: «Da kommt es auf Gleichgewicht und Koordination an», meint die Schülerin.

Ob er ein verstecktes Talent besitzt, vermag Moritz Sand nicht zu beurteilen. Kumpel Rico findet dagegen schon, dass sein Freund Talent hat. «Er kann seine Kopfhaut extrem bewegen», erklärt Rico und fordert Moritz zu einer Kostprobe auf. Und tatsächlich scheint dessen Kopfhaut ein Eigenleben zu führen.

Stefanie Haubold muss erst ein bisschen nachdenken, bevor sie ihr verstecktes Talent entdeckt. «Ich habe immer schon gerne und viel gezeichnet und ein Faible für Geometrie», erzählt die 21-Jährige. Nicht zuletzt deshalb hat sie sich auch zu einem Architekturstudium entschieden. «Wir müssen immer wieder Modelle bauen; dafür braucht man ein Gespür für Proportionen, viel Geduld und Fingerspitzengefühl.»

Nicht lange überlegen muss Sabine Trennert auf die Frage nach ihrem Talent. Die 43-Jährige spielt seit 15 Jahren Theater, wird demnächst in einer Hauptrolle des Theater 4 zu sehen sein. «Das Theaterspielen wird mehr und mehr zu meinem großen Traum», schwärmt die Nürnbergerin, die hauptberuflich als Mediengestalterin tätig ist. Bei einer Talentshow mitzuwirken, um berühmt zu werden, käme ihr dennoch nie in den Sinn. «Ich finde, das ist Bullshit, und das ist noch nett ausgedrückt», meint Sabine Trennert. «In diesen Sendungen werden Emotionen derart vorgeführt, das grenzt schon an widerlichen Voyeurismus.»

Auch für Tom Tack käme eine Teilnahme bei einer Show à la «Supertalent» nie infrage. «Außerdem kenne ich mein Talent ja schon und muss es nicht noch entdecken.» Und er kann sogar davon leben. Seit 20 Jahren tritt er als Alleinunterhalter auf den verschiedensten Veranstaltungen auf, zaubert, erzählt Geschichten und schneidet Grimassen «Das ist es, was ich immer machen wollte.» Gelernt hat Tack vor vielen Jahren einmal den Beruf des Flächenbeschichtungstechnikers, bevor er sich aus dem spröden Alltag verabschiedete. «Das ist ein echtes Privileg. Denn viel zu wenige Menschen können das verwirklichen, was ihnen als Talent in die Wiege gelegt wurde.»