Umfrage: Was bedeutet den Nürnbergern eigentlich Arbeit?

29.4.2017, 17:42 Uhr
Eigentlich müsste Gerd Schmelzer schon lange nicht mehr arbeiten. Der Bauern- und Schreinersohn aus Ketteldorf hat eine derart steile Karriere hingelegt, dass er sich mit seinen mittlerweile 65 Jahren garantiert keine Sorgen mehr um seine Altersvorsorge machen muss – und dennoch liegt er nicht am karibischen Strand, sondern sitzt in seinem Büro mit Blick auf den Wöhrder See ("da kann man die Leute so schön beim Bootfahren beobachten"). Warum aber setzt er sich nicht zur Ruhe? "Arbeit gibt dem Leben Inhalt", sagt er. Noch immer habe er Freude daran und Lust darauf, so Schmelzer. "Ich kann mit Kollegen zusammenarbeiten, Menschen fördern, mich selbst verwirklichen", sagt der Immobilienunternehmer, "und das mache ich alles leidenschaftlich gerne."
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Gerd Schmelzer

Eigentlich müsste Gerd Schmelzer schon lange nicht mehr arbeiten. Der Bauern- und Schreinersohn aus Ketteldorf hat eine derart steile Karriere hingelegt, dass er sich mit seinen mittlerweile 65 Jahren garantiert keine Sorgen mehr um seine Altersvorsorge machen muss – und dennoch liegt er nicht am karibischen Strand, sondern sitzt in seinem Büro mit Blick auf den Wöhrder See ("da kann man die Leute so schön beim Bootfahren beobachten"). Warum aber setzt er sich nicht zur Ruhe? "Arbeit gibt dem Leben Inhalt", sagt er. Noch immer habe er Freude daran und Lust darauf, so Schmelzer. "Ich kann mit Kollegen zusammenarbeiten, Menschen fördern, mich selbst verwirklichen", sagt der Immobilienunternehmer, "und das mache ich alles leidenschaftlich gerne." © Sportfoto Zink / DaMa

"Arbeit spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben, weil ich meinen Beruf sehr gern mag“, sagt Pfarrer Bernd Reuther von der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche. "Zudem habe ich den Luxus, dass ich innerhalb des kirchlichen Bereichs wechseln könnte, wenn ich mich so unwohl fühlen würde, dass ein Viertel des Gehaltes nur noch Schmerzensgeld wäre." Das sei aber nicht der Fall. "Ich habe eine hohe Verantwortung und kann sehr viel gestalten." Der Vesperkirchen-Chef spricht vom Gefühl der "Selbstwirksamkeit", das er empfinde, und das er auch gesellschaftlich für bedeutsam hält. "Ich glaube, dass diese Erfahrung der Selbstwirksamkeit für Menschen ganz wichtig ist, und wenn sie sich mit Arbeit verbindet, ist das toll.
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Bernd Reuther

"Arbeit spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben, weil ich meinen Beruf sehr gern mag“, sagt Pfarrer Bernd Reuther von der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche. "Zudem habe ich den Luxus, dass ich innerhalb des kirchlichen Bereichs wechseln könnte, wenn ich mich so unwohl fühlen würde, dass ein Viertel des Gehaltes nur noch Schmerzensgeld wäre." Das sei aber nicht der Fall. "Ich habe eine hohe Verantwortung und kann sehr viel gestalten." Der Vesperkirchen-Chef spricht vom Gefühl der "Selbstwirksamkeit", das er empfinde, und das er auch gesellschaftlich für bedeutsam hält. "Ich glaube, dass diese Erfahrung der Selbstwirksamkeit für Menschen ganz wichtig ist, und wenn sie sich mit Arbeit verbindet, ist das toll. © Thomas Karl Meissner

Ulli Schneeweiß denkt, dass Arbeit "zunächst die Funktion der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz besitzt". Das gelte für ihn, der bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) tätig ist, genauso wie für eine Reinigungskraft oder einen Manager. "Insofern ist es falsch, wenn Arbeit oft als Wert an sich betrachtet wird. Auch ist die Aussage falsch, jede Arbeit sei besser als keine, da nicht jede Arbeit eine menschenwürdige Existenz sicherstellt", meint der 53-Jährige. Doch arbeiten bedeute auch, "etwas zu bewirken". Der Gewerkschaftssekretär, der bei ver.di unter anderem die Erwerbslosen betreut, betont, dass ein solcher Begriff von Arbeit nicht an Erwerbs arbeit gebunden sei: "Viele Erwerbslose oder Rentner arbeiten sehr intensiv in Ehrenämtern, ohne hierfür einen Cent zu erhalten." Wenn sich auskömmliches Einkommen und Sinnstiftung verbinden, sei dies optimal.
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Ulli Schneeweiß

Ulli Schneeweiß denkt, dass Arbeit "zunächst die Funktion der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz besitzt". Das gelte für ihn, der bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) tätig ist, genauso wie für eine Reinigungskraft oder einen Manager. "Insofern ist es falsch, wenn Arbeit oft als Wert an sich betrachtet wird. Auch ist die Aussage falsch, jede Arbeit sei besser als keine, da nicht jede Arbeit eine menschenwürdige Existenz sicherstellt", meint der 53-Jährige. Doch arbeiten bedeute auch, "etwas zu bewirken". Der Gewerkschaftssekretär, der bei ver.di unter anderem die Erwerbslosen betreut, betont, dass ein solcher Begriff von Arbeit nicht an Erwerbs arbeit gebunden sei: "Viele Erwerbslose oder Rentner arbeiten sehr intensiv in Ehrenämtern, ohne hierfür einen Cent zu erhalten." Wenn sich auskömmliches Einkommen und Sinnstiftung verbinden, sei dies optimal. © Wolfgang Heilig-Achneck

Ein Arbeitstag von Michael Reichelt sieht so aus: Ab acht Uhr erledigt er Kurierfahrten, meist bringt er dringende Ersatzteile zu Firmen. "Das sind elf, zwölf Aufträge", sagt der 55-Jährige, "ich versuche, so viele wie möglich zu machen. Viel bleibt aber nicht hängen." Nebenbei kauft er Waren für seinen Kiosk ein, der im Luitpoldhain steht, dort, wo der Zugang zum Volksfest ist. Ab Mittag sitzt er bis abends um sieben in seinem Kiosk, manchmal bis 21 Uhr. Gelernt hat Michael Reichelt eigentlich Metzger, er hat lange in seinem Beruf gearbeitet, "aber dann hat sich nichts mehr ergeben". Schließlich sattelte er um. Viele Jahre verkaufte er Eis, Kaffee und Süßigkeiten am Wöhrder See, bis die Stadt größere Pläne hatte mit dem Platz neben dem Strand und er in den Luitpoldhain ziehen musste. Dort läuft das Geschäft nicht so gut, dennoch möchte er in seinem Kiosk an der Münchener Straße bleiben. Das stressige Fahren würde er gerne aufgeben, das kann er sich aber nicht leisten. Froh ist er trotzdem: "Einen eigenen Kiosk zu haben, das war schon immer mein Traum!"
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Michael Reichelt

Ein Arbeitstag von Michael Reichelt sieht so aus: Ab acht Uhr erledigt er Kurierfahrten, meist bringt er dringende Ersatzteile zu Firmen. "Das sind elf, zwölf Aufträge", sagt der 55-Jährige, "ich versuche, so viele wie möglich zu machen. Viel bleibt aber nicht hängen." Nebenbei kauft er Waren für seinen Kiosk ein, der im Luitpoldhain steht, dort, wo der Zugang zum Volksfest ist. Ab Mittag sitzt er bis abends um sieben in seinem Kiosk, manchmal bis 21 Uhr. Gelernt hat Michael Reichelt eigentlich Metzger, er hat lange in seinem Beruf gearbeitet, "aber dann hat sich nichts mehr ergeben". Schließlich sattelte er um. Viele Jahre verkaufte er Eis, Kaffee und Süßigkeiten am Wöhrder See, bis die Stadt größere Pläne hatte mit dem Platz neben dem Strand und er in den Luitpoldhain ziehen musste. Dort läuft das Geschäft nicht so gut, dennoch möchte er in seinem Kiosk an der Münchener Straße bleiben. Das stressige Fahren würde er gerne aufgeben, das kann er sich aber nicht leisten. Froh ist er trotzdem: "Einen eigenen Kiosk zu haben, das war schon immer mein Traum!" © Dominik Heinz

"Für mich ist mein Beruf auch zugleich Berufung", sagt Christiane Alberternst. Die FDP-Stadträtin ist Psychologin und angehende Psychotherapeutin und findet es "befriedigend, den Menschen zu helfen". Auf der gesellschaftlichen Ebene betont sie die sinnstiftende Funktion von Arbeit. "Man definiert sich und andere ja auch sehr über das, was sie arbeiten. Das ist immer eine der ersten Frage: ,Was machst du?‘" Als Liberale findet die 44-Jährige zudem den Aspekt des Geldverdienens wichtig, denn das bringe einfach auch Selbstständigkeit. "Von diesen Punkten Selbstständigkeit, Sinnstiftung und Selbstdefinition kann man sich philosophisch dann wunderbar weiterhangeln", findet Alberternst. Der 1. Mai ist hierfür vielleicht ein guter Anlass.
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Christiane Alberternst

"Für mich ist mein Beruf auch zugleich Berufung", sagt Christiane Alberternst. Die FDP-Stadträtin ist Psychologin und angehende Psychotherapeutin und findet es "befriedigend, den Menschen zu helfen". Auf der gesellschaftlichen Ebene betont sie die sinnstiftende Funktion von Arbeit. "Man definiert sich und andere ja auch sehr über das, was sie arbeiten. Das ist immer eine der ersten Frage: ,Was machst du?‘" Als Liberale findet die 44-Jährige zudem den Aspekt des Geldverdienens wichtig, denn das bringe einfach auch Selbstständigkeit. "Von diesen Punkten Selbstständigkeit, Sinnstiftung und Selbstdefinition kann man sich philosophisch dann wunderbar weiterhangeln", findet Alberternst. Der 1. Mai ist hierfür vielleicht ein guter Anlass. © Hagen Gerullis

Als Chefin der Arbeitsagentur Nürnberg beschäftigt sich Elsa Koller-Knedlik mit Arbeit in allen Facetten. Zum einen sichere Arbeit die Existenz. Ein höheres Einkommen erhöhe die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten – wichtig vor allem für Frauen. "Mit einem eigenen Einkommen sind sie unabhängig von einem Mann, vom Staat, von irgendjemandem." Aber Arbeit sei mehr als nur Geldverdienen: "Die Tätigkeit in einer bestimmten beruflichen Branche bindet ein in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt. Man hat in einer Gemeinschaft einen Platz in einem Team oder in einer Organisation." Hat man Glück, wirke Arbeit persönlich sinnstiftend und verhelfe zur Selbstverwirklichung. Koller-Knedlik scheint dieses Glück gefunden zu haben: "Ich persönlich mag das Erleben von Professionalität im Beruf", sagt sie, "und die täglichen kleinen Erfolgserlebnisse."
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Elsa Koller-Knedlik

Als Chefin der Arbeitsagentur Nürnberg beschäftigt sich Elsa Koller-Knedlik mit Arbeit in allen Facetten. Zum einen sichere Arbeit die Existenz. Ein höheres Einkommen erhöhe die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten – wichtig vor allem für Frauen. "Mit einem eigenen Einkommen sind sie unabhängig von einem Mann, vom Staat, von irgendjemandem." Aber Arbeit sei mehr als nur Geldverdienen: "Die Tätigkeit in einer bestimmten beruflichen Branche bindet ein in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt. Man hat in einer Gemeinschaft einen Platz in einem Team oder in einer Organisation." Hat man Glück, wirke Arbeit persönlich sinnstiftend und verhelfe zur Selbstverwirklichung. Koller-Knedlik scheint dieses Glück gefunden zu haben: "Ich persönlich mag das Erleben von Professionalität im Beruf", sagt sie, "und die täglichen kleinen Erfolgserlebnisse." © privat

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