Unfälle im Wald: "Das Tödliche ist die Routine"

29.3.2017, 06:14 Uhr
Unfälle im Wald:

© ToMa

"Das machen mittelständische Lohnunternehmer mit ihren Harvestern für uns. Die können das billiger leisten", erklärt Hendrik van’t Sant, Servicestellenleiter des Forstbetriebs Nürnberg, der für die 24.000 Hektar des Nürnberger Reichswalds zuständig ist. Nur wo manuelle Forstarbeit nötig ist, werden die Mitarbeiter des Forstbetriebs eingesetzt.

In und auf den Bäumen lasten ungeheure, oft unvorhersehbare Kräfte. Da schlagen plötzlich schon am Boden liegende Stämme aus, wenn sie durchtrennt werden. Da kommen Stammabschnitte auf einmal schon bei minimaler Neigung ins Rollen und werden zur tonnenschweren Gefahr. Und da wird schon auch einfach mal der vorgeschriebene Sicherheitsabstand nicht eingehalten.

"Das Tödliche ist die Routine, wenn man sich der Gefahr nicht mehr bewusst ist. Gefährlich ist es auch, wenn es auf Feierabend zugeht, wenn man sagt: Ach, den Baum schaff’ ich auch noch", meint Norbert Zollet, Revierleiter in Nürnberg-Altenfurt.

"Ich habe keine großen sozialen Skrupel, Maschinen statt Menschen einzusetzen. Schließlich ist die Holzernte extrem gefährlich. In den letzten zehn Jahren hatten wir hier acht schwere Arbeitsunfälle, einer davon tödlich - und das bei gerade mal 26 Mitarbeitern, die in der Holzernte tätig sind", verdeutlicht van't Sant.

Waldarbeiter künftig mit dem Pflanzen und der Pflege beschäftigt

Gefährliche Aufräumarbeiten Forstarbeit ist eigentlich eine Sache für Profis. Gerade das Aufräumen nach Stürmen sollte man Experten und Maschinen überlassen. Im Jahr 2014 gab es laut Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau bei der Waldarbeit in Deutschland 5700 Arbeitsunfälle, davon 31 tödlich. Besonders häufig verletzten sich dabei die über 65-Jährigen.

Servicestellenleiter van't Sant geht davon aus, dass die Waldarbeiter in Zukunft deutlich weniger in der Holzernte arbeiten werden und sich mehr ums Pflanzen, die Pflege von Jungbeständen und den Schutz vor Wildverbiss kümmern.

Derzeit findet die Frühlings-Pflanzaktion statt, 80.000 Jungbäume werden nun in den Boden gesteckt. Darunter sind auch viele Tannen. Denn mit dieser Pflanzsaison haben die Bayerischen Staatsforsten die "Tannenoffensive" ausgerufen, durch die sie den Anteil der Baumart im Freistaat von derzeit gerade mal zwei auf sechs Prozent erhöhen wollen.

Viel Tannenholz in Nürnberg verbaut

Die Tannen braucht man so dringend, weil trotz des Waldumbaus auch in Zukunft noch Nadelholz benötigt wird. Laubbäume lassen sich kaum als Bauholz verwenden. Einstmals gab es viel mehr Tannen im Reichswald. Das sieht man auch an den historischen Gebäuden in Nürnberg, in denen viel Tannenholz verbaut ist. Doch dann gab es lange Zeit sehr viel Wild im Reichswald - und die schmackhaften Tannen werden eben sehr viel häufiger verbissen als andere Bäume.

Noch muss man die wenigen Tannen im Reichswald suchen. Und doch gehört ihnen die Zukunft. "Die Tanne wurzelt tief, ist wärmetolerant und kommt mit der Klimaveränderung gut zurecht", erklärt van’t Sant.

50 Prozent der gepflanzten Bäume sind allerdings Buchen, immerhin noch 20 Prozent Eichen. Auf Tannen und Erlen entfallen mehr als zehn Prozent, dann folgen Berg- und Spitzahorn, Lärchen und andere Baumarten. "Birken pflanzen wir grundsätzlich nicht. Die kommen überall von allein", sagt van’t Sant. Pro Jahr werden im Reichswald 133.000 Festmeter Holz eingeschlagen, 145.000 Festmeter wachsen hinzu. Die vorhandene Holzmasse wird also jedes Jahr größer.

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