Urteil im S-Bahn Prozess: Jugendliche müssen in Haft

18.12.2019, 16:27 Uhr
Der Prozess fand wegen des jugendlichen Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

© Stefan Hippel Der Prozess fand wegen des jugendlichen Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth verurteilte die beiden Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren und drei Monaten. Das berichtet Justizsprecher Friedrich Weitner, der das aus Jugendschutzgründen nichtöffentlich geführte Verfahren für die Presse verfolgt hat.

Demnach betonte Dieter Weidlich, der Vorsitzende der Kammer, dass von der Gruppe der beiden getöteten Jugendlichen keinerlei Aggression ausgegangen sei. Das Gericht sei davon überzeugt, dass sich der Angeklagte K. am nicht geöffneten Rucksack eines der getöteten Jugendlichen zu schaffen gemacht habe. Darauf angesprochen hätte der Angeklagte K. aggressiv und provokativ reagiert. Die beiden späteren Opfer hätten sich ruhig verhalten und versucht, die Situation zu beschwichtigen. Später sei es aus welchem Grund auch immer zu einer Eskalation der Auseinandersetzung gekommen, bei der die Angeklagten die beiden Jugendlichen in das Gleisbett geschubst haben. Ein weiterer Zeuge, der ebenfalls ins Gleisbett gefallen war, konnte sich noch retten.


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Die zentrale Frage in dem Verfahren war, ob die Angeklagten mit Tötungsvorsatz gehandelt haben oder nicht. Die mittlerweile 18-Jährigen räumten die Tat ein - bestritten aber, dass sie die Jugendlichen bewusst vor den Zug gestoßen haben. Für ein bewusstes Schubsen hätte sich die Kammer davon überzeugen müssen, dass die beiden Angeklagten den Zug wahrgenommen haben - und genau daran hat sie Zweifel. Die Angeklagten seien mit der körperlichen Auseinandersetzung beschäftigt gewesen und hätten nicht auf etwaige Züge oder Warnsignale geachtet.

Kein bewusster Tötungsvorsatz festgestellt

Die Kammer habe keinen bewussten Tötungsvorsatz aber auch kein billigendes in Kauf nehmen des Todes feststellen können. Rechtlich liege daher eine Körperverletzung mit Todesfolge vor. Im Hinblick auf den Tod hätten die beiden Angeklagten grob fahrlässig gehandelt.

Die Kammer zeigte sich aber auch erschüttert über das Verhalten der Bahn, die auch nach dem Vorfall keine Maßnahmen ergriffen habe. Es wäre ohne weiteres möglich, etwa Lautsprecherdurchsagen zu machen, die vor durchfahrenden Zügen warnen.


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Die Vertreter der Nebenklage hatten eine Verurteilung wegen Totschlags und höhere Strafen gefordert. Die Staatsanwaltschaft hatte auf Körperverletzung mit Todesfolge plädiert und für die Angeklagten Jugendstrafen von drei Jahren und neun Monaten bzw. vier Jahren und fünf Monaten beantragt. Die Verteidiger der beiden 18-Jährigen forderten Jugendstrafen von höchstens zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.