VAG reißt einsturzgefährdete Dächer sofort ab

2.8.2014, 06:00 Uhr
VAG reißt einsturzgefährdete Dächer sofort ab

© Eduard Weigert

„Pilzköpfe“ wurden die Frisuren der Beatles in den 60er Jahren genannt. Auch die VAG verwendet intern den Begriff. Allerdings für Dächer, die an Haltestellen den Fahrgästen Schutz vor Regen bieten. Doch diese sind zur Gefahr geworden: Der Zahn der Zeit hat an den Pilzköpfen aus den 70er Jahren genagt, der Kunststoff der Dächer ist rissig, die Statik unsicher und die Substanz marode geworden.

Landauf und landab sind kommunale Verwaltungen sensibler geworden — nach der Katastrophe in Bad Reichenhall und dem anschließenden juristischen Nachspiel. In der oberbayerischen Stadt ist am 2. Januar 2006 das Dach einer Eishalle eingestürzt. Die Materialermüdung war so weit fortgeschritten, dass es der Schneelast nachgab. Die Folge: Zwölf Kinder und drei Erwachsene sind dabei ums Leben gekommen.

Im Dezember 2012 schlugen Gutachter der VAG Alarm: Nach einer Prüfung stellten sie fest, dass an der Haltestelle Maximilianstraße die Überdachung erhebliche Schäden aufwies. Ein ähnliches Bild gaben die Pilzköpfe am Plärrer ab. Im Eilverfahren ließ das Verkehrsunternehmen das altersschwache Dach an der Maximilianstraße provisorisch sichern. Ein Baugerüst wurde darunter aufgestellt, es sollte Passanten vor herabfallenden Teilen schützen.

Bis dato stand das Gerüst, so lange hat laut VAG die Schadensanalyse durch externe Sachverständige gedauert. Das Ergebnis liegt nun vor: Der seinerzeit beim Bau der Pilzköpfe verwendete glasfaserverstärkte Kunststoff und die tragende Konstruktion weisen altersbedingt „erhebliche Mängel“ auf. Die VAG sieht sofortigen Handlungsbedarf und lässt die Pilzköpfe an der Maximilianstraße und am Plärrer über den Bahnsteigen der Straßenbahnhaltestellen abreißen.

Unbrauchbare Variante

Einen Ersatz wird es vorerst nicht geben. Fahrgäste müssen bei Regen für eine unbestimmte Zeit ohne schützendes Dach auskommen, so VAG- Sprecherin Elisabeth Seitzinger: „Sicherheit geht vor Wetterschutz.“ Am Plärrer haben die Menschen die Möglichkeit, unter die feste Betonüberdachung der U-Bahn-Aufgänge zu schlüpfen. „Das ist nicht ideal, aber auch nicht zu ändern.“

Geprüft haben die Fachleute auch eine provisorische Lösung mit Trapezblech. Herausgestellt habe sich allerdings, dass diese Variante aus statischen Gründen ungeeignet sei. „Wir brauchen eine Lösung, bei der kein Baurecht nötig ist“, so die Sprecherin.

Was passiert aber bei einem Unwetter mit möglichen Wassermengen, die in die Tiefgeschosse eindringen? Dafür, so Seitzinger, sind die U-Bahnhöfe mit Hebeanlagen ausgerüstet — technische Vorrichtungen, die das Abwasser ableiten oder auf ein höheres Niveau pumpen, um es in die Kanalisation zu führen.

Doch stehen im Stadtgebiet noch mehr dieser Pilzköpfe an Haltestellen: Langwasser-Süd, Schweinau und Rothenburger Straße. Gefahr geht laut Seitzinger von diesen Überdachungen derzeit nicht aus. „Mittelfristig müssen aber auch diese Dächer aus Altersgründen entfernt werden.“ Eigentümerin der Bahnanlagen ist aber nicht die VAG, sondern die Stadt. Die muss für die Kosten von Reparaturen und Erneuerungen aufkommen.

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