VAG-Werkstatt: Seltene Oldtimer bald obdachlos?

15.4.2019, 10:35 Uhr
VAG-Werkstatt: Seltene Oldtimer bald obdachlos?

Blank poliert und sorgfältig in Szene gesetzt: So machen Oldtimer in Museen etwas her. Bei einem Nürnberger Verein stehen sie dagegen auf engste zusammengedrängt, manchmal in jämmerlichem Zustand, zum Teil halb restauriert – oder nach langen Bemühungen in frischem Glanz. "Wir sammeln, was andere wegwerfen", sagt Ulrich Pechmann, der erste Vorsitzende der 1976 gegründeten Interessengemeinschaft Museum für Industriekultur und Verkehr (IGMIV).

Obwohl es längst renommierte Sammlungen für bedeutende Zeugnisse der Technikgeschichte gibt, halten sich die Oldtimer-Fans keineswegs für überflüssig. Denn es gibt, nach ihrer Überzeugung, viel mehr Erhaltenswertes als bisher ausgestellt oder in Depots verwahrt.

Was also tun mit der alten Teerwalze, dem ausgedienten Schneepflug und dem Gabelstapler-Oldtimer? Und vor allem: Wohin damit, wenn der Verein mit seinen aktuell 70 Mitgliedern womöglich sein Domizil verliert? Seit gut 30 Jahren nutzt er die einstige Omnibus-Werkstatt der VAG an der Ecke Amberger-/Nopitschstraße, die es nun womöglich wieder selbst beansprucht. Wer an dem Freigelände vorbeikommt, hat sich vielleicht schon gewundert, was es mit dem Sammelsurium ausgedienter Gefährte auf sich hat. Die indes keineswegs bloß vor sich hinrosten, sondern wo immer möglich vor weiterem Verfall bewahrt und aufbereitet werden. Wieder einsatzfähig gemacht worden seien hier, so Pechmann, auch die Oldtimer-Busse, die von der VAG etwa in der Blauen Nacht eingesetzt werden.

"Oft geraten Arbeiten ins Stocken"

VAG-Werkstatt: Seltene Oldtimer bald obdachlos?

Die alte Werkshalle ist für den Vereinsbetrieb geradezu ideal: Entstanden war sie einst Ende der 20er-Jahre. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, zog man sie in aller Eile wieder hoch. Bis 1988 wurden hier Linienbusse gepflegt und bei Bedarf repariert. Seither scheint hier die Zeit fast stehengeblieben: Türen und Treppen, Leitungen und Sicherungen, Schilder und Schalter hatten schon antiquarischen Wert, als die VAG die Halle aufgab. Immerhin hat der Verein zum Beispiel die Oberlichter und den großen Laufkran von 1948 in Schuss gehalten – anders könnten die aktiven Mitglieder ihre Lieblingsstücke, die sie in ihrer Freizeit aufzumöbeln versuchen, kaum bewegen.

"Oft geraten Arbeiten ins Stocken, weil keine passenden Ersatzteile aufzutreiben sind", gibt René Stoltze zu bedenken. Als Karosseriebau-Meister und Autosattler ist er auch als Profi beteiligt. Für eine Generalinstandsetzung sind locker 1000 Arbeitsstunden zu veranschlagen, manchmal das Doppelte. Erst vor drei Wochen habe er nach jahrelanger Suche passende Scheinwerfer für den "ältesten erhaltenen" Tempo Matador aufgetrieben, berichtet Pechmann.

Verein treibt Sorge um

Und neue Gummi-Isolierungen für einen VW vom Typ "Fridolin" des früheren Fernmeldeamtes. "Jeder von uns fahndet nach entsprechenden Raritäten im Internet", sagt der technisch begeisterte Pensionär, der immer schon einen Ausgleich zu seinem früheren Büroberuf gesucht hatte. Mancher Schatz schlummert hier buchstäblich im letzten Winkel, etwa eine alte "grüne Minna". Gesammelt werden aber auch Objekte wie historische Wegweiser oder Bremstechnik-Modelle für Fahrschulen. Und gerade erst brachte der langjährige Besitzer ein nahezu unverändert erhaltenes Fahrrad von 1949 vorbei.

Nun aber treibt den Verein die Sorge um, dass seine Tage in der Liegenschaft gezählt sein könnten – weil die VAG, so wird gemunkelt, das Areal für eigene Zwecke benötigen könnte. Eine Stellungnahme des Unternehmens auf eine entsprechende Anfrage der Redaktion lässt allerdings seit Tagen auf sich warten. Das zentrale Problem: Andere Hallen in vergleichbarer Dimension und Ausstattung gibt es in der gesamten Region praktisch nicht mehr. Und angesichts der Konkurrenz um Grundstücke und Flächen sind andere Liegenschaften, die womöglich in Frage kämen, selbst zur Miete schier unerschwinglich.

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