Von der Eis-Arena zur HCE-Halle: Verwandlung über Nacht

9.11.2014, 19:17 Uhr
Es ist ein knallharter Job, die Arena in Nürnberg innerhalb von einer Nacht von einer Eis-Arena in eine Handball- oder Konzerthalle zu verwandeln.

© Timo Schickler Es ist ein knallharter Job, die Arena in Nürnberg innerhalb von einer Nacht von einer Eis-Arena in eine Handball- oder Konzerthalle zu verwandeln.

Tobias Zeltner führt aufs Glatteis. Nein, „keine Sorge, ist nicht rutschig“, sagt der 31-Jährige. Ein Paar Schuhe mit Profil sind trotzdem empfehlenswert. Aber tatsächlich: Das Eis in der großen Halle der „Arena Nürnberger Versicherung“ ist so glatt nicht. Dafür haben die Kufen hier schon an genügend Stellen einen kleinen Schneefilm auf der Eisfläche hinterlassen.

Es ist Freitag, 23.30 Uhr. Vor eineinhalb Stunden sind die Cracks des EHC 80 hier noch dem Puck hinterhergejagt. Übriggeblieben vom Eishockeyspiel ist eine einsame Hartgummischeibe, die mitten auf der weißen Fläche liegt. Und natürlich: das Eis selbst. Wegen der Eisfläche ist auch Tobias Zeltner, Medientechniker der Arena, noch vor Ort. Denn in 20 Stunden, also am Samstagabend, soll hier wieder Sport betrieben werden. Allerdings Handball-Bundesliga — auf einem Hallenboden.

Glaswände werden entfernt

Wohin also mit dem Eis? Eine Frage, die sich nicht stellt. Denn „das Eis bleibt, wo es ist“, lüftet Zeltner das Geheimnis. Tatsächlich präsentiert der HC Erlangen, seit diesem Jahr Bundesligist, der für seine Heimspiele in die Arena ausweicht, rund alle zwei Wochen „Handball on ice“. Nur merkt man davon nichts. Weil Tobias Zeltner und Co. die Arena verwandeln. Über Nacht.

Zuständig dafür sind unter anderem Marcel Krupke und Kay Streckhardt. Die beiden hieven gerade eine der großen, zwölf Millimeter dicken Plexiglaswände, die die Eisfläche einrahmen, auf eine Palette. Um die überhaupt aus der Bande zu bekommen, haben sie Saugheber an der schweren Glasplatte befestigt. Auf der anderen Seite der Halle reicht Körperkraft nicht aus. Dort hievt ein Kollege mit einem Gabelstapler, der auf dem Eis immer wieder vor- und zurückrangiert, größere und schwerere Scheiben aus den Verankerungen. Die landen später, wie alles andere, in einem Lagerbereich vor der Arena.

Scheibe um Scheibe verschwindet. Auch die Banden — wenn auch nur teilweise. „Anders als bei Konzerten müssen wir für Handball nur einen Teil umbauen“, erklärt Zeltner. Er ist der Einzige, der direkt bei der Arena angestellt ist, das Abbauteam kommt von der Sicherheitstechnikfirma B+M. Auch ihr Arbeitstag geht heute bis tief in die Nacht. „Zwischen vier und fünf Uhr müsste alles fertig sein“, sagt Zeltner. Auf die Frage, wo der Kaffee steht, antwortet der 31-Jährige, der auch als DJ arbeitet: „Hinten. Aber Kaffee nützt mir schon lange nichts mehr.“ Er hält auch so durch.

Auch Marcel Krupke macht die Nachtschicht nichts aus. Er ist es gewohnt. Wenn er nicht gerade irgendwo für Sicherheit sorgt, baut er für Events auf. Oder um. Und das eben dann, wenn man dem Betrieb nicht im Weg ist, also nachts. Noch etwas scheint ihm wenig auszumachen: die Kälte. Irgendwann entledigt er sich bei kühlen 16 Grad seines Kapuzenpullis und arbeitet im T-Shirt weiter. Banden, Glasscheiben und Spielerbänke sind ausgebaut.

Nächste Aufgabe: der Boden. Auch wenn der eben: bleibt. Abgetaut wird er nur im Sommer, wenn die Eissaison endet. „Und auch dann dauert das drei bis fünf Tage“, weiß Christian Schneider, Technischer Leiter der Arena Nürnberger Versicherung. Noch mehr Zeit ist nötig, um die Eisfläche, die nicht nur für Eishockeyspieler der Ice Tigers, sondern auch für den EHC 80, Jugend- wie Hobbyteams benötigt wird, wieder einzusetzen. Nämlich mindestens zwei Wochen.

Mit Spezialplatten abgedeckt

Um die Halle trotzdem anderweitig zu nutzen, bleibt die Eisfläche also, „wird aber mit 1,25 mal 1,50 Meter großen Spezialplatten abgedeckt werden“. Das passiert inzwischen mindestens 30 Mal im Jahr. So häufig, rechnet Schneider nach, hat die Arena heuer ihr Gesicht geändert. Öfter als je zuvor, spielt der HC Erlangen doch erst seit diesem Jahr in der Handball-Bundesliga — und das auch in Nürnberg.

Manche Wochenenden hätten es dann schon in sich, findet Tobias Zeltner. „Wie zuletzt: Da hast du am Freitag Konzert, am Samstag Handball und am Sonntag Eishockey.“ Dann ist in der Arena, die von draußen still und stockdunkel da liegt, rund um die Uhr Betrieb.

Nachdem das Abbauteam noch Traversen für Netze hinter den Handballtoren und schwere Molton-Vorhänge aufgebaut und Banden abgeklebt hat, wird die Arena am Morgen übergeben. Dafür steht Ricco Wolf ab acht Uhr auf der Matte. Beziehungsweise auf den Spezialplatten. Das Handballspielfeld wird gerade angeliefert. Bis das fertig ist, dauert es. „Beim ersten Spiel in der Arena haben wir noch gewerkelt, als die Spieler sich schon aufwärmen wollten“, sagt Wolf, der beim HCE den Aufbau leitet.

Die 34 großen Matten, die später zusammen das Spielfeld ergeben, liegen jetzt zusammengerollt auf dem kalten Boden (unter dem wiederum das Eis liegt). Während Handballspielen heizt die Halle auf 24 Grad auf. Dem geschützten Eis macht das nichts. Wolf wartet auf die fünf Helfer, die mit ihm den restlichen Tag hier beschäftigt sind. Der Spielfeldaufbau, sagt Wolf, „ist Maßarbeit“. Die erste Bahn müsse genau stimmen, an der wird angelegt. Die Diagonale eines Bundesliga-Handballfelds muss 44,72 Meter betragen, „zwei Zentimeter Toleranz“, ergänzt Wolf. Nicht viel. Bisher aber gab es nichts zu bemängeln.

Diesmal sind die Aufbauarbeiter des HCE überpünktlich fertig. Die Routine macht’s. Der Arbeitstag für die Helfer ist aber nicht vorbei. Für Ricco Wolf steht eine Nachtschicht an. „Bis 4.30 Uhr ist alles wieder verschwunden.“ Auch die Platten. Für freie Fahrt auf dem Glatteis.

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