Vor der Premiere - Eine Generation in der Krise zieht um

28.11.2012, 13:52 Uhr
Vor der Premiere - Eine Generation in der Krise zieht um

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Stücke, die ihre Kraft unmittelbar aus der Realität saugen, sind eine Spezialität von Tina Geißinger. Die freie Regisseurin, die auch am Nürnberger Schauspiel und am Gostner Hoftheater erfolgreich inszenierte, hat nicht zuletzt durch das mit entlassenen AEG-Mitarbeitern entwickelte Theaterprojekt „ArbeitsEnde: Gestern“, von sich reden gemacht. In Erlangen brachte sie später „Mutmacher“ auf die Bühne — Menschen, die von Zivilcourage berichten konnten, weil sie selbst Opfer waren oder sich für andere eingesetzt hatten.

Nun hat die 37-Jährige mit der gleichaltrigen Theaterpädagogin und Regisseurin Katja Kendler ihr eigenes Kollektiv „Playground Disaster Inc.“ gegründet. Zum Team gehören auch die Münchner Performerin Anna Winde-Hertling, der Schauspieler Gunnar Seidel aus Kassel sowie die Berliner Tänzerin und Schauspielerin Maike Möller-Bornstein. Entsprechend will man an den Schnittstellen zwischen Tanz, Theater und Performance arbeiten.

Für ihr erstes Bühnenprojekt haben sich die Theaterleute quasi selbst beleuchtet. In „Future Logistics — eine Generation zieht um!“ geht es um die „Thrisis“, die Krise der 30- bis 39-Jährigen. „Wir haben uns natürlich zuerst gefragt, ob das ein Thema ist, und wenn ja, ob es spannend ist“, erklärt Tina Geißinger. Nach etlichen Interviews mit Männern und Frauen in entsprechenden Situationen stand fest: In der Auseinandersetzung mit der eigenen Generation steckt das Potenzial für ein Bühnen-Projekt. In diesem Stadium „vorgezogener Midlife-Crisis“ beziehungsweise „verspäteter Adoleszenz“ gehe es „um das Ankommen im Leben, um das Versprechen, dass wir im Gegensatz zu unseren Eltern viele Möglichkeiten haben, unser Leben zu gestalten“. Man muss sich also entscheiden — ob man den Vorstellungen der Außenwelt entsprechen oder seine Individualität bewahren möchte, ob man Familie will oder einen Job. Und vielleicht ist ja auch beides möglich?

„In einem kapitalistischen System wird suggeriert, dass man durch das eigene Tun Glück erlangen kann“, sagt die Regisseurin. Da kann der Einzelne schon mal unter Druck geraten. Zumal die Ü30-Generation im Unterschied etwa zu den 68ern kein Feindbild habe und dem System „nicht so laut“ gegenübertrete. „Wir tauchen gar nicht auf“, resümiert Geißinger.

Im Stück wird die Problematik anhand von drei unterschiedlichen Lebensmodellen und eines virtuellen Umzugs verhandelt. Man wohnt in der Doppelhaushälfte, im Loft oder in der WG — bis Cheflogistiker Captain Future dazu auffordert, das System zu verlassen, etwas zu ändern, bevor es zu spät ist. Was sich als gar nicht so leicht erweist.

„An jedem Vorstellungsabend werden die Kartons gepackt“, verrät Tina Geißinger. Und wenn es sich ergibt, wird das Publikum mitentscheiden, was mitkommt ins neue Leben und wohin die Reise überhaupt gehen soll.

Uraufführung am Freitag, 30. November, 20 Uhr, Tafelhalle, Äußere Sulzbacher Str. 62. Kartentel.: 0911/2314000.

 

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