Experte gibt Auskunft

Warum ein Großteil der positiven Schnelltest-Ergebnisse falsch ist

6.7.2021, 18:32 Uhr
In Nürnberg können Restaurants oder Fitnessstudios mittlerweile auch ohne Corona-Schnelltest besucht werden. 

© Hans-Joachim Winckler, NN In Nürnberg können Restaurants oder Fitnessstudios mittlerweile auch ohne Corona-Schnelltest besucht werden. 

Die Inzidenz ist niedrig, Restaurant- und Freibadbesuche längst wieder ohne vorherigen Corona-Test möglich. Nur wer aus dem Ausland einreist, der muss teilweise noch einen Schnelltest vorweisen - und der kann im Zweifel auch mal falsch positiv ausfallen, wie zuletzt Zahlen aus Hamburg zeigten: Dort lag der Anteil an falsch positiv Getesteten Mitte Juni bei 80 Prozent, wie eine Anfrage an den Senat ergab. Doch wie kann das sein?

In Nürnberg sind laut Gesundheitsamt Häufungen von positiven Testungen derzeit nicht bekannt. Durch den Wegfall der rechtlich vorgesehenen Testpflicht, gehe das Volumen der Antigen-Schnelltests aber insgesamt zurück. Wer dagegen in Hamburg in ein Fitnessstudio oder zum Friseur will, der muss vorab immer noch einen Schnelltest machen. Die Zahl der Testungen liegt dort also deutlich höher. Mit Schludrigkeit bei der Durchführung hat das im Übrigen aber nichts zu tun, sondern mit statistischer Wahrscheinlichkeit. Denn grundsätzlich gilt: Um so größer eine Gruppe ist, um so höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass dort etwas Ungewöhnliches auftritt.

Experte: "Anlassloses Testen ist sinnlos"

Nun liegt die aktuelle Inzidenz bundesweit bei rund 5. Das heißt in der Praxis: Die Zahl der Bürger, die nicht mit dem Coronavirus infiziert ist, ist hoch. Um so mehr Menschen aber gesund sind und sich trotzdem testen lassen, wie in Hamburg, desto höher liegt die Wahrscheinlichkeit, dass unter ihnen auch einige falsche positive Ergebnisse erhalten.

Professor Christian Bogdan, Leiter des Instituts für Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der FAU und am Uniklinikum Erlangen, rechnet es vor: "Wenn man eine Testspezifität von 99,9 Prozent annimmt, bedeutet dies, dass im Mittel einer von 1000 durchgeführten Tests falsch-positiv ausfallen wird."

Betrage die Zahl der unerkannt Infizierten in einer Population zum Beispiel 10 auf 100.000, dann bedeute dies, dass bei der Testung von 10.000 Personen rein statistisch eine wirklich infizierte Person zu finden wäre. "Bei Benutzung des genannten Tests mit 99,9 Prozent Spezifität würde die Testung von 10.000 Personen aber bereits 10 positive Testergebnisse liefern. Das heißt, auf einen richtig-positiven Test kämen 9 falsch-positive Tests", so Bogdan.

Damit aber nicht genug: "Da die Antigentests eine Testspezifität von 99,9 Prozent gar nicht erreichen, ist das Ausmaß des Problems wahrscheinlich noch viel größer", schließt der Experte. Seine Kritik ist deswegen deutlich: "Das anlasslose Testen von Menschen ohne jegliche Symptomatik ist alles andere als sinnvoll." Der Aufwand stehe in keinerlei Relation zum Nutzen, "zumal alle Antigen-Test-Ergebnisse durch PCR-Tests überprüft werden müssen".

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