Weiblich, intuitiv – und pragmatisch

19.3.2009, 00:00 Uhr
Weiblich, intuitiv – und pragmatisch

An diesem Abend wollen im Maritim alle dabei sein: Vertreter der Stadt, des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI), sogar des Münchner US-Generalkonsulats und natürlich die über 200 aktiven Frauen. Auch Elisabeth Gottbehüt nimmt für die Geburtstagsfeier alle Anstrengungen in Kauf – immerhin gehört sie mit ihren 92 Jahren zu den sogenannten Oldtimern. «Das war früher eine total andere Sache», erzählt sie noch immer voller Begeisterung über die Anfänge des Vereins.

Fast vom ersten Tag an ist die aufgeschlossene Frau dabei, bereits 1949 nimmt sie an ersten Treffen teil, im Januar 1950 wird sie Mitglied. «Da hat der Beitrag noch vier Mark im Jahr gekostet», sagt sie und lacht. Ein befreundetes Ehepaar habe sie auf den frisch gegründeten Club aufmerksam gemacht. Man musste ja vorsichtig sein, erzählt sie. Der verschwörerische Unterton ist ihr dabei immer noch anzumerken: «Man durfte keinem Bekannten sagen, dass man hier mitmacht.» Denn 1949/50, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, gilt das Fraternisierungsverbot, das Kontakte zwischen Amerikanern und der deutschen Bevölkerung untersagte, natürlich auch in Nürnberg.

Die Gründungsmütter lassen sich von dieser Direktive jedoch nicht einschüchtern. Die Ehefrau des Amerikanischen Hochkommissars für Ober- und Mittelfranken, Mary Lund, ergreift die Initiative, und hebt am 15. März 1949 den German-American Women’s Club, kurz GAWC, aus der Taufe: «,We can help each other’, ,wir können einander helfen’, war ihre Devise», lobt Präsidentin Anne Hayner Hefner sechs Jahrzehnte später Mut und Weitsicht. Denn zu jenem Zeitpunkt beäugen sich das besetzte Volk und seine Besatzer noch voller Misstrauen. Die Amerikanerin aber, die das zerstörte Nürnberg und die Not der Menschen täglich vor Augen hat, will den deutschen Frauen beistehen: Lund organisiert die ersten Wohltätigkeitsveranstaltungen und verteilt Spenden an Bedürftige, Kranke und Kinder. Schnell finden sich immer mehr Interessentinnen, die an den Handarbeits- und Kochkursen Gefallen finden. Auf große Resonanz stoßen auch die Sprachkurse, die zu Beginn im damaligen Amerika Haus, dem Gerling Haus in der

Oberen Turnstraße stattfinden.

Elisabeth Gottbehüt macht die englische Konversation ebenfalls Spaß. Auch an Lieder-, Mal- und Literaturabenden sowie Ausflügen in ganz Deutschland nimmt sie teil. Aus den regelmäßigen Treffen entwickeln sich zwischen Deutschen und Amerikanern schnell Freundschaften: «Die waren alle so nett», schwärmt sie noch heute.

Diskussionsrunden, Museumsbesuche und Adventstee

Zu den persönlichen Beziehungen kommt bei den deutschen Frauen immer mehr ein Faible für den American Way of Life, die amerikanische Lebensart, hinzu: «Musik, Filme, Kleidung – uns hat einfach alles gefallen.»

Inzwischen hat sich natürlich vieles verändert. Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit steht heute vor allem die Förderung des deutsch-amerikanischen Studentenaustausches. Zwar kooperiert der Deutsch-Amerikanische Frauenclub immer noch mit dem DAI, lädt zu Diskussionsrunden, Museumsbesuchen, Adventstee und gemeinsamen Unternehmungen. Eines aber sei eben nicht mehr so wie früher, bedauert Oldtimer Gottbehüt: «Wir haben kaum mehr Amerikanerinnen in unseren Reihen.» Mehr als 95 Prozent der rund 220 Mitstreiterinnen sind Deutsche. Bis Ende der 80er Jahre hatte sich das Verhältnis die Waage gehalten. Das ändert sich mit dem Abzug der US-Truppen aus Nürnberg: Anne Hayner Hefner bezeichnet dieses Ereignis denn auch als Wendepunkt in der Geschichte des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs. «Wir haben uns entschieden, weiter zu machen», sagt sie, «und das war richtig.»

Anne Hayner Hefner ist eine der wenigen verbliebenen US-Bürgerinnen im Club. Die Liebe zu einem Deutschen bringt sie vor neun Jahren nach Nürnberg, wo sie sich dem GAWC anschließt; seit Mai 2008 steht sie dem Verein vor. Die Affinität zu Deutschland liegt ihr quasi in den Genen: Hat sie doch väter- und mütterlicherseits deutsche Wurzeln. Deshalb liegt ihr, gerade mit Blick auf mangelnde Nachwuchsmitglieder, viel daran, den Verein am Leben zu halten.

Das gilt sicher auch für Eric Nelson. Der US-Generalkonsul in München zeigt sich bei der Feier als großer Bewunderer. Regierungsprogramme zur Völkerverständigung seien das eine, die Beziehungen zwischen den Menschen das andere. Das gelte heute wie vor 60 Jahren. Aus diesem Grund halte er den Verein für noch immer frisch und lebendig. «Die Gründerinnen», schwärmt Nelson, «haben alles richtig gemacht – mit Enthusiasmus und weiblicher Intuition».

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