Weniger Miete wegen Corona? Verschnaufpause für Betriebe

26.11.2020, 05:43 Uhr
Friedrich Weitner, Sprecher der Nürnberger Justiz.

© Michael Matejka, NN Friedrich Weitner, Sprecher der Nürnberger Justiz.

Aus juristischer Sicht war und ist die Sache komplex: Ist eine behördlich angeordnete Betriebsschließung ein Mietmangel? Ist es das Risiko des Mieters, wenn er zeitweise sein Geschäft nicht betreiben kann? Und ab wann ist die Existenz des Mieters bedroht? Die staatliche verordnete Schließung eines Geschäftes im Zug der Corona-Krise stellt jedoch keinen Mangel dar, der eine Mietminderung rechtfertigt, so das Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-15 O 23/20) und beantwortete damit die Frage, ob Ladenbetreiber trotz der Krise weiter Miete zahlen müssen. Die Mieterin, eine Bekleidungskette, hatte mit 54 Prozent Umsatzeinbußen argumentiert.


Mietern soll in Corona-Krise nicht gekündigt werden dürfen


Dies bedrohte die Existenz nicht, so die Richter, auch habe das Geschäft durch Kurzarbeit Geld gespart, Schutz vor einer Kündigung wegen Corona-bedingten Zahlungsschwierigkeiten bot das Miet-Moratorium.

Gewerbliche und private Mieter, die in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, genossen von März bis Juni 2020 besonderen Kündigungsschutz. Den Vermietern wurde vom Staat verordnet, zwei Monatsmieten bis 30. Juni 2022 als eine Art Darlehen zu gewähren. Diese Regel galt für Wohn- und Gewerbemietverhältnisse ebenso wie für Pacht einschließlich Grundstückspacht. Sonstige Kündigungsgründe, wie Eigenbedarf, waren davon nicht berührt.

In einem noch laufenden Verfahren am Nürnberger Oberlandesgericht zwischen einem Nürnberger Wirt und dessen Vermieter geht es genau darum: Der Wirt blieb aufgrund der Corona-Krise im Mai und Juni die Miete schuldig, für den 13. Senat am OLG ist der Zusammenhang mit der Pandemie eindeutig. Es sei allgemein bekannt, dass die Gaststätten im ersten Lockdown von 21. März bis Ende Mai schließen mussten. Der Wirt hier führt eine reine Schankwirtschaft – einen Außer-Haus-Verkauf von Speisen hat er nicht betrieben, Bewirtung war ihm nicht gestattet. In einem Beschluss stellte das OLG fest, dass der Wirt nicht verpflichtet sei, auf Rücklagen zurück zu greifen, um die Mietrückstände zu bezahlen. Der Gesetzgeber wollte mit dem Miet-Moratorium ausdrücklich ein Verschnaufpause für Mieter schaffen.

Doch schon im Frühjahr war das Verständnis von so manchem privaten Vermieter begrenzt: Die Kreditverträge und die Kosten für die Immobilie laufen weiter, der betroffene Vermieter muss seine Ersparnisse angreifen. Und letztlich ist die Situation paradox - denn spätestens, wenn ein Vermieter nach dem 30. Juni 2022 aufgelaufene Zahlungsrückstände per Klage und Vollstreckung verfolgt, wird das Vermögen (und damit die Rücklagen) des Mieters gepfändet.

In anhängigen Räumungsklagen wurde am Nürnberger Amtsgericht von Mietern wiederholt behauptet, dass sie aufgrund der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten seien. "Doch dieser Zusammenhang muss deutlich gemacht werden, etwa durch einen Bescheid über staatliche Leistungen oder zur Kurzarbeit", so Justizsprecher Weitner. Aktuell sind wir im zweiten Lockdown, der Schutz für Mieter ist ausgelaufen. Mieter können wieder fristlos auf die Straße gesetzt werden, wenn sie zwei Monate in Folge ihre Miete nicht bezahlen. Weitner: "In Härtefällen kann befristeter Vollstreckungsschutz – und zwar bevor der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht – beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Ein Härtefall kann im Einzelfall vorliegen, wenn eine Mieterin hochschwanger ist oder ein Mieter unter schweren gesundheitliche Problemen leidet."

1 Kommentar