Verwirrung um Seepferdchen-Kurs-Gutscheine

Wer schießt das Geld vor: Eltern oder Schwimmlehrer?

21.9.2021, 17:25 Uhr
Wer schießt das Geld vor: Eltern oder Schwimmlehrer?

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Auch Familie Schaller (Name geändert) hat so einen Gutschein erhalten. Der Sohn ist vor wenigen Tagen eingeschult worden und da haben die Eltern das Papier erhalten. Ein breit grinsendes Seepferdchen ist darauf zu sehen, es streckt den Daumen siegessicher nach oben. Der Gutschein im Wert von 50 Euro kann bei allen bayerischen Schwimmvereinen, der Wasserwacht und der DLRG eingelöst werden. Auch andere Anbieter, so heißt es, können die Gutscheine annehmen. Ziel am Ende des Kurses soll das Seepferdchen sein.

Dafür ist der Sprung vom Beckenrand erforderlich, anschließend müssen 25 Meter schwimmend zurückgelegt werden. Aus schultertiefem Wasser muss der Teilnehmer außerdem einen Gegenstand mit den Händen herausholen.

Anders als gedacht

100 bis 200 Euro kosten diese Anfängerschwimmkurse je nach Schwimmschule. Da fallen 50 Euro weniger durchaus ins Gewicht. So dachte auch Familie Schaller, als sie ihren Sohn bei einer Nürnberger Schwimmschule anmeldete. Sie und weitere Eltern waren froh, dass sie im überfüllten Dreieck Nürnberg, Fürth, Erlangen überhaupt noch einen Platz bekamen. Doch die Einlösung des Gutscheines gestaltete sich anders als gedacht.

Zunächst: voller Preis

"Wir gingen davon aus", so Eva Schaller, "dass die 50 Euro gleich abgezogen werden, wir den Rest bezahlen und die Schwimmschule dann vom Staat den Ausgleich erhält." Doch stattdessen verlangte man den vollen Preis. Außerdem legte man den Schallers ein eigenes Formular vor, das sie auszufüllen hätten. "Inklusive Schulstempel - als hätten die Schulen gerade nichts anderes zu tun", sagt Eva Schaller. Wenn alles gut gehe, sollen die Eltern in ein paar Monaten dann die 50 Euro zurückbekommen, hieß es.

Schwimmkurse für Kinder sind derzeit stark gefragt.

Schwimmkurse für Kinder sind derzeit stark gefragt. © Stefan Hippel

Die Schallers waren irritiert: "Wer sagt uns denn, dass sich die Schwimmschule überhaupt darum kümmert, dass wir unser Geld zurückbekommen?" Doch da der Ansturm gerade groß ist und die Plätze rar sind, meldeten sie sich an. "Aber gedacht war es doch anders, oder?"

Gleich bei der Anmeldung abgezogen

Ja, gedacht ist es anders. Dies bestätigt eine Sprechern des Staatsministeriums für Sport und Integration auf Anfrage der Redaktion. "Das Programm ist tatsächlich so konzipiert, dass die Eltern der Schwimmschüler bereits bei Buchung oder Beginn des Kurses eine um 50 Euro reduzierte Gebühr entrichten müssen." Für die Erziehungsberechtigten soll mit dem Gutschein also vor Ort kein weiterer Aufwand verbunden sein.

Wer schießt das Geld vor: Eltern oder Schwimmlehrer?

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Der Anbieter wiederum könne die Gutscheine sammeln und bei der örtlichen Kreisverwaltungsbehörde (Schwimmvereine beim Bayerischen Landessportverband) einreichen. Aus verwaltungstechnischen Gründen erhielten die Anbieter des Schwimmkurses dann quartalsweise die Rückzahlungen. Wer sich als Anbieter unsicher ist, ob er die Kriterien für die Teilnahme an dem Verfahren erfüllt, solle bei der Kreisverwaltungsbehörde nachfragen.

Niemand ist zur Annahme verpflichtet

Verpflichtet sei jedoch niemand, die Gutscheine anzunehmen, so die Sprecherin. "Das entscheiden die Anbieter im Rahmen ihres Rechtes auf freie Vertragsgestaltung selbst." Man gehe aber davon aus, dass die meisten gern teilnehmen, weil es ihnen zusätzliche Buchungen beschere.

Damit künftig keine Missverständnisse entstehen, wolle man das Programm in diesem Punkt noch etwas präzisieren, verspricht das Ministerium Nachbesserung.

Uns hat keiner gefragt

Das ist nach Ansicht von Alexander Gallitz auch dringend nötig. Der Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes ist verärgert über die Gutscheine. "Bislang dürfen die nur C-Trainer abnehmen, die sind aber meist als Trainer und nicht als Schwimmlehrer tätig", sagt er. Dass sich Anbieter absichern wollen und erst mal abwarten will, ob Geld kommt, kann er gut verstehen: "Uns gegenüber wurde kaum etwas kommuniziert. Wir können nur darauf vertrauen, dass wir unser Geld wiederbekommen."

Am Ende eines Anfängerschwimmkurses für Kinder steht das Seepferdchen.

Am Ende eines Anfängerschwimmkurses für Kinder steht das Seepferdchen. © Uli Deck, dpa

Unpassend findet er, dass man den Schwimmlehrerverband nicht gefragt habe, bevor man einfach das "Gießkannenprinzip" anwende. "Wir Schwimmlehrer stehen fünf Stunden täglich im Wasser. Wir hätten auch was dazu zu sagen gehabt."

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