Wie die Nürnberger Polizei gegen aggressive Bettler vorgeht

7.12.2017, 05:37 Uhr
Das Stadtbild verändert sich. Auch, weil immer mehr Bettler in den Zentren auf kleine Gaben hoffen. Besonders auffällig ist das in der Vorweihnachtszeit zu beobachten. Bettler setzen auf die Spendenbereitschaft. (Symbolbild)

© Matthias Balk/dpa Das Stadtbild verändert sich. Auch, weil immer mehr Bettler in den Zentren auf kleine Gaben hoffen. Besonders auffällig ist das in der Vorweihnachtszeit zu beobachten. Bettler setzen auf die Spendenbereitschaft. (Symbolbild)

Tief verbeugt, in Demutshaltung sitzt die Frau auf dem eisigen Boden in der Fußgängerzone. Vor sich hat sie ein Schild auf dem steht: "Bitte um eine Spende um Essen zu kaufen." Daneben wartet ein fast leerer Pappbecher darauf, befüllt zu werden. Es ist ein Bild, das in der Nürnberger Innenstadt derzeit häufiger zu sehen ist. Besonders rund um den Christkindlesmarkt. Stadt und Polizei dulden Straßenbettler, sofern sie nicht aufdringlich werden. Wird aber aus dem "stillen" ein "aggressives Betteln", ist die Geduld am Ende und die Sicherheitskräfte setzen das Bayerische Straßen- und Wegegesetz um (Artikel 18). Darin steht, dass Betteln "grundsätzlich verboten" ist. Nach Angaben des Polizeipräsidiums Mittelfranken (Sachbereich Kriminalitätsbekämpfung) werden in Nürnberg monatlich bis zu 20 Platzverweise ausgesprochen. In der Vorweihnachtszeit steigt die Zahl um etwa zehn Platzverweise an.

Doch was ist aggressives Betteln? "Das ist der Fall, wenn die Leute sich Passanten in den Weg stellen, hinter ihnen herlaufen oder sie sogar festhalten", zählt Robert Pollack vom städtischen Ordnungsamt auf. Gelegentlich wird das mit lautstarken Wutausbrüchen der Bettler begleitet, wenn sie ignoriert werden. Bekommt die Polizei davon Wind oder beobachten Beamte solche Vorfälle selbst, kommt es zum Platzverweis. 

Ein Leben unter der Armutsgrenze

Nach Erkenntnissen der Ermittler werden bei organisierten Strukturen die Bettler von sogenannten Läufern überwacht. "In regelmäßigen Abständen sammeln die auch den Bettelerlös ein", heißt es in einem Antwortschreiben des Sachgebietes Kriminalitätsbekämpfung. Den Großteil des gesammelten Betrags übergeben die Läufer dann an die Hintermänner, die in der Regel im Ausland leben. "Meist sitzen die im süd- und südosteuropäischen Ausland, wo die Bettler auch rekrutiert werden." Es sind Personen, die oft unter der Armutsgrenze leben müssen. "Diese Menschen werden mit unterschiedlichen Versprechen oder auch Drohungen für die Betteltätigkeit angeworben und ins westeuropäische Ausland verbracht." Hier werden sie in Gruppen auf unterschiedliche Städte verteilt. 

Ihre Unterkunft und Verpflegung in den Städten liegt meist deutlich unter dem hier allgemein gewohnten Standard. "Wir haben hier in Nürnberg schon mal den Schlafplatz einer Gruppe unter einer Brücke festgestellt", sagt Robert Pollack vom Ordnungsamt. Wer aus dem Bettel-System aussteigen will, wird nach Erkenntnissen der Polizei nicht selten unter Drohungen zur Tätigkeit gezwungen. "Es geht dabei um persönliche Gewaltandrohungen wie auch Drohungen gegen Familienangehörige im jeweiligen Heimatland", heißt es im Schreiben der Abteilung Kriminalitätsbekämpfung.

Nachweis auf Menschenhandel schwierig

Beim Betteln ist allerdings die Grenze zum Betrugsdelikt fließend. Die wird oft überschritten, wenn vermeintliche Spendensammler auftreten, die eine Behinderung vortäuschen und den Passanten eigens gebastelte Spenderlisten unter die Nase halten. Die Gefragten sollen für Organisationen oder Vereine spenden, die überhaupt nicht existieren. So wie am 14. November 2017. Einer Streife fiel ein 26-Jähriger mit Krücken auf, der Passanten um Geld anbettelte. Wie sich wenig später herausstellte, ist der Mann gar nicht auf Krücken angewiesen gewesen. Außerdem soll er die Gehhilfen zuvor aus einem Sanitätshaus gestohlen haben.

Bei der organisierten Bettelei sind für Ermittler zwar die Tatbestandsmerkmale meist objektiv erfüllt. Dennoch ist der Nachweis mit Blick auf Menschenhandel meist schwierig. "Hierzu muss eine umfassende Aussage des Geschädigten, also des Bettlers, vorliegen." Leider aber schweigen die Betroffenen regelmäßig, machen aus diversen Gründen keine Angaben zum Sachverhalt. Es bleibt deshalb alleine bei der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit, der Sicherstellung des Bettelerlöses und des Platzverweises.

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