Wiederaufbau der Martha-Kirche kommt gut voran

28.5.2016, 06:00 Uhr
Wiederaufbau der Martha-Kirche kommt gut voran

© Michael Matejka

Als Georg Rieger am Morgen des 5. Juni 2014 auf Facebook von der brennenden Kirche las, empfand er so etwas wie Schockstarre. "Ich wollte es nicht wahrhaben." Erst am Mittag fühlte er sich bereit, die rauchenden Trümmer zu besichtigen. "Das waren Bilder, die man nie vergisst."

Zwei Jahre liegt der Großbrand in St. Martha, dessen Ursache unklar bleibt, zurück. Für Georg Rieger hatte das Unglück eine ungeplante Folge: Das einfache Gemeindemitglied übernahm einen Teilzeit-Posten als Koordinator für den Wiederaufbau. Er wollte sich engagieren. Seitdem übermittelt er den Baufachleuten, was der Kirchenvorstand wünscht. Den Gemeindemitgliedern übersetzt er, wie der Aufbau voranschreitet. "Mein Vater war Bauingenieur", sagt der 52-Jährige. "Ich habe da wohl ein gewisses Sachverständnis geerbt."

Im Moment kann Rieger einigermaßen positive Nachrichten verkünden. Die gotische Kirche in Bahnhofsnähe ist immer noch schwer beschädigt, doch nach einer zähen Phase der Voruntersuchungen gibt es endlich einen sichtbaren Fortschritt: Der Chorraum hat ein neues Dach bekommen. Frische Sandsteinblöcke sind geliefert worden. Damit werden vier zentrale Säulen im Innenraum ausgetauscht. Das Feuer erhitzte sie auf 800 Grad, der Stein riss, wurde bröselig.

Der große Wunsch: Ende 2017 ist alles fertig

Und auch die Frage, wie originalgetreu die Wände nach der Sanierung wieder aussehen sollen, scheint gelöst. Abgeplatzte Stellen werden jetzt mit Spezialmörtel in Zartrosé ergänzt. Die Gemeindeleitung hatte sich eigentlich gewünscht, die Schäden in Erinnerung an den Brand in Rohform sichtbar zu lassen. Davon riet jedoch das Denkmalschutz-Planungsbüro nach ersten Materialtests ab. Man werde die alten und neuen Bauteile trotzdem an leichten Farbunterschieden erkennen können, sagt Rieger. Die Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz laufe harmonisch.

Wiederaufbau der Martha-Kirche kommt gut voran

© Michael Matejka

Dachdecker, Steintechniker, Holzbauer, Restauratoren und Gerüstbauer arbeiten gleichzeitig auf der Baustelle an der Königstraße. Einige statische Probleme sind auch auf die natürliche Alterung des 1385 geweihten Gebäudes zurückzuführen. "Da sieht man seltsame Dinge", hat Rieger beobachtet. Hohlräume im Stein, unebene Mauerkanten – die mittelalterlichen Bauleiter nahmen es einst nicht allzu genau.

"Das nächste halbe Jahr wird spannend", kündigt der Wiederaufbau-Betreuer an. Noch im Herbst wolle man den neuen Dachstuhl fertigbekommen. "Das ist ein ehrgeiziger Plan, er kann zu 50 Prozent klappen." Im anderen Fall würden sich die Arbeiten verzögern, der Zeitplan käme wieder ins Wanken. Im Moment rechnen Architekt Florian Nagler und der Kirchenvorstand mit dem Abschluss Ende 2017. An reinen Baukosten sind derzeit 4,8 Millionen Euro veranschlagt. Zusammen mit den Planungskosten dürfte die Gesamtsumme sechs Millionen überschreiten. Welche Anteile die Versicherung übernimmt und welche die Gemeinde, ist noch ungeklärt.

Für die evangelisch-reformierte Gemeinde ist das Kirchenleben außerhalb ihres Gotteshauses zur Gewohnheit geworden. Weiterhin feiert sie ihre Gottesdienste in der katholischen Nachbarkirche St. Klara. "Einerseits ist es ein Verlust, kein eigenes Zuhause zu haben", sagt Georg Rieger, der einen Hörgeräte-Laden betreibt und auch Pfarrer ist. "Manches liegt brach. Andererseits wächst die Freude darüber, dass diese Kirche wieder für uns da sein wird." Er sei zuversichtlich, dass die Gemeinde ihr verändertes Gebäude dann mit neuem Elan in Besitz nehme. St. Martha will wieder Kirchenmusikort sein und in die diakonische Arbeit für Bedürftige einsteigen – "die Solidarität, die wir in der Stadt erfahren haben, wollen wir zurückgeben".

Beim "Baucafé" am Sonntag, 29. Mai, ab 10.45 Uhr können sich Interessierte im Gemeindesaal und auf der Baustelle (Königstraße 79) über die Sanierung der Wände informieren.

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