"Wir sind ein durchgeknalltes Hippie-Kollektiv"

11.5.2016, 07:59 Uhr

© Fotos: Nina Daebel

„Das Frühjahr ist super stressig“, sagt Manja Rupprecht. Da gebe es ständig irgendwas zu erledigen: neue Beete anlegen, Erde besorgen, kompostieren, säen, Setzlinge hochpäppeln. Rupprecht ist Mit-Initiatorin des Stadtgartens, dessen Träger der Verein „BluePingu“ ist. Mitmachen kann bei dem Projekt jeder. Mitglied zu werden, ist kein Muss. Wer das mit dem Garteln mal ausprobieren möchte, kommt vorbei und schaut, wo er sich einbringen kann. Ganz unverbindlich und ohne dafür bezahlen zu müssen.

„Wir sind ein durchgeknalltes Hippie-Kollektiv, ein sozialer und ökologischer Treffpunkt, ein offenes Haus für alle“, beschreibt es Stefan Mohr, der seit vier Jahren dabei ist. Wer einfach nur die grüne Oase inmitten der Stadt genießen, einen Kaffee trinken und reden oder etwas zur Aufzucht von Obst und Gemüse fragen wolle, sei genauso herzlich willkommen. Mittlerweile gehören rund 20 Interessierte zum harten Kern derjenigen, die diese Oase regelmäßigen mitgestalten. Weitere 30 schauen je nach Lust und Zeit vorbei. Die wenigsten von ihnen wohnen im direkten Umfeld des Gartens, der auf dem ehemaligen Quelle-Parkplatz, direkt neben der Flüchtlingsunterkunft, errichtet worden ist.

Vor zwei Jahren war man dorthin umgezogen. Vom vorherigen Areal um die Ecke hatte man weichen müssen, weil dort Wohnbebauung geplant war. Bereits 2017 könnte ein weiterer Umzug anstehen. Dann nämlich will die Stadt auf dem Areal einen Bürgerpark entstehen lassen. „Wir wissen noch nicht, ob wir Teil des Konzepts werden können und wollen. Deswegen suchen wir auf jeden Fall nach einem neuen Grundstück, möglichst in Eberhardshof“, so Rupprecht, die sich sehr darüber freut, dass sich mittlerweile eine stabile Gruppe gefunden habe, deren Gemeinschaft gefestigt ist. Anfangs sei alles etwas chaotisch abgelaufen, mittlerweile aber habe man Erfahrungen gesammelt und wisse, was man tue. Vor allem der vergangene Sommer mit den lang anhaltenden Trockenperioden habe die Hobbygärtner auf eine harte Probe gestellt. Täglich seien Gießteams im Einsatz gewesen. Doch die Gruppe habe „optimal funktioniert“.

Köstliches für die Helfer

Von Mai bis Oktober ist der Samstag für die Gartler ihr Hauptaktionstag. Da sind sie von 12 bis 18 Uhr fleißig. Xenia Mohr steht dann meist in der Küche und zaubert für alle Helfer ein köstliches Gericht. Mal kommt Rote-Bete-Suppe mit Meerrettich auf den Tisch oder Krautfleckerl, dann wieder ist es dicker Gemüseeintopf oder Pasta mit selbst gemachtem Pesto. „Gekocht wird regional und saisonal“, sagt Mohr. Sie reizt es vor allem, mit den vielen verschiedenen alten Gemüse- und Obstsorten zu kochen, die viele gar nicht mehr kennen. Dazu gehören beispielsweise Schwarzkohl und roter Rosenkohl, aber auch gelbe Bete und geringelte Bete. Bis November wird sie insgesamt sieben internationale Kochworkshops in der Stadtgarten-Küche anbieten.

Oliver Kuntze ist auch von Anfang an dabei. Er machte damals gerade ein Sabbatical. „Ich war in dieser Zeit etwas orientierungslos und bin dann in dieses Projekt reingerutscht“, sagt er. Mittlerweile zeigt er interessierten Kindern regelmäßig, wie das mit dem Garteln funktioniert. Eine Aufgabe, die ihm viel Freude macht.

Jens Ebert war vor zwei Jahren zur Gruppe gestoßen. Er engagiert sich bevorzugt bei den gröberen Arbeiten — wie Sitzgelegenheiten zimmern, Hochbeete mit Erde befüllen oder an der Infrastruktur werkeln. „Die kleinen Fieseleien machen mir eher weniger Spaß“, sagt er und schwärmt von der Vielzahl der Kräuter, die im Stadtgarten angebaut werden. Es sei schlichtweg „Wahnsinn“, wenn man beispielsweise die verschiedenen Sorten von Minze probiere.

Eine kleine Erfolgsgeschichte haben die Gartler in den vergangenen fünf Jahren mit ihrer Kompost-Toilette geschrieben. Mittlerweile werden sie sogar von anderen Organisationen eingeladen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. Denn die Toilette ohne Wasserspülung, bei der die Fäkalien direkt in einen mit Rindenmulch oder Stroh gefüllten Behälter geleitet und dort kompostiert werden, wird vielerorts noch skeptisch beäugt. Die Stadtgärtner indes sind vollauf begeistert. „Wir dachten anfangs auch, es würde stinken. Aber sogar bei großer Hitze riecht man nichts“, so Stefan Mohr. Rupprecht war ebenfalls erstaunt, wie gut das System funktioniert: „Man muss es regelmäßig umrühren. Aber eigentlich ist es nicht eklig. Es sieht aus wie Erde.“ Gedüngt wird damit aber natürlich trotzdem nich

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