Wo der Gletscher lockt

30.9.2008, 00:00 Uhr
Wo der Gletscher lockt

© Enrico Heide/oh

Hohe Gebirge sind für die Bergsteiger aus der Mittelmeermetropole Antalya eigentlich nichts Neues. Schließlich ist die türkische Partnerstadt Nürnbergs umringt von den Ausläufern des bis zu 4000 Meter hohen Taurusgebirges. Trotzdem ist der Aufstieg zum «nur» 3288 Meter hohen Wilden Hinterbergl für Feriha Kabas und ihre drei Landsleute etwas ganz besonderes: «Denn so schöne Gletscher haben wir in dieser Höhe leider keine», sagt sie.

Der dreitägige Ausflug in die Stubaier Alpen ist Höhepunkt eines einwöchigen Programms, das der DAV für die anatolischen Besucher organisiert hat. Nicht minder beeindruckt waren die türkischen Natur- und Sportfreunde von der fränkischen Schweiz: Die Flora dort unterscheide sich wohltuend von der zwar artenreichen, aber stark Nadelholz-lastigen Vegetation an der Mittelmeerküste.

35 Jahre in Nürnberg gelebt

Dank der Unterbringung in der Jugendherberge auf dem Burgberg hatten die Besucher zudem ausgiebig Gelegenheit, auch die «wunderschöne Altstadt» zu erkunden, schwärmt Feriha Kabas, obwohl sie nicht zum ersten Mal nach Nürnberg kommt. Im Gegenteil: 35 Jahre lang hat die Türkin hier gelebt, bevor es sie vor einigen Jahren an die sonnigen Strände Antalyas zog.

Kaum dort, wurde die 58-Jährige leidenschaftliches Mitglied des Berg- und Natursportvereins «Todosk» und knüpfte für diesen sogleich Kontakte in ihre frühere, fränkische Heimat. «Als wir vor vier Jahren beim DAV Nürnberg anklopften, hatte ich zunächst das Gefühl, dass sie hier nicht so recht etwas anzufangen wussten mit irgendwelchen Bergsteigern, ausgerechnet aus der Türkei», erinnert sich Kabas und lacht.

Viele Freunde gefunden

Die anfänglichen Berührungsängste scheinen aber schnell überwunden worden zu sein. Schon drei Todosk-Gruppen aus Antalya haben die DAV Sektion Nürnberg in den vergangenen vier Jahren bereits besucht. «Dabei haben sich viele Freundschaften entwickelt», sagt Feriha Kabas stolz. Lästig sei dabei nur das mühsame Visaprozedere vor jedem Besuch. «Es ist schon irgendwo erniedrigend, wenn man ein Visum braucht, nur um hier in die Berge zu dürfen», findet sie.

Eine Einbahnstraße sind die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Bergsportlern aus den beiden Partnerstädten natürlich nicht. Erst im Mai etwa, sind sieben Nürnberger Mitglieder der DAV-Bergwandergruppe einer Einladung nach Antalya gefolgt. Zehn Tage lang ging es dort unter anderem durch Zedernwälder zu versunkenen Städten und einzigartigen Naturschutzgebieten. Geführt wurden die Wanderungen von Diplom-Botaniker Mehmet Tas, der beim Todosk-Besuch in Nürnberg ebenfalls mit von der Partei war.

Der Aktionsradius des türkischen Bergsportvereins umfasst übrigens keineswegs nur die Region um Antalya: «Unsere Mitglieder kennen sich überall in Anatolien bestens aus», sagt die Ex-Nürnbergerin. Selbst am Ararat, wo der Ansturm deutscher Bergsteiger, die den 5165 Meter hohen Gipfel an der Ostgrenze der Türkei bezwingen wollen, ungebrochen groß sei - allen Terrorwarnungen zum Trotz. Falls sich also unerschrockene Kletterer aus Nürnberg finden sollten, meint sie nur halb im Scherz, «helfen wir natürlich auch denen gerne dorthin».