"Wunder" gegen Krebs: Vier Jahre Freiheitsstrafe für Heilpraktiker

16.5.2019, 15:17 Uhr

Das Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelte seit Februar, hörte drei Gutachter und mehr als 20 Zeugen, sah Videos von Vorträgen des Angeklagten und studierte mehrere tausend Blatt Akten. Am Ende sind die Richter überzeugt, dass der Angeklagte, ein Volkswirt und Heilpraktiker, seinen Kunden, Patienten und Therapeuten suggerierte, ein Mittel gegen Krebs zu verkaufen. Er sprach selbst von einem "Produktwunder".

Er hatte bei einem Hersteller für Arzneimittel Testchargen der Produkte "Rerum" und "Rerum Blue" bestellt, dass diese Produkte nicht für die Anwendung an Menschen oder Tieren bestimmt waren, wusste er, lag doch keine arzneimittelrechtliche Zulassung vor.

Sieben Euro betrug der Einkaufspreis für eine der etwa 14 000 Glasfläschchen, für mindestens 300 Euro verkaufte er jede Einzelne weiter. "Es kann sich jeder selbst fragen, ob er als Krebspatient, dessen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, zu diesem Strohhalm greifen würde. Mit dieser Erwartung hat der Angeklagte gespielt", sagt Markus Bader, der Vorsitzende Richter der 7. Strafkammer.

Die Substanz enthält neben Ölsäure und Vitamin D auch Alkohol in einer Menge, die auf dem Etikett hätte angegeben werden müssen; diese Kennzeichnungspflicht hielt der Geschäftsmann nicht ein. Auch dies sei gefährlich, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Richter haben dabei vor allem Menschen im Sinn, denen das Enzym fehlt, das für den Abbau von Alkohol in der Leber zuständig ist. Bei gut 50 Prozent der Asiaten ist dies der Fall. Sie reagieren schon bei geringsten Mengen mit starkem Schwitzen und Herzrasen. Da der Angeklagte das Produkt weltweit vertrieb, riskierte er auch diese Gefahr.

Da Straftäter aus ihren Taten keine Gewinne schöpfen dürfen, ordnete die Strafkammer an, dass von den Firmen des Angeklagten 4,5 Millionen Euro eingezogen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Staatsanwalt hatte fünf Jahre Haftstrafe gefordert. Aus Sicht der Verteidigung handelt es sich nicht um eine Arznei, sondern um ein gestattetes Nahrungsergänzungsmittel. Die Anwälte plädierten für Freispruch. Gegen die Ehefrau des Angeklagten wird gesondert ermittelt.