Yoga im Neuen Museum

27.1.2020, 14:17 Uhr
Yoga im Neuen Museum

© Foto: Günter Distler

Yoga ist was für Hippies, Muttis und Influencer. Oder eben für alle, denen es gefällt. Jedenfalls nichts für mich. Probiert habe ich es noch nie. Als ausgemachtes Steiftier fühle ich mich mit meinem Vorurteil sehr wohl. Kann ich eh nicht. Als ich von der Redaktion zum Yoga im Neuen Museum eingeteilt werde, hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Yoga vor Kunst. Hört sich für mich nach prätentiösem Hipsterkram an. Welch angenehme Überraschung ich doch erleben soll.

Ulrike Rathjen, Leiterin des Yoga-Projekts im Neuen Museum, ist eine unaufdringliche und einnehmende Person. Graues, kinnlanges Haar, freundliche Augen hinter einer jadegrünen Brille, eingerahmt von Lachfältchen. Ihr Lächeln ist ansteckend. Sie empfängt ihre Schüler im zweiten Stock vor Gemälden von Ross Blackner. Links davon öffnet die Glasfront des Museums den Blick in den Hof. Es ist, als säße man im Freien.

Rathjen erklärt die Wahl des Standorts: Ross Blackner, ein New Yorker Künstler, beschäftigt sich in seinen Werken viel mit Sterblichkeit. "Das ist ein großes Thema im Yoga und schafft die innere Verbindung", sagt unsere Lehrerin. Mein altes Ich hätte wahrscheinlich hämisch gegrinst, aber ich kann mich der Wirkung des Raumes nicht entziehen. Es ist was dran. Angesichts der beiden angedeuteten Kuppeln, vor denen wir auf unseren Matten sitzen, komme ich mir klitzeklein vor und staune. Rathjen fordert uns auf, die Augen zu schließen und unseren Körper zu fühlen. Wir stehen hüftbreit und pendeln uns mit seitlich ausgestreckten Armen auf unsere Mitte ein. Besonders wichtig ist das bewusste Atmen. Nach links ein, nach rechts aus. Auch in der nächsten Übung, diesmal im gemütlichen Schneidersitz, geht es ums kontrollierte Luft holen. Erst tief in den Bauch, dann weit in den Brustkorb, bis in die letzten Lungenzipfel unter dem Schlüsselbein. Später kommen die Arme dazu. Meine Lieblingseinheit dreht sich um innere Kraft: Beide Arme recken sich V-förmig gen Himmel. Einatmen, halten. Dann ballen sich die Hände zu Fäusten und ziehen mit aller Kraft ein imaginäres Gewicht an die Brust. Explosionsartiges Ausatmen. Die Wirkung ist enorm: Ich gehe so in den Übungen auf, dass es schwierig ist, zurück zu Block und Stift zu finden. Rathjen lacht, als ich ihr hinterher davon erzähle. "Das kann ich mir gut vorstellen. Im Yoga gilt der Grundsatz: Ich denke nicht, also bin ich", sagt sie.

Zum Schluss liegen wir in der Stellung der Leiche flach auf dem Rücken und meditieren. Jemand beginnt leise zu schnarchen. Ich muss unwillkürlich lächeln. Und dann sind wir fertig. Ich kann gar nicht glauben, dass die dreiviertel Stunde vorbei sein soll. Ich könnte ewig weitermachen. Als ich das Museum verlasse, bin ich tiefenentspannt und voller Energie. Mein Rücken hat sich noch nie so gut angefühlt. Soviel zu: "Kann ich nicht, mag ich nicht." Also, immer langsam mit den jungen Vorurteilen. Und seien sie noch so harmlos.

Weitere Termine: Donnerstag, 13. Februar und 13. März, jeweils um 12 Uhr.

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