Zocken wie die Profis

1.3.2007, 00:00 Uhr
Zocken wie die Profis

© Wilhelm Bauer

Stefan Engelhardt lupft mit einer Hand seine Pokerkarten, die andere hält er schützend darüber. Die Augen huschen hin und her - was denken die Gegenspieler? Jetzt bloß keine Miene verziehen.

Sein Freund Nail Zenelji steht nur wenige Meter entfernt entspannt an eine Wand gelehnt. Er weiß, ohne in die Karten zu schauen, wie es bei seinem Kumpel im Moment läuft: «Schau, jetzt lächelt Stefan gerade.» Prompt legt der triumphierend seine Karten auf den Tisch. Ein Pokerface schaut anders aus, der Blondschopf muss noch üben.

Spielen um Sachpreise

Die ersten Turniere in Nürnbeg starteten vor einem Jahr im BA-Hotel. Inzwischen ist der Platz zu eng geworden - die Pokergemeinde hat ihre Runden seit Februar ins Won verlegt. Viermal die Woche zocken die Spieler dort für 15 Euro um die Wette. Geld gibt es nicht zu gewinnen, aber verschiedene Sachpreise. Der Sieger qualifiziert sich außerdem für das Superfinale im April, bei dem Spieler aus der ganzen Region zusammenkommen.

Mehrere Vorrunden werden an acht Tischen ausgetragen. Jeweils der Erste qualifiziert sich für die Finalrunde - dort wird der Gewinner des Abends ausgespielt. Es geht weniger um die Preise, sondern mehr um das Gewinnen. Jeder will der Beste sei, mit seinem Spiel die Gegner verwirren und vielleicht auch mal mit einem schlechten Blatt auf der Hand einen Haufen Chips abräumen.

Sabino Acquaviva hält das Glück der Zocker in seinen Händen. Der Kartengeber mischt in atemberaubender Geschwindigkeit, er lässt jede einzelne Karte durch seine Finger gleiten und scherzt dabei noch mit den Gästen. Seit einigen Jahren ist er im Metier tätig, inzwischen arbeitet er als hauptberuflicher «Carddealer». Zack, zack - jedem Spieler gibt Sabino zwei Karten. Daneben werden Gemeinschaftskarten offen aufgedeckt, die alle Spieler je nach Bedarf wie ihre eigenen verwenden können.

Das Spiel geht los: Vorsichtig, sodass keiner spicken kann, spähen die Spieler in das eigene Blatt. Die «Blinds», erzwungene Mindesteinsätze, werden gesetzt. Alexandra Corinealdi, eine der wenigen Frauen, erhöht, ihr Nachfolger tut das Gleiche. Aber nicht alle wollen mitgehen. Die Einsätze schaukeln sich hoch, nur noch Alex und ihr Nebenmann sind im Spiel. Wie LeChiffre aus «James Bond - Casino Royal» lässt er die Chips über die Finger tanzen. Es kommt zum so genannten «Showdown». Die Karten werden offen auf den Tisch gelegt.

Unkonventionelle Methoden

Corinealdi gewinnt: Zwei Damen schlagen zwei Zehner. Die 26-Jährige spielt erst seit wenigen Monaten Poker. Ihre Methoden sind unkonventionell: «Wenn mir die Leute an einem Tisch nicht gefallen», sagt sie, «dann verliere ich schon mal die Absicht.» Hauptsache, es wird ein netter Abend. Doch im Moment scheint es ihr gut zu gefallen. Corinealdi räumt weiter ab und genehmigt sich ein zweites Glas Wein.

Immer mehr Spieler zieht es zu professionell organisierten Turnieren, denn «man weiß einfach, wie im Freundeskreis gespielt wird», sagt Christian Engelhardt. Zu oft sind in privater Runde schon die Karten verteilt worden: «Ich kann in den Gesichtern zu viel lesen.» Deniz Yavuz hat die Marktlücke früh erkannt. Der 32-Jährige organisiert Turniere in Nürnberg: Erst die Pokerlounge im BA-Hotel und nun die Poker Nights im Won. «Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht», sagt er. Vor einem guten Jahr schwappte das Spiel von den USA nach Deutschland und wurde immer populärer durch Runden im Fernsehen, wie bei TV-Entertainer Stefan Raab.

Inzwischen fand in Nürnberg schon die erste deutsche Pokermesse statt - die Veranstalter wurden von der unerwartet hohen Resonanz fast überrollt. «Poker ist ein Gesellschaftsspiel», erklärt sich Yavuz die Poker-Euphorie. «Man lernt es sehr schnell. Aber es bleibt immer spannend. Denn das Spiel zu beherrschen, dauert ein Leben lang.» Und Poker fordert einiges von den Spielern: «Man muss bluffen und aggressiv spielen können, sich allerdings auch zurückhalten, wenn’s nötig ist. Und das Wichtigste: Man darf nicht resignieren», ist der 32-Jährige überzeugt. «Um das zu können, braucht man viel Spielpraxis und Erfahrung.»

Stefan Engelhardt ist schon längst ausgeschieden. Mit einem Bier in der Hand hat er sich zu seinem Kumpel gesellt. Sie beobachten die anderen Zocker - vielleicht kann man beim Zuschauen etwas lernen. Engelhardt wird wieder kommen, Startgeld zahlen und - wenn er Pech hat - bereits nach einer halben Stunde rausfliegen. Doch ihm ist es egal, denn: «Hier kann ich mich messen. Und Poker ist einfach ein tolles Spiel.»

Jeden Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag treffen sich Pokerfans im Won, Kohlenhofstr. 1a. Das Startgeld beträgt 15 Euro.