Zoff im Stadtrat um höhere Steuern: SPD beugt sich CSU

17.11.2016, 19:59 Uhr
Zoff im Stadtrat um höhere Steuern: SPD beugt sich CSU

© Andreas Franke

Obwohl sich auch ohne die CSU eine Mehrheit für höhere Steuern gefunden hätte, hat sich die SPD darauf eingelassen, das Thema zu verschieben. Die rot-schwarze Kooperation im Nürnberger Stadtrat ist bekanntermaßen keine Liebesheirat, sondern eine Zweckehe. Doch selbst davon war bei Sebastian Brehms Auftritt nicht viel zu spüren.

Der Chef der CSU-Stadtratsfraktion ging mit den Sozialdemokraten nicht zimperlich um, warf ihnen schlechten Stil vor. Aus der Zeitung habe er erfahren, dass Steuererhöhungen geplant seien, polterte er in Richtung Stadtkämmerer Harald Riedel (SPD). Die Presse sei vor dem Stadtrat informiert gewesen. Das sei eine schallende Ohrfeige.

Finstere Mienen

Brehm machte weiter klar, dass die CSU Steuererhöhungen nicht mitmachen will, wenn die Einnahmen einfach im Haushalt aufgehen. Und nannte deshalb Bedingungen. Ginge es nach der CSU, bekämen die Nürnberger quasi als Gegenleistung für eine höhere Grundsteuer einen kommunalen Ordnungsdienst und mehr Videoüberwachung. Auch für die Wirtschaft müsste im Gegenzug zur Gewerbesteuererhöhung "ein Mehrwert" geschaffen werden, forderte der CSU-Fraktionschef. Die Stadt brauche neue Gewerbeflächen. Außerdem brachte Brehm den Bau der Nordanbindung zwischen Autobahn und Flughafen wieder ins Spiel.

Als Brehm sprach, verfinsterten sich die Mienen von Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), Kämmerer Riedel und Bürgermeister Christian Vogel (SPD) zusehends. "Mir fehlen die Worte", tippte Vogel ins Handy und postete es auf seiner Facebook-Seite.

Dabei hatte Anja Prölß-Kammerer, Chefin der SPD-Stadtratsfraktion, moderat begonnen. Sie rechtfertigte, dass die Kommune neue Schulden machen müsse, betonte aber, dass die Stadt auch das Sparen sehr wohl könne. Seit 25 Jahren werde fast jedes Jahr ein Sparpaket gefahren. "Aber mit Sparen allein können wir den Haushalt nicht sanieren." Und: "Ohne Einnahmesteigerungen werden wir unser Investitionspaket nicht schultern." Nürnberg muss in den kommenden Jahren dreistellige Millionenbeträge in Schulen, den Ausbau der Kinderbetreuung, in Brücken oder in Kulturbauten investieren.

Mit der Steigerung der Einnahmen sind eben jene Steuererhöhungen gemeint, über die so lebhaft diskutiert wird. Die SPD hätte im Stadtrat dann auch tatsächlich eine breite Mehrheit zumindest für eine höhere Gewerbesteuer gefunden. Die Grünen sprachen sich, genauso wie die Linke Liste, die ÖDP und der Stadtrat der Guten, dafür aus.

Partner hat "Klärungsbedarf"

Doch die SPD will die Steuererhöhungen nicht ohne die CSU machen. "Wir sehen, dass unser Kooperationspartner noch Klärungsbedarf hat", sagte Prölß-Kammerer. Die Entscheidung wurde deshalb verschoben.

Das stieß bei den kleineren Parteien auf Unverständnis. "Die Kooperation besteht offensichtlich darin, dass Sie sich gegenseitig quälen – und wer die besseren Nerven hat, setzt sich durch", frotzelte Grünen-Fraktionschef Achim Mletzko in Richtung SPD und CSU. Und rechnete vor, dass die Stadt 25 Millionen Euro verschenkt. ÖDP-Stadtrat Jan Gehrke sprach von einer "kuriosen Situation", sein Partei-Kollege Thomas Schrollinger von falscher Rücksichtnahme. Und Titus Schüller von der Linken Liste warf der CSU "Realitätsverweigerung" vor.

Die Freien Wähler und die FDP lehnen Steuererhöhungen dagegen ab. FDP-Stadträtin Christiane Alberternst appellierte stattdessen an die Stadträte, Schulden abzubauen und Investitionen notfalls zu verschieben. Den nachfolgenden Generationen würde sonst die Luft zum Atmen genommen.

Am Donnerstag debattierte der Stadtrat über den Haushaltsentwurf für 2017 und stimmte ihm letztlich zu.

Am Donnerstag debattierte der Stadtrat über den Haushaltsentwurf für 2017 und stimmte ihm letztlich zu. © Andreas Franke

Stadt macht neue Schulden

Dem Haushaltsentwurf von Stadtkämmerer Harald Riedel stimmte der Stadtrat letztlich mit großer Mehrheit zu. Das heißt, dass Nürnberg im kommenden Jahr 56,7 Millionen Euro neue Schulden macht, um seine Investitionen zu stemmen. Die Schulden der Stadt — die Eigenbetriebe sind noch nicht eingerechnet — klettern damit auf rund 1,4 Milliarden Euro. Die Erträge liegen nach den jüngsten Berechnungen bei 1,949 Milliarden Euro, die Aufwendungen bei 1,958 Milliarden Euro; macht ein Minus von rund 9 Millionen Euro.

Der mittelfristige Investitionsplan sieht bis 2020 Investitionen in Höhe von 935 Millionen Euro vor, 531 Millionen Euro kommen aus dem städtischen Haushalt. Die größte Summe aus den städtischen Mitteln fließt in den Schulbereich. Auch die Sanierung der Brücken, der Ausbau des Frankenschnellwegs, der Ausbau der Kinderbetreuung oder der Weiterbau der U-Bahn schlagen mit großen Anteilen zu Buche. Der Haushalt beinhaltet auch das Sparpaket, das der Kämmerer geschnürt hat.

Aus dem 21 Millionen Euro umfassenden Paket sind de facto aber bislang nur sieben Millionen Euro eingerechnet. Riedel stellte in der Haushaltsdebatte klar, dass umstrittene Vorhaben wie der Verkauf von städtischen Wohnungen derzeit noch nicht beschlossen sind, sondern noch geprüft würden. Darüber muss der Stadtrat noch einmal in einer anderen Sitzung entscheiden.

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