Zoff um geplante Seniorenresidenz

21.2.2021, 18:32 Uhr
Zoff um geplante Seniorenresidenz

© Foto: Eduard Weigert

Leonhard eine Seniorenwohnanlange mit rund 50 Appartements. Bürgerverein und Grüne wehren sich gegen eine "blindwütige Verdichtung". Man wisse um die hohen Anforderungen an die Architektur an diesem Standort, sagt eine Sprecherin des ESW.

In unmittelbarer Nachbarschaft zu einer denkmalgeschützten Schule und des ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Friedhofs im Stadtteil St. Leonhard soll in den kommenden zwei Jahren eine Seniorenresidenz mit einer Tagespflegeeinrichtung im Erdgeschoss entstehen. Das Wohnungsunternehmen hat ein renommiertes Architekturbüro mit der Planung des achtgeschossigen Baus beauftragt.

Parkartiger Garten und grüne Dachflächen

Der parkartige Garten mit wertvollem Baumbestand soll erhalten bleiben, die Dachfläche begrünt werden, so das ESW. Der gegliederte Neubau, deren Balkone so geschickt angeordnet sind, dass alle Bewohner einmal ins Grüne blicken können, wurde vom Baukunstbeirat der Stadt ausdrücklich gelobt.

Dass der Neubau qualitativ hochwertig ist, streiten Bürgerverein und Grüne nicht ab. Sie stören sich aber am Standort. "Wir sind nicht generell gegen Verdichtung. Freilich brauchen wir Wohnungen in der Stadt und wollen auch keinen Flächenfraß. Aber die Frage ist, wie und wo man etwas umsetzt", sagt Grünen-Stadträtin und Sprecherin für Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik ihrer Fraktion, Andrea Bielmeier. Ob Überbauung von Parkplätzen oder begrünte Dächer und Fassaden – es gäbe viele gelungene Beispiele aus anderen Städten, wie Nachverdichtung gut gelingen könne, so die Kommunalpolitikerin.

"Die Stadt betreibt eine völlig verfehlte Bodenpolitik", findet Klaus Thaler vom Bürgerverein St. Leonhard-Schweinau und verweist auf rund 22 000 Quadratmeter Parkplätze, die die Verbrauchermärkte im Stadtteil ihren Kunden zur Verfügung stellen. Er hält die Dimensionen der Anlage an dieser Stelle für völlig überproportioniert. Das achtgeschossige Gebäude sei fast so hoch wie der Kirchturm der 700 Jahre alten St. Leonhards-Kirche, kritisiert er.

Thaler bangt aber vor allem um eine wichtige Grünfläche in dem dicht besiedelten Stadtteil: "Hier leben etwa zehn Mal so viele Menschen pro Hektar wie in Erlenstegen und fünf Mal so viele Menschen wie im Durchschnitt in Nürnberg", sagt der BV-Vorsitzende.

Er verweist auf die städtische Statistik: In St. Leonhard, Schweinau und Sündersbühl lebten demnach Ende 2017 82 Einwohner pro Hektar, im städtischen Gesamtdurchschnitt waren es laut Thaler 29 Einwohner pro Hektar.

"Solch dicht besiedelten Stadtteile verwandeln sich in den Sommermonaten in Glutöfen. Die Gesundheit der Bewohner ist in Gefahr", findet der BV-Vorsitzende. Für das Mikroklima seien auch kleine Grünflächen im Viertel wichtig – zusätzlich zu den weiter entfernteren Grünzügen, auf die die Stadt für innerstädtisches Klima setzt. "Wir haben hier im Süden nicht nur generell zu wenig Grünflächen, die wenigen, die wir haben, verschwinden auch noch. "Ich nenne das eine blindwütige Verdichtung."

Seine Meinung stützt er auch auf eine Umfrage des Bürgervereins: "Die Leute wünschen sich alle mehr Grün in ihrer Umgebung", sagt Thaler. Verena Osgyan und Ursula Sowa, die für die Grünen im Bayerischen Landtag sitzen, verweisen zusätzlich auf das Stadtklima-Gutachten: "Die südlichen Stadtteile, darunter auch St. Leonhard, sind ungleich stärker von Hitze und Feinstaub belastet sind, als andere Stadtteile", stellt Osgyan fest.

"Infrastruktur kommt nicht hinterher"

Nicht nur die geplante Seniorenresidenz, die Nachverdichtung insgesamt wirkt sich laut Thaler negativ auf den Stadtteil aus: "Die Infrastruktur kommt überhaupt nicht mehr hinterher", bemängelt er und berichtet von Schulen, die aus allen Nähten platzen. St. Leonhard sei ein typischer "Durchlauferhitzer": Gerade junge Familien zögen weg, sobald sie es sich leisten können.

Die Landtags-Grüne Sowa sieht dem Ball im Feld der Stadt: Dies könnte hier mittels eines städtebaulichen Vertrages regelnd eingreifen und etwa Auflagen zur Begrünung, zur baulichen Qualität oder zu sozialen Gesichtspunkten bei den Projekten machen, so die Politikerin.

Das ESW betont, dass die neuen Wohnungen durch das Landes-Wohnungsbauprogramm "Einkommensorientierte Förderung (EOF)" auch für Seniorinnen und Senioren mit kleinerem Geldbeutel erschwinglich sind. Das Unternehmen hat zwischenzeitlich seine Planer beauftragt zu prüfen, ob und wie eine zusätzliche Fassadenbegrünung umgesetzt werden kann. Bepflanzt werde auf jeden Fall die Innenseite einer Grundstücksmauer, so die Unternehmenssprecherin.

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