Pendler aufgepasst

Zugausfälle und Verspätungen: Defektes Stellwerk sorgte in Franken für Chaos im Berufsverkehr

Benjamin Jungblut

Redakteur

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2.5.2023, 11:45 Uhr
Eine Stellwerkstörung sorgt am Nürnberger Hauptbahnhof für Chaos. Es kommt zu zahlreichen Verspätungen und Zugausfällen.

© Anne Kleinmann Eine Stellwerkstörung sorgt am Nürnberger Hauptbahnhof für Chaos. Es kommt zu zahlreichen Verspätungen und Zugausfällen.

Am ersten Werktag des Deutschland-Tickets kam es rund um Nürnberg zum Bahnchaos. Aufgrund eines Stellwerkausfalls wurde der Zugverkehr am Dienstagmorgen im Gesamtraum Nürnberg stark beeinträchtigt. Wie eine Sprecherin der Bahn auf Anfrage bestätigte, ist die Störung zwar seit 9 Uhr beendet. "Es kann allerdings noch zu Folgeverzögerungen und zum Ausfall einzelner Züge kommen. Zuletzt wurden die Fernverkehrszüge umgeleitet, die Züge des Nahverkehrs stoppten jeweils an der Station vor dem Hauptbahnhof."

Betroffen waren neben dem Fernverkehr auch S-Bahnen, Regionalbahnen und REs im VGN-Gebiet. In der Mittelhalle des Nürnberger Hauptbahnhofes hatte die DB zusätzlich zur stationären Information noch einen mobilen Infostand aufgemacht.

Auch am Fürther Bahnhof warteten viele Pendler und Passagiere vergeblich an den Bahnsteigen auf ihren Zug. Wer konnte, wich auf die U-Bahnen aus - entsprechend überfüllt waren die Bahnen an diesem Morgen. Ebenso in Erlangen. Zahlreiche Pendler berichteten von immer wieder wechselnden Durchsagen auf den Bahnsteigen. Einige warteten bereits seit einer Stunde auf die S-Bahn, andere wechselten ins Homeoffice.

Eine Kollegin berichtete, dass sie 30 Minuten im Regionalexpress von Bamberg aus in Richtung Nürnberg saß. Dann kam eine Durchsage: "Wir haben noch keine Prognose, wann es weitergeht". Die nächste Information: Die Fahrt entfällt komplett, die S-Bahn soll "voraussichtlich" die nächste Verbindung sein."

Auch in Neumarkt herrschte Chaos, Regionalzüge fielen aus und fuhren zurück nach Regensburg. Ebenso kam es in Forchheim zu Verzögerungen. Ein voller Regionalexpress stand 20 Minuten still - wechselnde Anzeigen und verwirrende Durchsagen sorgten laut einem Kollegen bei den Pendlern für Unmut: "Erlebt man auch als Pendler selten".

Ein Pendler von Nürnberg nach Iphofen kam am Morgen recht schnell vom Bahnhof wieder zurück ins Homeoffice. "Da geht ja gar nichts, auf den Gleisen fährt nichts." Und weiter: "Da sind schon Bahnmitarbeiter mit Kaffeekannen rumgelaufen, weil viele hier gestrandet sind."

In ganz Deutschland gibt es rund 2600 Stellwerke, alleine in Bayern mit seinem etwa 6000 Kilometer umfassenden Schienennetz sind es etwa 500. Von den Stellwerken aus werden die über 40.000 Züge im Personen- und Güterverkehr, die jeden Tag bundesweit auf den Gleisen unterwegs sind, von den Fahrdienstleitern gesteuert.

Ein Fahrdienstleiter lenkt entsprechend die Züge in einem Abschnitt des Streckennetzes, für den er zuständig ist, auf die richtigen Gleise. Er stellt die Weichen, schaltet Signale und entscheidet beispielsweise im Verspätungsfall auch, ob Anschlusszüge warten, oder nicht. Über Detektoren im Gleis ist im Stellwerk ersichtlich, wenn ein Abschnitt frei ist und ob ein Zug auf die Strecke geschickt werden kann. Tritt ein Fehler auf, muss der Fahrdienstleiter den Zugverkehr so lange stoppen, bis die Störung behoben ist.

Durch das defekte Stellwerk kam es zu einem ICE-Stau am Fürther Bahnhof

Durch das defekte Stellwerk kam es zu einem ICE-Stau am Fürther Bahnhof © privat

Unterschieden wird zwischen inzwischen fünf Technikgenerationen. Bei den modernsten digitalen Stellwerken werden die Stellbefehle an Weichen, Signale oder Gleiskontakte digital übermittelt. Bei elektronischen Stellwerken sehen Fahrdienstleiter die Gleispläne der Bahnhöfe und Streckenabschnitte, für die sie zuständig sind, ebenfalls auf Bildschirmen und stellen per Mausklick Signale und Weichen für größere regionale Bereiche.

In Relaisstellwerken werden die Gleispläne hingegen schematisch auf sogenannten Stelltischen abgebildet. In elektromechanischen Stellwerken wird die Bedienung des Personals in elektrische Impulse umgewandelt. Bei der historisch ältesten Bauart, dem mechanischen Stellwerk, werden Signale und Weichen hingegen über Hebel und Drahtzüge per Hand gestellt.

Entsprechend vielfältig können auch die Ursachen für den Ausfall eines Stellwerks sein, vom beschädigten Relais oder Kabel bis hin zu Überspannungen oder dem Ausfall einzelner Komponenten. Solche Störungen sind alles andere als selten. Erst am Montag, den 1. Mai, wurde der Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen dadurch massiv beeinträchtigt.

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