Zur Sache: Wassergott auf Irrfahrt

25.9.2010, 07:00 Uhr
Zur Sache: Wassergott auf Irrfahrt

© Gerullis

Neptunbrunnen ist nicht gleich Neptunbrunnen. Wer über den Wasserspeier spricht muss erklären: Meint er die Kopie im Stadtpark, oder das Original. Das nämlich steht in der Sommerresidenz Peterhof, vor den Toren von St.Petersburg.

Das Original entstand in den Jahren 1660 bis 1668. Seinerzeit erschufen der Bildhauer Georg Schweigger und der Goldschmied Christoph Ritter das barocke Stück. Die Figuren Neptun mit Dreizack und sein Hofstaat sollten an das Ende des Dreißigjährigen Krieges erinnern. Doch ließ die Stadt den Brunnen nie auf dem geplanten Standort, dem Hauptmarkt, aufstellen. Die Räte fürchteten, dass der Wasserverbrauch zu teuer käme.

Schließlich entschied die Stadt, sich von dem Wassergott zu trennen und verkaufte ihn 1797 dem russischen Zar PaulI — für 66000 Gulden (auf den Goldpreis von heute umgerechnet sind das rund acht Millionen Euro). Als die Wehrmacht 1941 im Zweiten Weltkrieg vor St. Petersburg (damals Leningrad) stand, demontierte sie das Original und verfrachtete es wieder nach Nürnberg. 1947, zwei Jahre nach Kriegsende, gaben die Alliierten den Brunnen der Sowjetunion zurück.

Die Kopie des Neptunbrunnens entstand 1901/1902, der Rückkauf des Originals war unmöglich. Der jüdische Hopfenhändler und Mäzen Ludwig Gerngroß stemmte die Kosten des Zweitgusses aus Bronze, Kunstprofessor Friedrich Wanderer entsandte dafür einen Gipsformer zum Originalbrunnen nach Russland. Doch auch die Kopie wurde zum Wanderbrunnen. Der Meeresgott auf dem Hauptmarkt musste 1934 den Nazis weichen. Sie stellten ihn auf dem Marienplatz (heute Willy-Brandt-Platz). Auf wundersame Weise überstand er die Bombenangriffe. Als die Verkehrsplaner dort aber einen Omnibusparkplatz planten, musste die Neptun-Kopie die vorerst letzte Reise antreten: Seit 1962 steht der Brunnen im Stadtpark.

Die Wissenschaftlerin am Germanischen Nationalmuseum (GNM) und Stadtheimatpflegerin Claudia Maué hält zu diesem Thema einen Vortrag mit dem Titel „Georg Schweigger, der Bildhauer des Neptunbrunnens in Nürnberg“. Termin: 6. Oktober um 19 Uhr im Aufseßsaal des GNM.