Zurück zu den Ursprüngen am Zollhaus

8.7.2014, 07:59 Uhr
Zurück zu den Ursprüngen am Zollhaus

© NN

„Sommer in der Stadt“ schallt es durchaus trotzig aus den Boxen des Alleinunterhalters am Franken-Center. Der Bürgerverein Langwasser feiert hier seinen Geburtstag – doch zumindest am Sonntag fällt die Party ins Wasser. „Aber am Freitag war richtig viel los“, beteuert die Vorsitzende Kristina Brock, die gerade dabei ist, den Infostand ihres Vereins wieder abzubauen. „Auch den Auftritt unserer Talent-Contest-Gewinner vom Frühjahr haben wir auf die Kärwa verschoben. Was aber guten Zuspruch findet, sind unsere Stadtteilführungen.“

An diesem Tag geht es unter anderem mit Marga Keller zur Gaststätte Zollhaus, wo der Verein vor 60 Jahren gegründet worden war. Hier haben sich trotz des unsicheren Wetters ein halbes Dutzend Menschen eingefunden, um der ehrenamtlichen Stadtführerin zu lauschen. Die berichtet, dass die Straße nach Wendelstein früher eine der ganz wichtigen Handelsrouten Nürnbergs war: „Dürer reiste von hier aus nach Italien und auch der Salzhandel der Stadt wurde hier abgewickelt.“ Damals lud eine (inzwischen versiegte) Quelle zur Abkühlung ein, an der auch Hans Sachs gerastet hat, wenn er seine Braut in Wendelstein besuchte.

Den Namen „Zollhaus“ trug der Ort damals noch nicht – den bekam er erst um 1708, als die Ansbacher hier eine ihrer Zollstationen errichteten. Die Zollhäuser stehen noch immer zu beiden Seiten der Straße und sind laut Keller die ältesten Gebäude hier: „Deswegen ist es besonders schade, dass sie nicht mehr in der originalen Bemalung zu sehen sind.“ Während das eine von Graffiti verunziert wird, ist das andere mit Wappen bemalt: „Das hat der Bürgerverein damals vom Hobbymaler Klaus-Dieter Schall machen lassen.“

Doch obwohl dies viel Geld und Arbeitsstunden gekostet hat, entspricht das Bild nicht mehr dem neuesten Stand der Forschung: „Ursprünglich waren auch ein Zollbalken und ein Fenster aufgemalt“, erzählt Keller. „Diese Bemalung würden wir heute gern wiederherstellen lassen“, meinte Kristina Brock. Aber der Besitzer des Grundstücks habe gar kein Interesse daran und wolle sich auch nicht finanziell beteiligen.

Aktuell befindet sich in dem Gebäude ein italienisches Restaurant – und dahinter ein riesiger Biergarten, komplett mit Streichelzoo, Hüpfburg, Kicker und Showbühne. Eine Art Freizeitpark für Eltern und Kinder.

„Schon während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert war die Gegend bekannt für ihren Freizeitwert“, erzählt Keller und präsentiert Postkarten aus dieser Zeit. Sie zeigen das Zollhaus als Ort mit Aussichtsturm, Flanier-Allee und frei herumstolzierenden Pfauen. Vor allem die Arbeiter aus der Südstadt suchten hier Erholung. Dass es heute hier immer noch schön grün ist, ist auch dem Bürgerverein zu verdanken: Der führte unter dem Motto „Aktion Grüner Plan“ immer wieder Müll-Räum- Aktionen durch und half 1971 sogar, einen Übungsplatz der US-Armee zu verhindern.

Noch 1995 sammelte man mehr als 4000 Unterschriften für den Erhalt des Bannwaldes: „Das sind alles Geschichten, über die ich selber vorher nichts wusste“, lacht Marga Keller. „Und genau deswegen habe ich mir dieses Gebiet für die Führung ausgesucht!“

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