Zwischen Clowns und Kamelen

13.10.2012, 11:39 Uhr
Zwischen Clowns und Kamelen

© Matejka

Es ist Maßarbeit. Zielsicher, aber mit flinken Händen fährt Nancy Triberti mit dem knallig rosafarbenen Lippenstift um ihren Mund. Es folgen Puder, Eyeliner, üppig Lidschatten. Sie trägt dick auf, obwohl sie das eigentlich nicht nötig hat. „Im Scheinwerferlicht schon“, sagt sie.

Der Spiegel, den Triberti benutzt, während sie sich „maskiert“, ist winzig. „Ist alles Übung“, sagt die Italienerin auf Englisch. Man ahnt, dass sie nicht immer so viel Platz hat, sich auf eine Show vorzubereiten, wie hier. Heute lebt sie, wenn sie auf Tour ist, mit Carlo Triberti, „dem stärksten Mann der Welt“, in einem Trailer, der einer Drei-Zimmer-Wohnung gleicht.

Hektik? Fehlanzeige!

Eine Stunde vor Beginn der Show im Großzirkus Carl Busch am Volksfestplatz, in der die Tribertis eine waghalsige Rollschuh-Nummer auf einem winzigen Podest liefern, sitzt Carlo Triberti gemütlich in einer Jogging-hose auf dem Sofa, lenkt sich mit seinem Smartphone ab. Für das Schminken braucht er zehn Minuten, dafür aber eine Dreiviertelstunde, „um die Muskeln zu lockern“. Hektik? Fehlanzeige! Sie sind Profis.

Genauso wie Toni Tonito. Der Spanier ist Clown in fünfter Generation — und zum ersten Mal in Deutschland. Sogar während er sein Clownsgesicht zeichnet, scheint er zu grinsen. Doch er kann auch anders. „Natürlich ist es nicht immer leicht, lustig zu sein“, sagt er bierernst. Aber auch das könne man lernen, zu lachen und Späße zu machen, auch wenn man vielleicht gerade eine schlechte Nachricht erhalten hat. Wenn er die rot-weiße Maske aufsetzt, dann ist das Arbeit, „und ich gebe mein Bestes“.

Es ist halb drei, noch 30 Minuten bis zur Show. Toni Tonito entspannt kurz die Lachmuskeln und schlüpft in sein rotes Kostüm. Die Maskerade wird er heute mehr als acht Stunden tragen, zwischendurch noch einmal auffrischen. Viel mehr Vorbereitung bedarf es nicht. Den Vormittag nutzt er sonst, um Deutsch zu lernen. Er ist zum ersten Mal hier und will sein Sprachrepertoire unbedingt erweitern. Hallo, wie geht’s, mir geht’s gut, wie heißt du — das kann er bereits. Und: „Hast du Spaß?“

Manuel Frank hat vor allem Stress. Anders als viele der Artisten ist die Vorbereitung beim Chef-Tierführer des Zirkus viel länger als der eigentliche Auftritt. Im Vorbeigehen lässt Frank sein geschultes Auge über das Fell der Araberhengste schweifen. „Die sind noch nicht sauber, das sehe ich sofort.“ Sagt’s und greift selbst zu Wasser und Bürste — bis das Fell glänzt. Mehr Zeit nimmt das Training in Anspruch, das die Tiere am Morgen absolvieren, wo sie auch neue Kommandos gelernt haben. „Immer mal was Neues, das tut den Tieren gut“, sagt Frank, inzwischen mit der Kontrolle der Zwergponys beschäftigt.



Frank kümmert sich um alle Vierbeiner — Lama, Zwergpony, Elefanten, Kamele —, die der Zirkus mit auf seine Reise nimmt. Und die auch dem Circus Busch immer wieder Probleme mit der Tierschutzorganisation Peta einbringen. „Dabei finden Sie in keinem Stall dieser Welt so gepflegte Tiere“, sagt Manuel Frank und bürstet die Mähne des winzigen Pferds.

Auch Reto Hütter, Pressesprecher des Zirkus, ist auf die Frage gefasst — und verweist auf die Kontrollen, die auch schon in Nürnberg stattgefunden haben. „Die Veterinärin war sehr zufrieden“, sagt er. Sie hat vor ein paar Tagen — unangekündigt — Gesundheitszustand der Tiere, Futter, Ställe, Auslaufmöglichkeiten und vieles mehr unter die Lupe genommen. Auch den „Kratzbaum“ der Elefanten, der an drei Gurten festgespannt in der Ecke steht. Der ist Vorschrift.

Chef am Telefon

Die beiden Dickhäuter Karla und Maschibi kommen im zweiten Teil der Show in die Manege und aalen sich bis dahin in der Sonne. Anders als Manuel Wille-Busch, der die Elefanten präsentiert. Der Zirkus-Chef hängt am Telefon, während er alle Stationen abläuft und nach dem Rechten sieht. „Aber ich kann mich eh auf alle verlassen“, sagt Busch.



Direkt hinter der Manege warten die Kamele kurz vor der Veranstaltung auf ihren Auftritt — und eine ganze Reihe Pumps. Erst wenige Sekunden bevor sie angekündigt werden, rutschen die Artistinnen und Künstlerinnen aus ihren Schlappen und in die hochhackigen Schuhe.

Auch Carlos Triberti ist nun in der Aufwärmphase und dehnt sich an den Stangen direkt unter der Tribüne. Dann packt er zu und zieht sich in die Luft, Klimmzug um Klimmzug. Das Publikum sitzt wenige Meter über ihm, kriegt davon aber nichts mit. So wenig wie von den anderen 80 Mitarbeitern, die die Show stemmen.

Der Zirkus ist noch bis 23. Oktober am Volksfestplatz. Infos unter www.circus-carl-busch.de

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