Zwölf Stunden kampieren für Club-Tickets

15.5.2010, 00:00 Uhr
Zwölf Stunden kampieren für Club-Tickets

© Pfrogner

Christian Eigler steigt hoch und drückt den Ball zum 1:0-Sieg für den 1. FC Nürnberg über die Linie. Mike Reihs bekommt davon nichts mit. Der Club-Fan muss auf eine SMS seiner Kumpels im Stadion warten. Die erste Halbzeit hat er dort selbst live mitverfolgt. Die zweite Hälfte verbringt er vor dem Fan-Shop am Valznerweiher, um sich für Tickets für das Rückspiel in Augsburg anzustellen - zwölf Stunden, bevor der Fan-Shop öffnet.

Bereits um Mitternacht haben sich hundert Fans versammelt, um sich eine - maximal zwei Karten konnten pro Person ersteigert werden - der 200 Karten aus dem freien Verkauf zu sichern. 3100 Karten hat der Club für das definitiv letzte Auswärtsspiel der Saison erhalten, 2900 davon gingen direkt an die Fan-Clubs.

Um drei Uhr schon zu spät

Die Karten-Camper sind gut ausgerüstet: Schlafsack, Isomatte und »ein paar alkoholisierte Erfrischungsgetränke«, so Reihs, helfen, die kalte Nacht zu überstehen. »Alles für den Club«, sagt der Bechhofener. Ab drei Uhr morgens wächst die Gruppe stetig, gegen sechs Uhr ist der Sicherheitsdienst vor Ort und schickt die Spätankömmlinge wieder nach Hause. Ihre Chancen auf Karten sind gering.

Auch Hildegard Sembritzki steht weiter hinten in der Schlange. Dabei ist sie schon um halb vier zu Hause im knapp 300 Kilometer entfernten Immenstadt am Allgäu losgefahren. Gegen halb sieben ist sie am Fan-Shop. Wenn es mit der Karte nicht klappt, ist sie nicht traurig. »Dann habe ich es immerhin versucht«, sagt der treue Fan, der bei jedem Heimspiel dabei ist.

Um 9.30 Uhr startet der Verkauf. 20 Minuten dauert es, bis alle Karten weg sind - allesamt an die 100 ersten Käufer, die je zwei Tickets nehmen. Die ersten beiden Eintrittskarten bekommt Viola Gburek aus Nürnberg, die ganz vorne in der Reihe steht. »Mein Mann hat mir den Platz freigehalten, während ich noch im Stadion war«, erklärt sie. Das zweite Ticket aber bekommt ihr Bruder, der für den Club jedes zweite Woche aus Bremen anreist. »Dafür hat er mir ein Essen versprochen«, sagt sie.

Kompromiss mit den Fans

Noch lieber allerdings hätte sie Karten über das Internet bestellt, statt mit nur einer Stunde Schlaf die Nacht im Freien zu verbringen. Auch Mike Reihs ist trotz der zwei ergatterten Tickets nicht komplett glücklich. Er hätte sich gewünscht, dass ein Mitarbeiter oder ein Spieler die ausharrenden Fans in der Nacht besucht oder mit Kaffee versorgt. Außerdem ärgert ihn die Prozedur: »200 Karten im freien Verkauf sind wenig, es hätten schon 400, 500 sein müssen -oder alle an die Fan-Vereine«, meint er.

Jürgen Bergmann, Fan-Beauftragter des FCN, verteidigt den Kartenverkauf. Es sei nur fair, dass die Fan-Clubs bevorzugt werden, die die Mannschaft auch während der Saison bei den Auswärtsspielen unterstützen. »Die 200 Karten sind ein Kompromiss an unsere treuen Anhänger«, erklärt er. Die Option Internet stand dagegen nie zur Debatte, »denn da schmiert uns ja nach einer Minute der Server ab«. Immerhin hätte man das ganze Stadion in Augsburg füllen können, so Bergmann. Allein 15000 Kartenanfragen gab es von Fan-Clubs.

Bergmann lobt, wie friedlich der Verkauf über die Bühne gegangen ist. Erst als die letzten Tickets weg sind, macht sich Unmut breit. Frank Matheus aus Röttenbach bei Roth wartet seit drei Uhr. Kurz vor ihm stoppt der Verkauf. »Das waren niemals 200 Karten«, ist er sich sicher. Fan-Beauftragter Bergmann zeigt Verständnis: »Es sind schon exakt 200 Karten verkauft worden. Doch wer so lange wartet, der ist natürlich enttäuscht.«

Mike Reihs und Viola Gburek haben ihre Karten, sind aber erschöpft. Für beide gilt nun: Kraft tanken, um für das letzte Saisonspiel fit zu sein.