Quarantäne-Station im Tierheim voll belegt

"Animal Hoarding" im Nürnberger Land: Was jetzt mit den geretteten Katzen geschieht

4.2.2022, 11:32 Uhr

© Alex Blinten

Improvisieren ist angesagt im Feuchter Tierheim, nachdem fast hundert Katzen vom Tiernotdienst gebracht wurden. Die Tiere stammen aus einer 66 Quadratmeter großen Wohnung in Diepersdorf. Eine 60-Jährige hat die Tiere hier seit ihrem Einzug im Sommer 2020 gesammelt. Die schwerkranke Frau ist inzwischen im Krankenhaus. Für ihre Katzen, die in der völlig verdreckten Wohnung gehalten wurden, ist zwischenzeitlich im Feuchter Tierheim bestens gesorgt. Hier belegen die Tiere die Zimmer der Katzen-Quarantänestation.

Für Tierheimleiterin Ulrike Lang und Petra Hluchy, 2. Vorsitzende des Tierheims Feucht, ist es bei allem Unglück erstaunlich, dass die Diepersdorfer Katzen in einem bemerkenswert guten Zustand sind. Sie machen ausnahmslos einen gesunden Eindruck und sind wohlgenährt. Jetzt bleiben die Tiere für zehn bis 14 Tage unter Beobachtung in Quarantäne, dann werden sie noch einmal vom Veterinäramt kontrolliert und anschließend zur Vermittlung freigegeben.

Petra Hluchy ist zuversichtlich, dass sich die Stubentiger gut vermitteln lassen. Als Wohnungskatzen gewöhnen sie sich schnell in eine neue Umgebung ein. Hinzu kommt, dass viele der Tiere außergewöhnlich schöne Fellfarben haben. Bevor die Tiere aber in zwei Wochen vermittelt werden können, belegen sie erst einmal Plätze im Feuchter Tierheim.

Nichts deutete darauf hin, dass in der Wohnung auch ein Mensch lebt

Einige Tiere hat das Heim deshalb bereits an Einrichtungen in München und Bamberg vermittelt, 17 Katzen aus Diepersdorf sind im Tierheim in Hersbruck. In Feucht hilft die Hunde-Abteilung bei der vorläufigen Unterbringung der 99 Katzen mit, außerdem hat das Team von Lang und Hluchy Platz im neuen Kleintierhaus geschaffen.

„Wir fragen uns natürlich, wie es eine schwerkranke Frau geschafft hat, über hundert Katzen in ihrer Wohnung im dritten Stock so zu versorgen, dass die Tiere in einem passablen Zustand sind“, sagt Ulrike Lang im Gespräch mit dem Boten. Täglich hat die 60-Jährige Futter in großen Mengen über mehrere Treppen nach oben tragen müssen, außerdem das schwere Katzenstreu, das dann ebenso entsorgt werden musste wie die unzähligen leeren Katzenfutter-Dosen.

In der Wohnung deutete nichts darauf hin, dass die Frau hier selbst gelebt hat, im Badezimmer gab es weder Toilettenartikel noch Handtücher, im Schlafzimmer war kein Bett vorhanden, lediglich eine mit Katzenkot verdreckte Matratze lag am Boden.

Entdeckt wurde die „Katzen-Wohnung“, weil Wasser durch die Decke in die darunterliegende Wohnung gedrungen war. Als Polizeibeamte dann mit Mitarbeitern der Feuchter Tierrettung in die Wohnung gingen, trauten sie ihren Augen nicht: Katzenkot und -urin, wohin man sich auch wandte, schildern Zeugen den ersten Eindruck. Und überall Katzen - auf dem Boden, auf Schränken, auf Fensterbänken.

In ersten Meldungen über die Diepersdorfer Wohnung war von einem Wasserschaden die Rede, der dazu führte, dass die Polizei gerufen wurde. Jetzt stellt sich heraus, dass offenbar eine der Katzen einen Wasserhahn geöffnet hatte.

58-Jährige warf beim Einsatz eine Katze aus dem Fenster

Die schwerkranke Eigentümerin der Tiere wird nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus auf absehbare Zeit keine Katzen mehr halten dürfen. „Hier wird das Veterinäramt ganz bestimmt ein Halte-Verbot aussprechen“, ist sich Petra Hluchy sicher. Ebenso wie nach den beiden Fällen in Burgthann und Ezelsdorf im November 2020, als die Tierretter aus Feucht Dutzende von Katzen aus zwei Wohnungen holten und im Tierheim unterbrachten.

„Für unsere Mitarbeiter ist das oft sehr belastend“, schildert Hluchy die Situation. Die Tierpfleger müssen in völlig verwahrlosten Wohnungen Tiere einfangen und sind dann mit Menschen konfrontiert, die in einem psychisch desolaten Zustand sind.

In Ezelsdorf hat eine damals 58-jährige Frau Katzen in der Nachbarschaft gestohlen und dann bei sich in der Wohnung eingesperrt. Die Polizei stand eines Tages bei der Frau vor der Türe, weil ein Nachbar seinen Kater am Fenster der 58-Jährigen entdeckte. Beim anschließenden Einsatz der Tierretter packte die 58-Jährige dann eine der Katzen und warf sie aus dem Fenster.

In Burgthann verständigte Pfarrer Bernhard Winkler Polizei und Tierheim, nachdem er in eine Wohnung zu einem Verstorbenen gerufen worden war. Die Ehefrau des Mannes war nicht ansprechbar, die Wohnung ein einziges Chaos. Und auch hier dasselbe Bild wie in Ezelsdorf und Diepersdorf: überall Katzen.

In Diepersdorf wehren sich die Nachbarn zwischenzeitlich gegen den Vorwurf, sich nicht an die Behörden gewandt zu haben. Genau das hätten sie in der Vergangenheit mehrfach getan, beteuern sie im Gespräch mit der Pegnitz-Zeitung. Petra Hluchy ist davon überzeugt, dass die Nachbarn tatsächlich bei Polizei und Veterinäramt angerufen haben, ihre Beobachtungen aber nicht dokumentiert hatten.

Für Polizei und Landratsamt sind das dann zunächst nur Hinweise. Wie dringlich diese waren, hätte womöglich eine Begehung des Hausflurs offenbart, in dem es laut Zeugen durchdringend nach Katzenurin gerochen haben muss. Eine Wohnungsöffnung hätte dann das ganze Chaos ans Licht gebracht.