Bürgerversammlung

Weigendorf: Wie viel Natur verträgt ein Dorf?

Gabriele Bräutigam

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6.1.2023, 06:00 Uhr
Blick ins Haunritztal. Wie soll Natur aussehen - und was ist nützlich, was ist schön? 

© G. Bräutigam Blick ins Haunritztal. Wie soll Natur aussehen - und was ist nützlich, was ist schön? 

Zum Auftakt trug Reiner Pickel den aktuellen Stand der Gemeindefinanzen vor. Weigendorf erhält seit zwei Jahren Stabilisierungshilfe, um sich zu entschulden. Dies bedeutet, dass sich die Gemeinde zu einem strengen Sparkurs verpflichtet hat. So waren die Abwassergebühren leicht erhöht worden, ebenso die Hundesteuer. Der Schuldenstand habe sich vor allem über die Schlüsselzuweisungen von 421.280 Euro im Jahr 2021 und 447.550 Euro 2022 deutlich reduzieren lassen.

Schulden stark gesunken

Der Verwaltungshaushalt 2022 betrug 2.163.250 Euro, der Vermögenshaushalt 739.450 Euro. Sehr zufrieden zeigte sich Pickel über 250.000 Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die auch die Grundlage für die Kreisumlage bildet. Letztere wurde für 2022 mit 566.150 Euro angesetzt. Der Schuldenstand wurde von über 2 Millionen Euro 2011 auf etwa 677.000 im Jahre 2022 gesenkt.

Die Einwohnerzahl hat leicht abgenommen, die Zahl der Kindergartenkinder hingegen zugenommen, was die Gemeinde vor große Herausforderungen stelle, weil sie zu einem strengen Sparkurs verpflichtet sei. Auch die Strompreisentwicklung sei derzeit ein Problem. Aber es gibt auch positive Nachrichten: Mittlerweile sind alle 128 Straßenlaternen auf sparsame LED-Beleuchtung umgestellt. Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Weigendorfer Feuerwehr läuft und entlastet die Gemeindekasse bei den Stromkosten. Sobald der Speicher lieferbar ist, werde sie ihre Effizienz noch deutlich steigern.

Der Seniorennachmittag der Gemeinde, der 2022 zum ersten Mal im Sommer im Biergarten am Kugelplatz in Haunritz stattfand und nicht in der Weihnachtszeit, war mit 110 Gästen ein voller Erfolg. Und alle waren der Meinung „Im Sommer ist’s schöner!”

Die Bachetsfeldgruppe plant die Anschaffung eines Notstromaggregats, dazu einen Hänger plus Treibstoffreserven, um auch bei möglichen Stromausfällen eine stabile Wasserversorgung zu gewährleisten. Auf die Umrüstung auf volldigitale Wasserzähler wird aktuell verzichtet - um den Etat zu schonen, außerdem gäbe es zu viele Funklöcher. Der Neubau der Sunzendorfer Straße wird aufgrund der aktuellen Finanzlage erst 2024 möglich sein.

Gleich zwei Antragsteller forderten mehr Bauplätze, vor allem für junge Bürger. Bürgermeister Pickel sieht hier wenig Möglichkeiten. Zwar gebe es in Haunritz wie auch in Weigendorf Nord noch freie Bauplätze, diese seien jedoch in privater Hand.

Dem hielt der ehemalige Gemeinderat Walter Kempf entgegen, der Bauplatzmangel sei schon vor 20 Jahren das gleiche Problem gewesen. Im Sonderwohngebiet Högen verändere sich gerade die Altersstruktur, hier böten sich Chancen. Man solle den gültigen Bebauungsplan und Weigendorf Nord endlich fertigstellen.

Es entspann sich eine durchaus emotionale Diskussion um Möglichkeiten, die durch ein Regenwassergutachten sowie Abstandflächen zur Högener Stromleitung blockiert würden. Pickel verwies auf die Einschränkung durch die vielen Bäche und Landschaftsschutzgebiete. Ein Bürger regte an, die Leerstände in den Dörfern aktiver anzugehen.

Landschaft und Bauen

Ein weiteres, ebenfalls sehr emotional diskutiertes Thema war die landschaftliche Entwicklung an den Verbindungsstraßen zwischen den Dörfern, vor allem im Högenbachtal, speziell auch ums Heilbronntal und die Fallmühle: Verwilderte Hecken, Sträucher, die bis auf die Straßen hingen. Das habe früher ganz anders ausgesehen.

Der Bürgermeister verwies darauf, dass es sich hier um Privatgrundstücke handele, deren Pflege nicht in das Aufgabengebiet der Gemeinde fiele. Und natürlich läge die heutige Optik auch daran, dass die Gelände nicht mehr wie früher genutzt würden, als jeder fünf bis sechs Kühe, Schweine und ein paar Hasen gehabt habe.

Auch sei die Untere Naturschutzbehörde da zum Teil durchaus anderer Meinung. Gerade Heckenlandschaften gelten für die Biodiversität als nachhaltig wertvoll, wie eine Bürgerin anmerkte. Über die Schönheit von Natur und Kultur lasse sich streiten. Fakt ist: die Gemeinde Weigendorf besteht zu 80 Prozent aus Landschaftsschutzgebiet, wie Pickel schon zur „Erschließung von Baugebieten” erwähnte.

Kritik an Winterdienst

Verdruss gab es im letzten Winter offenbar mehrmals durch ungeräumten Schnee auf der Dorfstraße in Högen. Hier wies der Bauhof darauf hin, dass nur geräumt werden kann, wenn mindestens 3,50 m zur Durchfahrt frei sind. Seien diese durch parkende Autos nicht gegeben, könne nicht geräumt werden. Im Klartext: Bei Schneefall die Dorfstraße (auch nachts) von parkenden Autos freihalten und auch Nachbarn und mögliche Besucher darauf hinweisen.

Am Dannloher Weg (Högen) „rasen manche wie die Formel1-Weltmeister”. Genau da, wo Kinder die Straße kreuzen. Das Thema wurde auch schon im Gemeinderat angesprochen - allerdings bislang ohne Lösung. Ein ganz ähnliches Problem gibt es im Wohngebiet in Haunritz. Ein Zone 30-Schild hat die Polizei auf der Verkehrsschau abgelehnt.

Nach einer kurzen Diskussion wurde festgestellt dass ein Schild „Achtung Radarkontrolle” sehr wirkungsvoll ist. Als noch wirkungsvoller erweisen sich LED-Geschwindigkeitsanzeigen. Die Anschaffung der Geschwindigkeitsanzeigen prüft nun erneut der Gemeinderat.

In Haunritz wird nach Nutzungsänderung und Bauanzeige die ehemalige Pension Haunrat vom Eigentümer zur Aufnahme von bis zu 40 Flüchtlingen umgebaut. Manche Bürger sind in Sorge, weil damit bei aktuell zirka 200 Einwohnern mit diesem einzigen Gebäude eine soziokulturelle Veränderung im Umfang von fast 20 Prozent der Bevölkerung stattfinde und bislang weder amtsseitig noch seitens des Eigentümers Hinweise gegeben wurden, die eine Abschätzung oder Organisation dieses Wandels der „Dorfkultur” ermöglichen. Bürgermeister Pickel berichtete, es wurde angekündigt, dass es da eine Person geben solle, die sich kümmert.

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