Nürnberger Abiturienten streiken weiter: "Wir werden ignoriert"

2.2.2021, 19:59 Uhr
Leer bleiben sollen die Klassenzimmer nach der Forderung der streikenden Oberstufenschülerinnen und -schüler einiger Nürnberger Schulen auch weiterhin: Sie wollen aus Sorge angesichts der aktuellen Corona-Situation nicht in den Präsenz-Unterricht zurückkehren.

© Claudia Lehner, NN Leer bleiben sollen die Klassenzimmer nach der Forderung der streikenden Oberstufenschülerinnen und -schüler einiger Nürnberger Schulen auch weiterhin: Sie wollen aus Sorge angesichts der aktuellen Corona-Situation nicht in den Präsenz-Unterricht zurückkehren.

Seit gestern befinden sich die Oberstufenschüler einiger Nürnberger Schulen im Streik. Sie protestieren gegen die zentrale Anordnung des Kultusministeriums, den Präsenz- und Wechselunterricht wiederaufzunehmen – aus Angst vor der aktuellen Corona-Situation. Sie fordern eine Beibehaltung des Online-Unterrichts angesichts der Inzidenzwerte in der Region, eine Reduktion der Prüfungen im zweiten Halbjahr und eine Anpassung der Abiturprüfungen.

Mehrere Schulen im Streik

Nach Angaben beteiligter Schüler befinden sich aktuell angehende Abiturienten mehrerer Nürnberger Schulen im Streik, darunter das Hans-Sachs-Gymnasium, das Neue Gymnasium, das Dürer-Gymnasium, die Bertolt-Brecht-Schule sowie die staatliche Fachoberschule II und die staatliche Berufsschule. Die Nürnberger Schulreferentin Cornelia Trinkl (CSU) gab gegenüber dem Bayerischen Rundfunk an, die Sorgen der Schüler nachvollziehen zu können und sich in ständigem Austausch mit den Schulleitungen und dem Kultusministerium zu befinden.

Unterstützung seitens der Nürnberger SPD

Aus der Nürnberger SPD kommt derweil Unterstützung für die Streikenden: "Wir stimmen den Schülerinnen und Schüler zu: Präsenzunterricht sollte in der jetzigen Situation mit den Corona-Mutationen nicht verpflichtend angeordnet werden! Wo Distanzunterricht gut funktioniert, sollte er im Sinne der Gesundheit auch in Abschlussklassen beibehalten bleiben. Es ist ein handfester Skandal, dass das Kultusministerium nicht auf Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer vor Ort eingeht und nicht endlich Entscheidungen trifft, um der Situation vor Ort gerecht werden zu können", bekräftigt beispielsweise der stellvertretende Vorsitzende der Nürnberger SPD, Nasser Ahmed.

Entscheidung obliegt dem Gesundheitsamt

Das Kultusministerium erklärt, die Sorgen der Schüler sehr ernst zu nehmen. Alle Schritte zur Wiederaufnahme des Unterrichts unter strengen Hygieneauflagen - unter anderem halbe Klassenstärken, 1,5 Meter Mindestabstand, Maskenpflicht) seien mit den Fachexperten des Gesundheitsministeriums abgestimmt, wie der stellvertretende Pressesprecher Zoran Gojic erklärt. Die Entscheidung, abweichende Schutzmaßnahmen vorzunehmen, obliege aber dem Gesundheitsamt in Nürnberg.

Online-Unterricht kann Präsenz-Unterricht nicht ersetzen

Das Kultusministerium hält an der Einführung des Wechselunterrichts fest, weil Distanzunterricht die Schulstunden in Präsenz nicht gleichwertig ersetzen könne: "Gerade mit Blick auf die anstehenden Abschlussprüfungen hat Präsenzunterricht erhebliche pädagogische Vorteile", erläutert Gojic. "Zu bedenken ist auch, dass vielen Schülerinnen und Schülern es im Distanzunterricht schwerfällt, am Ball zu bleiben: Im Sinne fairer Chancen ist gerade für sie Präsenzunterricht wichtig. Zudem stehen Leistungserhebungen an, die in Präsenz abgelegt werden müssen. Und nicht zuletzt: Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch der sozialen Begegnung, die für die Jugendlichen besondere Bedeutung hat."


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"Wir fühlen uns ignoriert"

Die Schülerinnen und Schüler der FOS 2 in Nürnberg stimmen dieser Einschätzung weitgehend zu, halten den gemeinsamen Unterricht vor Ort in der momentanen Situation aber weiterhin für nicht tragbar: "Ja, Präsenzunterricht ist sicherlich die vorteilhaftere Variante, aber der Gesundheitsschutz ist in unseren Augen aktuell wichtiger – und der lässt sich mit Präsenzunterricht gerade nicht vereinen", Tim Volkmann, Schüler der FOS II. Die Pressekonferenz mit dem Kultusminister habe gezeigt, "dass wir nicht wirklich ernst genommen werden", so Volkmann weiter. "Unsere Forderungen wurden ignoriert". Die Schülerschaft der FOS II will deshalb weiter streiken – "unsere dringlichen Sorgen müssen endlich im Kultusministerium gehört werden", heißt es in einer Pressemitteilung im Namen der SchülerInnen der FOS II.

"Prüfungsregelung bereits annährend gleich"

Bezüglich der Forderung nach einer Gleichstellung der FOS und BOS mit Gymnasien hinsichtlich des Prüfungsumfangs im zweiten Halbjahr erklärt Gojic, dass mit der aktuellen Regelung bereits "eine annährend gleiche Regelung zwischen Fach- und Berufsoberschulen und Gymnasien angewendet wird: An beiden Schularten werden lediglich in den Prüfungsfächern Schulaufgaben beziehungsweise große Leistungsnachweise gefordert. In den anderen Fächern werden kleine Leistungsnachweise (Gymnasium) bzw. Kurzarbeiten/Stegreifaufgaben und mündliche Leistungen (FOSBOS) erhoben". FOS-Schüler Volkmann wünscht sich hier, dass über eine Lockerung der Pflicht zu Kurzarbeiten in den Nebenfächern an den Fach- und Berufsoberschulen nachgedacht wird.

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