Fall 28 von "Freude für alle"

Nürnberger nach Schlaganfall, Koma und mit Long Covid: "Entweder du stirbst, oder du änderst alles"

Max Söllner

Redaktion Neumarkt

E-Mail zur Autorenseite

13.12.2023, 18:00 Uhr
Von einem Dreirad, auf das Frank M. spart, verspricht er sich Training - "und vielleicht ein bisschen abzunehmen" (Symbolfoto).

© imago images/Sascha Steinach, imago images/Kerstin Boegeholz, NN Von einem Dreirad, auf das Frank M. spart, verspricht er sich Training - "und vielleicht ein bisschen abzunehmen" (Symbolfoto).

Erst erlitt Frank M. (Name geändert) einen Schlaganfall samt Hirnblutung. Dann infizierte er sich während seiner stationären Reha mit dem Coronavirus und lag wochenlang im Koma. "Ich bin fast gestorben", sagt der Nürnberger über das, was ihm 2020 widerfahren ist. Zwei schwere Erkrankungen kurz hintereinander: "Es hat mich aus der Bahn geworfen." Aber auch: "Seitdem hat sich mein Leben zum Positiven verändert."

Um diesen Satz zu verstehen, muss man wissen, dass M. zuvor fast ein Jahrzehnt in einer Obdachlosenpension gelebt hat. Er war abhängig vom Alkohol und anderen Drogen, einen Ausweg fand er nicht. Im Gegenteil, seine Sucht wurde schlimmer, auch weil andere Menschen in der Unterkunft ähnliche Probleme hatten. "Da auf einen geraden Nenner zu kommen, ist schwierig", sagt der 40-Jährige.

Seine Mutter war alkoholabhängig, auch er selbst begann früh zu trinken und andere Drogen zu nehmen. Mit 14 kam er in ein Heim. Es gelang ihm, einen Schulabschluss zu machen und eine Lehre zum Lageristen abzuschließen. Doch wegen der Drogen verlor er mit 21 seinen Job - und die Wohnung.

""Wenn dir so etwas passiert, hast du nur zwei Möglichkeiten"

Jetzt hat M. wieder eine, auch dank des Nürnberger Vereins Rampe, der wohnungslosen oder davon bedrohten Jugendlichen und Erwachsenen hilft. Es ist eine kleine Sozialwohnung der städtischen Wohnbaugesellschaft. Der Nürnberger ist zufrieden mit ihr. Er lebt seit mehr als drei Jahren drogenfrei und ist überzeugt, dass er das seinem Schlaganfall zu verdanken hat. "Wenn dir so etwas passiert, hast du nur zwei Möglichkeiten: Entweder du stirbst, oder du änderst alles, aber radikal. Hätte ich weitergemacht, wäre ich gestorben."

Frank M. hat gekämpft und es geschafft: So könnte seine Geschichte enden, wären da nicht die gesundheitlichen Probleme, die ihn weiterhin plagen. Infolge des Schlaganfalls ist seine rechte Körperhälfte gelähmt und wegen der Hirnblutung hat er immer wieder Probleme, zu denken.

Auch das Atmen fällt ihm schwer, er bekommt beim Sprechen wenig Luft. Nachts braucht er ein Beatmungsgerät und Tabletten, um einzuschlafen. Und diese Müdigkeit: "Ich habe nicht mehr so viel Energie. Nach dem Gespräch kann ich höchstens noch einkaufen und etwas kochen", sagt der 40-Jährige am Vormittag. Ab 16 Uhr bleibt er lieber in seiner Wohnung.

Diagnose Long Covid

Seine Atemprobleme und vielleicht auch die permanente Erschöpfung sind Langzeitfolgen seiner Corona-Infektion: Vor eineinhalb Jahren wurde ihm Long Covid diagnostiziert. M. hat inzwischen eine achtzigprozentige Behinderung.

Aufgeben will der Nürnberger nicht. Manches hat sich verbessert, erzählt er, zum Beispiel könne er nun ohne Gehstock raus. Auf den nächsten großen Schritt spart er: ein elektrisches Dreirad, das seinen Alltag massiv erleichtern würde. Noch nutzt er zum Einkaufen einen Trolley, den er beladen nur mit seiner linken Hand ziehen kann. Aber die schmerzt inzwischen wegen der einseitigen Belastung. "Von dem Fahrrad verspreche ich mir Training", sagt er, "und vielleicht ein bisschen abzunehmen".

Obwohl M. von der Grundsicherung lebt und nicht viel beiseite legen kann, hat er schon einiges an Geld zusammen. Ein normales Fahrrad ist für ihn mangels Gleichgewicht keine Option. Bereits 2020 hatte die Weihnachtsaktion für ihn um Spenden gebeten. Nun möchte "Freude für alle" den restlichen Teil des Dreirads finanzieren - und für andere von Long Covid Betroffene sammeln.

Keine Kommentare