Einzigartige Einblicke ins Gaskraftwerk Irsching

Ohne Kernkraft und Kohle: Wo Frankens Strom künftig herkommt

28.2.2022, 13:55 Uhr
Weithin sichtbar sind die drei 80 Meter hohen Kesselhäuser mit ihren 200 Meter hohen Schornsteinen des Kraftwerks Irsching an der Donau bei Ingolstadt. Schon Ende 2023 soll aber der letzte der drei zugehörigen Blöcke abgeschaltet werden, die beiden großen Öltanks werden dann auch unnötig. Wichtig sind in Zukunft vor allem die Blöcke 4 (das blaue Gebäude direkt vor den großen Schornsteinen) und 5 (rechts unten). Direkt neben Block 5 ist die Baustelle für Irsching 6 zu erkennen, das im Oktober 2022 in Betrieb gehen soll. 
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Weithin sichtbar sind die drei 80 Meter hohen Kesselhäuser mit ihren 200 Meter hohen Schornsteinen des Kraftwerks Irsching an der Donau bei Ingolstadt. Schon Ende 2023 soll aber der letzte der drei zugehörigen Blöcke abgeschaltet werden, die beiden großen Öltanks werden dann auch unnötig. Wichtig sind in Zukunft vor allem die Blöcke 4 (das blaue Gebäude direkt vor den großen Schornsteinen) und 5 (rechts unten). Direkt neben Block 5 ist die Baustelle für Irsching 6 zu erkennen, das im Oktober 2022 in Betrieb gehen soll.  © Uniper

Block 4 (das blaue Gebäude, dazu gehört der Schornstein links) ging im Jahr 2011 in Betrieb und war damals das Gaskraftwerk mit dem höchsten Wirkungsgrad weltweit (er liegt bei 60,43 Prozent). Die Leistung liegt bei bis zu 561 Megawatt. Die Anlage verfügt über eine Gas- und eine Dampfturbine. 
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Block 4 (das blaue Gebäude, dazu gehört der Schornstein links) ging im Jahr 2011 in Betrieb und war damals das Gaskraftwerk mit dem höchsten Wirkungsgrad weltweit (er liegt bei 60,43 Prozent). Die Leistung liegt bei bis zu 561 Megawatt. Die Anlage verfügt über eine Gas- und eine Dampfturbine.  © Martin Müller, NN

Die Siemens-Gasturbine GuD T5-8000H in Block 4 ist der ganze Stolz des Kraftwerks. Sie ist 13 Meter lang und 440 Tonnen schwer.
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Die Siemens-Gasturbine GuD T5-8000H in Block 4 ist der ganze Stolz des Kraftwerks. Sie ist 13 Meter lang und 440 Tonnen schwer. © Dietmar Gust/Siemens Pressebild

Der 2010 in Betrieb gegangene Block 5 hingegen verfügt über gleich zwei Gasturbinen und eine Dampfturbine. Die beiden Gasturbinen sind nur minimal weniger leistungsfähig als in Block 4, zusammen kommen die drei Turbinen aber auf die enorme Leistung von 846 Megawatt. Zum Vergleich: Das Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld bei Schweinfurt kam auf 1345 Megawatt Leistung. 
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Der 2010 in Betrieb gegangene Block 5 hingegen verfügt über gleich zwei Gasturbinen und eine Dampfturbine. Die beiden Gasturbinen sind nur minimal weniger leistungsfähig als in Block 4, zusammen kommen die drei Turbinen aber auf die enorme Leistung von 846 Megawatt. Zum Vergleich: Das Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld bei Schweinfurt kam auf 1345 Megawatt Leistung.  © Tobias Hase/dpa

Der Einsatz der beiden Blöcke 4 und 5 rechnete sich aber viele Jahre kaum (hier die Dampfturbine in Block 4), sie kamen jeweils höchstens auf wenige hundert Betriebsstunden. Allein Block 5, bei dem die N-Ergie mit 25,2 Prozent beteiligt ist, verzeichnete jahrelange ein Defizit von mehr als zehn Millionen Euro im Jahr. Dringend wollte man beide Blöcke deshalb stilllegen. Mehrfach wurde das von der Bundesnetzagentur untersagt. Die Kraftwerke wurden als systemrelevant eingestuft.
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Der Einsatz der beiden Blöcke 4 und 5 rechnete sich aber viele Jahre kaum (hier die Dampfturbine in Block 4), sie kamen jeweils höchstens auf wenige hundert Betriebsstunden. Allein Block 5, bei dem die N-Ergie mit 25,2 Prozent beteiligt ist, verzeichnete jahrelange ein Defizit von mehr als zehn Millionen Euro im Jahr. Dringend wollte man beide Blöcke deshalb stilllegen. Mehrfach wurde das von der Bundesnetzagentur untersagt. Die Kraftwerke wurden als systemrelevant eingestuft. © Martin Müller, NN

Das gesamte Kraftwerk Irsching wird von dem Energieunternehmen Uniper betrieben. Alle Anlagenblöcke werden von diesem Kontrollraum aus gesteuert. 
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Das gesamte Kraftwerk Irsching wird von dem Energieunternehmen Uniper betrieben. Alle Anlagenblöcke werden von diesem Kontrollraum aus gesteuert.  © Martin Müller, NN

Viele Jahre lang kamen die Blöcke 4 und 5 nur auf wenige hundert Betriebsstunden im Jahr, hohe finanzielle Defizite waren die Folge. Doch mittlerweile hat sich die Marktsituation geändert. Erdgas ist mit dem Ausstieg aus der Kernkraft und dem nun sukzessive folgenden Kohle-Aus gefragt wie nie für die Stromerzeugung in Deutschland. 
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Viele Jahre lang kamen die Blöcke 4 und 5 nur auf wenige hundert Betriebsstunden im Jahr, hohe finanzielle Defizite waren die Folge. Doch mittlerweile hat sich die Marktsituation geändert. Erdgas ist mit dem Ausstieg aus der Kernkraft und dem nun sukzessive folgenden Kohle-Aus gefragt wie nie für die Stromerzeugung in Deutschland.  © Martin Müller, NN

Seit dem 1. Oktober 2020 sind die Blöcke 4 und 5 deshalb keine Reserve-Kraftwerke mehr, sondern voll auf dem Strommarkt aktiv. Mit Erfolg. Die Zahl der Betriebsstunden hat sich bereits auf 2000 bis 3000 Stunden im Jahr gesteigert. „Irsching erwirtschaftet derzeit seine Vollkosten, wir sind bei einer schwarzen Null“, sagt N-Ergie-Chef Josef Hasler.
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Seit dem 1. Oktober 2020 sind die Blöcke 4 und 5 deshalb keine Reserve-Kraftwerke mehr, sondern voll auf dem Strommarkt aktiv. Mit Erfolg. Die Zahl der Betriebsstunden hat sich bereits auf 2000 bis 3000 Stunden im Jahr gesteigert. „Irsching erwirtschaftet derzeit seine Vollkosten, wir sind bei einer schwarzen Null“, sagt N-Ergie-Chef Josef Hasler. © Martin Müller, NN

Für die nächste Jahre erwartet Hasler sogar eine Steigerung auf 4000 bis 5000 Betriebsstunden, bevor die Einsatzzeiten durch den Zubau bei den Erneuerbaren Energien dann wieder abfallen werden. 
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Für die nächste Jahre erwartet Hasler sogar eine Steigerung auf 4000 bis 5000 Betriebsstunden, bevor die Einsatzzeiten durch den Zubau bei den Erneuerbaren Energien dann wieder abfallen werden.  © Martin Müller, NN

„Der Gasverbrauch wird in den nächsten vier, fünf Jahren massiv ansteigen. Wenn wir dann den Weg weiter gehen zu mehr Erneuerbaren Energien und auch die nötigen Speichertechnologien schaffen, wird er sukzessive sinken. Gas wird zunehmend durch Wasserstoff ersetzt“, erklärt Hasler.
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„Der Gasverbrauch wird in den nächsten vier, fünf Jahren massiv ansteigen. Wenn wir dann den Weg weiter gehen zu mehr Erneuerbaren Energien und auch die nötigen Speichertechnologien schaffen, wird er sukzessive sinken. Gas wird zunehmend durch Wasserstoff ersetzt“, erklärt Hasler. © Martin Müller, NN

In bestimmten Kraftwerksbereichen dürfen wegen der Explosionsgefahr keine Handys mitgenommen werden. Auch darf generell nicht mit Blitz fotografiert werden, weil das den Alarm auslösen würde. 
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In bestimmten Kraftwerksbereichen dürfen wegen der Explosionsgefahr keine Handys mitgenommen werden. Auch darf generell nicht mit Blitz fotografiert werden, weil das den Alarm auslösen würde.  © Martin Müller, NN

30 bis 40 neue Gasgroßkraftwerke in Deutschland würde man etwa brauchen, um die Lücke zu füllen, die durch Kernkraft- und Kohle-Aus entstehen. Experten empfehlen, die Anlagen über Deutschland zu verteilen. So muss man die Netze weniger ausbauen und die Versorgung ist zuverlässiger gesichert. Gut geeignet wären etwa ehemalige Kernkraft- und Kohle-Standorte.
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30 bis 40 neue Gasgroßkraftwerke in Deutschland würde man etwa brauchen, um die Lücke zu füllen, die durch Kernkraft- und Kohle-Aus entstehen. Experten empfehlen, die Anlagen über Deutschland zu verteilen. So muss man die Netze weniger ausbauen und die Versorgung ist zuverlässiger gesichert. Gut geeignet wären etwa ehemalige Kernkraft- und Kohle-Standorte. © Martin Müller, NN

Am Standort braucht man neben ausreichend Fläche Zugang zu einer Gashochdruckleitung und einer Hochspannungstrasse. Außerdem muss die im Kraftwerk produzierte Abwärme irgendwohin. Idealerweise kann diese als Fernwärme genutzt werden, fernab großer Städte bräuchte man einen größeren Fluss oder einen Kühlturm.
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Am Standort braucht man neben ausreichend Fläche Zugang zu einer Gashochdruckleitung und einer Hochspannungstrasse. Außerdem muss die im Kraftwerk produzierte Abwärme irgendwohin. Idealerweise kann diese als Fernwärme genutzt werden, fernab großer Städte bräuchte man einen größeren Fluss oder einen Kühlturm. © Martin Müller, NN

Abstand zu Wohngebieten muss dagegen kaum gehalten werden, wie man in Irsching sieht, wo fast am Kraftwerkszaun die Bebauung beginnt. Entscheidend ist hierbei neben der Belastung durch Dampfschwaden aus Kaminen und Kühltürmen vor allem der Lärmschutz. „Es ist aber nur ein leichtes Säuseln zu hören, die Turbinen sind sehr gut abgeschirmt“, betont Kraftwerksleiter Oliver Schwadtke von Uniper.
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Abstand zu Wohngebieten muss dagegen kaum gehalten werden, wie man in Irsching sieht, wo fast am Kraftwerkszaun die Bebauung beginnt. Entscheidend ist hierbei neben der Belastung durch Dampfschwaden aus Kaminen und Kühltürmen vor allem der Lärmschutz. „Es ist aber nur ein leichtes Säuseln zu hören, die Turbinen sind sehr gut abgeschirmt“, betont Kraftwerksleiter Oliver Schwadtke von Uniper. © Martin Müller, NN

Geplant hat die N-Ergie derzeit keine neuen Gaskraftwerke. Und auch sonst sieht es momentan sehr mau aus. „Unter den jetzigen Marktbedingungen wird kein Investor ein Gaskraftwerk bauen. Dafür gibt es keinerlei Anreize“, sagt Bernd Stöcker, beim Energieunternehmen Uniper Projektleiter für Irsching 6.
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Geplant hat die N-Ergie derzeit keine neuen Gaskraftwerke. Und auch sonst sieht es momentan sehr mau aus. „Unter den jetzigen Marktbedingungen wird kein Investor ein Gaskraftwerk bauen. Dafür gibt es keinerlei Anreize“, sagt Bernd Stöcker, beim Energieunternehmen Uniper Projektleiter für Irsching 6. © Martin Müller, NN

Und das, obwohl der Block Irsching 6 wie auf diesem Foto zu sehen ja gerade gebaut wird und im Oktober 2022 in Betrieb gehen soll (im Hintergrund die benachbarte Bayernoil-Raffinerie). Doch das Kraftwerk zählt offiziell gar nicht als solches, sondern als „besonderes netztechnisches Betriebsmittel“ (bnBm) und damit als Netzbestandteil. Ein juristischer Kniff, um diese Anlage über Netzentgelte finanzieren zu können.
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Und das, obwohl der Block Irsching 6 wie auf diesem Foto zu sehen ja gerade gebaut wird und im Oktober 2022 in Betrieb gehen soll (im Hintergrund die benachbarte Bayernoil-Raffinerie). Doch das Kraftwerk zählt offiziell gar nicht als solches, sondern als „besonderes netztechnisches Betriebsmittel“ (bnBm) und damit als Netzbestandteil. Ein juristischer Kniff, um diese Anlage über Netzentgelte finanzieren zu können. © Martin Müller, NN

Nur wenn ein akuter Engpass droht, wird der Netzbetreiber Tennet das neue Kraftwerk anfordern. Dann muss es innerhalb von 30 Minuten auf Volllast laufen. Deshalb ist es praktisch ständig auf Stand-by – und wird dafür auch ständig bezahlt. Die 300-Megawatt-Anlage Irsching 6 wird deutlich kleiner und kompakter als die anderen Kraftwerksblöcke vor Ort. In dieser Illustration ist es in der Mitte zu sehen, links daneben der schon bestehende Block 5.
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Nur wenn ein akuter Engpass droht, wird der Netzbetreiber Tennet das neue Kraftwerk anfordern. Dann muss es innerhalb von 30 Minuten auf Volllast laufen. Deshalb ist es praktisch ständig auf Stand-by – und wird dafür auch ständig bezahlt. Die 300-Megawatt-Anlage Irsching 6 wird deutlich kleiner und kompakter als die anderen Kraftwerksblöcke vor Ort. In dieser Illustration ist es in der Mitte zu sehen, links daneben der schon bestehende Block 5. © Uniper

Direkt neben dem Gaskraftwerk befindet sich übrigens die Bayernoil-Raffinerie, die am 1. September 2018 von einer schweren Explosion erschüttert wird. Auch im Gaskraftwerk wurden die Fenster des Besucherzentrums zerschmettert, die Fassaden wurden stark beschädigt. Verletzt wurde, anders als auf dem Bayernoil-Gelände, zum Glück niemand.
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Direkt neben dem Gaskraftwerk befindet sich übrigens die Bayernoil-Raffinerie, die am 1. September 2018 von einer schweren Explosion erschüttert wird. Auch im Gaskraftwerk wurden die Fenster des Besucherzentrums zerschmettert, die Fassaden wurden stark beschädigt. Verletzt wurde, anders als auf dem Bayernoil-Gelände, zum Glück niemand. © NEWS5 / Pieknik