Pionier im Kreißsaal: Mann macht Hebammen-Ausbildung

30.6.2018, 10:00 Uhr
Pionier im Kreißsaal: Mann macht Hebammen-Ausbildung

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Ein Praktikum brachte den Stein ins Rollen. Konstantin Wroblewski machte es in der Praxis jener Hebamme, die ihn einst selbst entbunden hatte. Das überzeugte ihn: "Das Interesse war einfach da, weil der Beruf (der Hebamme) sehr facettenreich ist. Und die Zusammenarbeit mit Mutter und Kind macht sehr viel Spaß", erklärt der 21-Jährige.

Seit Oktober 2017 ist er auf dem Weg, selbst Hebamme zu werden – genauer: Entbindungspfleger, wie die Berufsbezeichnung für männliche Vertreter des Berufs lautet, der sonst fest in Frauenhand ist. Wroblewski ist dabei einer von drei Pionieren in Deutschland. Seine Ausbildung absolviert er auf der Berufsfachschule für Hebammen und Entbindungspfleger in Ansbach, der Akademie ANregiomed. Eine Ausbildungsmöglichkeit zu finden, sei nicht einfach gewesen, berichtet Wroblewski. Auf die ersten Bewerbungen habe es Absagen gehagelt. Doch in Ansbach klappte es.

Ablehnende Reaktionen

"Am Anfang hat er schon für Aufruhr gesorgt. Was will der Mann im Hebammenberuf?", beschreibt die leitende Lehr-Hebamme Jasmin Treiber-Meier die Reaktionen mancher. "Vor allem die älteren Schwestern hatten ein Problem mit mir", ergänzt der 21-Jährige. Mittlerweile hätten sich aber alle an den Mann in der Frauendomäne gewöhnt.

Das Klinikum Ansbach, mit anderen Krankenhäusern in der Region Teil des westmittelfränkischen Klinikverbundes ANregiomed, hatte vor zwei Jahren den Schulbetrieb in Ansbach gestartet, um dem akuten Hebammenmangel etwas entgegenzusetzen. Die Hälfte der Ausbildung ist Theorie, der Rest Praxis auf der Geburtshilfe-Station, erklärt der 21-Jährige.

An einem Modell im Klassenzimmer mit quietschgrünen Wänden und bunten Stühlen zeigt Jasmin Treiber-Meier den Auszubildenden, wie das Baby-Köpfchen zu halten ist, damit es zu keinem Dammriss kommt. An einem anderen Modell aus Plastik erklärt die Lehrhebamme anhand eines Querschnitts mit Baby im Bauch die Anatomie der Frau. Doch Konstantin Wroblewski ist lieber auf Station, dort arbeitet er im Dreischichtbetrieb. "Ich lerne jeden Tag etwas Neues", sagt er. In den Kreißsaal darf er erst am Ende des ersten Ausbildungsjahrs.

Humor bei der Arbeit

Bevor es für den Mann aus Sachsen-Anhalt mit dem Aufzug in den zweiten Stock geht, zieht er sich im Keller des Krankenhauses die passende weiße Kleidung an. Bunte Fähnchen hängen an der Glastür der Geburtshilfe-station. Viel ist los an diesem Tag, alleine bis mittags waren es schon vier Geburten. Treiber-Meier begleitet Wroblewski ins Stillzimmer.

"Hebammerich" nenne sie den Azubi manchmal im Scherz, da es ja keine Bezeichnung im Deutschen für den Beruf gebe, sagt sie lachend. Der 21-Jährige legt ein hellblaues Handtuch auf einen Wickeltisch, holt Baby-Klamotten aus der Schublade. Damit ist alles bereit für die Baby-Visite.

Im vergangenen Jahr kamen an den Krankenhäusern des Klinikverbunds ANregiomed über 2200 Babys zur Welt. "Manche sind so süß, die würde ich gerne mit nach Hause nehmen", sagt der angehende Entbindungspfleger. Der 21-Jährige träumt davon, später selbst einmal Kinder zu haben.

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